Martin Zenhäusern: Gesicht

Der wahre Grund liegt im eigentlichen Finanzkrieg, der von London und New York aus gesteuert wird, um den Finanzplatz Schweiz zu destabilisieren und den Schweizer Franken als Währung zu schwächen. Dass die Schweiz selbst Munition zu diesem Krieg geliefert hat, unter anderem wegen offensichtlich unlauterer Geschäftsgebaren einer Bank und dem hilflosen Versuch der Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und -betrug, sei dabei nicht verschwiegen. Die Schweiz selbst hat in dieser Auseinandersetzung einen schwachen Eindruck hinterlassen: Es machte den Anschein, als ginge sie mit einem Messer bewaffnet an eine Schiesserei.

Medien und fehlende persönliche Bindungen
Wenn sich unsere traditionellen Freunde schon nicht mehr offen zu uns bekennen wollen oder sich sogar gegen uns gewandt haben, dann stellt sich die Frage nach dem Warum. Werden wir in der Welt nicht mehr gehört? Ja, wir werden überhört. Das hat zwei Gründe: Einerseits wegen der Medien, andererseits aufgrund der fehlenden persönlichen Beziehungen auf oberster politischer Ebene. Zum ersten Grund: Die Schweiz findet international kaum statt, es sei denn durch einen Skandal oder was die Medien dafür halten. Das Bild der Schweiz in der Welt wird von angel-sächsischen und amerikanischen Medien geprägt, die in der Regel eine betont kritische Haltung einnehmen. Schweizer Medien werden ausserhalb der Landesgrenzen kaum wahrgenommen, weshalb die einseitige Meinung über unser Land kein Korrektiv erfährt.


Neue Politikergeneration
Hinzu kommt, und dies ist der zweite Grund, dass die Politiker in der EU und in den USA einer neuen Generation angehören, die keine Bindung zu unserem Land haben und kein Verständnis aufbringen für die von uns reklamierte besondere historische Rolle der Schweiz. Diese vertiefte Bindung bestand noch vor wenigen Jahren, wenn sich zum Beispiel der deutsche Bundeskanzler an den Wochenenden gerne in der Schweiz aufhielt, der französische Ministerpräsident privat zu Besuch bei einem Schweizer Bundesrat war und der niederländische Verkehrsminister regelmässig zum Hörer griff, um sich mit seinem Schweizer Kollegen informell auszutauschen. Heute kämpft der englische Premierminister um sein Überleben, sein französischer Kollege befindet sich in permanenten Flitterwochen und in Deutschland stehen bald einmal Wahlen an, was die teilweise schrillen Angriffe gegen die Schweiz zu erklären, wenn auch nicht zu entschuldigen vermag..


Neupositionierung des Bundesratspräsidiums
Und im Schweizer Bundesrat kämpfen währenddessen alle um ihre Pfründe, wenn sie sich nicht gerade in andere Departemente einmischen. Ein starker und kohärenter Auftritt nach innen wie nach aussen bleibt dabei ein unerfüllter Wunsch. Dabei wäre er dringend notwendig. Wie könnte er bewerkstelligt werden? Indem die Position des Bundesratspräsidenten aufgewertet würde. Provokativ gedacht, müsste diese Position neu geschaffen werden, d.h. dass nicht ein amtierender Bundesrat diese Funktion ausüben würde, sondern dass eine Persönlichkeit ausserhalb des Bundesrates für vier oder sechs Jahre in dieses Amt gewählt würde, ohne die Möglichkeit der Wiederwahl.


Mehr Gewicht für den Staatschef?
Dieser Bundespräsident könnte der Schweiz ein politisches Gesicht geben. Er könnte mit den ausländischen Kollegen, die ebenfalls auf mehrere Jahre gewählt sind, mittel- und längerfristige persönliche Beziehungen aufbauen, die Schweiz repräsentieren und überparteilich ihre Interessen vertreten. Er oder gerne auch sie wäre bei den Bundesratssitzungen dabei, wenn auch ohne eigenes Departement, dafür mit Stimmrecht und als Primus inter Pares. Die übrigen Bundesräte könnten sich auf ihre Departemente konzentrieren und dürften, wenn auch schweren Herzens, auf die jeweils ein Jahr dauernde Doppelbelastung als Bundesrat und Präsident verzichten. Ein willkommener Nebeneffekt wäre, dass langjährige Amtsinhaber ihren Rücktritt nicht mehr hinauszögern würden, um nochmals in den Genuss des Bundespräsidiums zu kommen.


Wirtschaftspartei ohne Unternehmer im Vorstand
Machen wir uns jedoch keine Illusionen: In der Politik mahlen die Mühlen langsam. Wenn wir in Betracht ziehen, wie viel politisches Porzellan bei der Sprengung der Zauberformel zerschlagen worden ist, dann können wir uns gut vorstellen, wie zäh gegen jede weitere Veränderung gekämpft werden wird, auch wenn sie notwendig wäre und eigentlich niemandem weh täte. So oder so wird die Schweiz nicht um politische Reformen herumkommen, wenn sie sich auf dem Parkett der internationalen Politik wieder Gehör verschaffen will. Eine bessere Reputation der Schweiz und ein selbstbewussteres Auftreten ist auch für die stark exportorientierte Wirtschaft wesentlich. In diesem Zusammenhang stimmt es ziemlich befremdlich, wenn die sich selbst als Wirtschaftspartei bezeichnende FDP keine Unternehmer mehr in ihrem Vorstand hat. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich.

Zustimmung? Andere Meinung? Kritik? Ergänzung?
martin@zen-com.com





Martin Zenhäusern
Martin Zenhäusern ist Gründer und Inhaber der Zenhäusern & Partner AG, welche Unternehmen in allen Fragen der Kommunikation berät sowie Inhaber der Zenhäusern Akademie AG, welche Führungskräfte in Führung und Krisen-Management ausbildet. Persönlicher Ratgeber mehrerer CEOs, u.a. persönlicher Berater des VR-Präsidenten beim grössten Schweizer Börsengang. Autor der Publikationen «Der erfolgreiche Unternehmer» und «Chef aus Passion», beide 2008 im Orell Füssli-Verlag erschienen.

Exit mobile version