Die zu den weltweit grössten Opfern der Kreditkrise zählende Investmentbank muss wegen des Verkaufs nochmals eine erhebliche Abschreibung vornehmen. Merrill Lynch gibt das Riesenpaket forderungsbesicherter Anleihen zum Schleuderpreis von 6,7 Milliarden Dollar (4,25 Milliarden Euro) an eine Fondstochter des US-Finanzinvestors Lone Star. In den Büchern der drittgrössten US-Investmentbank stehen die riskanten Papiere, die einen Nominalwert von 30,6 Milliarden Dollar haben, noch mit 11,1 Milliarden Dollar. Allein daraus ergibt sich ein Abschreibungsbedarf von 4,4 Milliarden Dollar, teilte Merrill Lynch mit.
Temasek beteiligt sich an Kapitalerhöhung
Insgesamt muss die Bank im laufenden dritten Quartal nochmals 5,7 Milliarden Dollar wertberichtigen. Die Abschreibungen seit Beginn der Kreditkrise vor rund einem Jahr summieren sich damit auf fast 50 Milliarden Dollar. Weltweit haben Banken bisher weit mehr als 400 Milliarden Dollar an Wertverlusten erlitten. An der dringend benötigten Kapitalspritze von 8,5 Milliarden Dollar beteiligt sich auch Merrills inzwischen grösster Aktionär Temasek Holdings. Der Staatsfonds Singapurs war Ende 2007 an Bord gekommen und zeichnet nun für 3,4 Milliarden Dollar neue Aktien. Ein Grossteil der Summe stammt jedoch aus Rückzahlungen, die Merrill Lynch an Temasek vertragsgemäss leisten muss, weil dessen bisheriger Anteil stark an Wert verloren hat.
Arabsiche und asiatische Staatsfonds aktiv
Die Anteile bestehender Aktionäre werden durch die Kapitalerhöhung weniger wert. Im Zuge der Kreditkrise beteiligten sich Staatsfonds besonders aus der arabischen und asiatischen Welt an zahlreichen Grossbanken weltweit. So stieg Temasek auch bei der Schweizer UBS ein.
4000 Stellen gestrichen
Merrill Lynch hatte erst vor knapp zwei Wochen mit einem erneuten Minus von 4,7 Milliarden Dollar den vierten schweren Quartalsverlust in Folge erlitten. Insgesamt steht unter dem Strich damit binnen zwölf Monaten ein Minus von 19 Milliarden Dollar. Merrill Lynch trägt unter den Investmentbanken damit klar die rote Laterne. Von den neuen Kapitalmassnahmen war vor zwei Wochen noch keine Rede. Der seit Ende vergangenen Jahres amtierende Merrill-Lynch-Chef John A. Thain streicht derzeit mehr als 4.000 der Ende 2007 noch rund 63.000 Stellen. Seit dem Ausbruch der Kreditkrise vor gut einem Jahr verlor Merrill Lynch rund zwei Drittel des Börsenwerts.
UBS sieht weiterhin keinen Bedarf für neue Kapitalerhöhung
Die UBS AG sieht weiterhin keinen Bedarf für eine erneute Kapitalerhöhung. Eine Sprecherin des Instituts bekräftigte frühere Äusserungen der Bank. UBS hatte zur Veröffentlichung der vorläufigen Quartalsergebnisse Anfang Juli bereits mitgeteilt, eine weitere Kapitalerhöhung sei nicht notwendig. Die Bank hat bislang wegen der US-Subprimekrise 38 Mrd USD abschreiben müssen und zum Ausgleich 28 Mrd CHF an neuem Kapital aufgenommen. UBS will am 12. August ihre Bilanz zum zweiten Quartal vorlegen. (awp/mc/pg/02)