Merck will Schering für 14,6 Milliarden Euro übernehmen

Merck bietet den Schering-Aktionären 77 Euro je Aktie in bar. Eine Zerschlagung des Berliner Pharmakonzern schloss Merck-Aufsichtsratschef Wilhelm Simson in einer Telefonkonferenz aus. Die Schering-Aktie gewann am Montag mehr als 22 Prozent auf 81,66 Euro und schloss damit an die kräftigen Kursgewinne der Vorwoche an. Zudem kündigte Merck an, dass der langjährige Finanzvorstand der Lufthansa, Karl-Ludwig Kley, ab dem 1. September den stellvertretenden Vorsitz der Geschäftsleitung übernehmen wird.


Schering-Chef und Merck-Chef sind sich uneinig
«Dies ist ein idealer Zusammenschluss für beide Unternehmen», erklärte Merck-Chef Michael Römer am Montag. «Wir sind überzeugt, dass die Aktionäre dieses Angebot als attraktiv ansehen werden.» Ein Zusammenschluss ermögliche es beiden Unternehmen, noch wettbewerbsfähiger zu werden. Schering-Chef Hubertus Erlen hat den Übernahmeversuch bereits als «unerwünscht» und «nicht attraktiv» abgelehnt: «Wir sind der Überzeugung, dass dieses Angebot nicht attraktiv ist. Das Angebot ist uns unaufgefordert vorgelegt worden, es ist nicht erwünscht, wir stehen nicht in Verhandlungen mit Merck», sagte Erlen am Sonntag.


Zerschlagung wäre widersinning
Entgegen der Aussagen des Schering-Managements habe es Gespräche gegeben, betonte Merck-Aufsichtsratschef Simson weiter. «Die Gespräche haben aber nach unserer Ansicht nicht das gewünschte Ergebnis gebracht.» Merck will Schering im Falle einer erfolgreichen Übernahme entgegen Medienspekulationen nicht zerschlagen. «Eine Zerschlagung wäre widersinning», sagte Merck- Aufsichtsratschef Wilhelm Simson. «Der Zusammenschluss werde zwei Onkologie-Geschäfte zusammenbringen, die sich sehr gut ergänzen», sagte Pharmavorstand Elmar Schnee. Schering sei für Merck die erste Wahl gewesen. Auch seien keine kartellrechtlichen Hürden zu erwarten, sagte Simsons weiter. Der Schering-Standort in Berlin soll nach Aussage Simsons erhalten bleiben. Merck plane auch keinen Verkauf des Chemiegeschäfts. «Mercks erfolgreiches Geschäftsmodell in Pharma und Chemie wird durch den Zusammenschluss gestärkt», sagte Simson.


Offerte um 35 Prozent über dem Kurs
Merck will für die Übernahme Kapital in der Höhe zwischen 0,5 und 4 Milliarden Euro aufnehmen. Zudem werden sich die Gesellschafter des MDAX-Unternehmens zu einem Eigenkapitalbeitrag in Höhe von einer Milliarde Euro verpflichten. Merck hält derzeit bereits 4,98 Prozent des Schering-Grundkapitals. Merck zufolge liegt die Offerte um 35 Prozent über dem durchschnittlichen Kurs der Schering-Aktie in den vergangenen drei Monaten.


Ein globales Pharma- und Chemieunternehmen
Durch den Zusammenschluss der beiden Pharmakonzerne entstünde ein globales Pharma- und Chemieunternehmen mit einem Pro-Forma-Jahresumsatz für 2005 in Höhe von 11,2 Milliarden Euro. Die beiden Firmen sind etwa gleich gross: Merck beschäftigte Ende 2005 rund 29.000, Schering knapp 25.000 Mitarbeiter. Auch beim Umsatz liegen beide fast gleichauf: Bei Schering waren es im abgelaufenen Geschäftsjahr 5,3 Milliarden Euro, bei Merck 5,9 Milliarden Euro. Die Schering AG ist bekannt als Hersteller von Anti-Baby-Pillen und Krebsmitteln.


Synergien von rund 500 Mio Euro pro Jahr
Merck erwartet aus der Übernahme des Konkurrenten Schering nach vorläufigen Berechnungen Synergien von rund 500 Millionen Euro pro Jahr. Diese sollen ab 2009 in voller Höhe erreicht werden. Der Zusammenschluss werde voraussichtlich zu einer deutlichen Wertsteigerung für die Aktionäre führen, hiess es.


Novartis könnte höheres Angebot nachlegen
Mit den Übernahmeplänen der Merck für Schering kommt nach Einschätzung der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) die lange erwartete Konsolidierung auf dem deutschen Pharmamarkt in Schwung. «Die Aktionäre von Schering erhalten die Möglichkeit, mehr als den fairen Wert sofort zu realisieren. Einen Bieterwettbewerb halten wir für eher unwahrscheinlich», sagte Analyst Alex ander Groschke. Für Merck-Anteilseigner sei die Transaktion «eher als neutral einzustufen». Bei Merck Finck&Co hielten es die Experten dagegen für möglich, dass ein anderes Unternehmen – etwas die Schweizer Novartis – ein höheres Angebot nachlegt.


Ein zu grosser Fisch?
Merck-Aktien notierten mit 1,69 Prozent im Minus bei 82,30 Euro.»Schering ist wohl ein zu grosser Fisch für die Merck KGaA, zumal die Pipeline der Berliner einige Fragen aufwirft», sagte ein Händler. Zudem sei der Preis für das Berliner Unternehmen «sehr hoch». Die geplante Kapitalerhöhung der Darmstädter belaste den Kurs. (awp/mc/ab)

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