«Wenn er mich treffen möchte, bin ich dazu bereit. Bisher habe ich jedoch keinen Anruf erhalten», sagte Merz. «Wenn Deutschland etwas von uns will, dann erwarte ich, dass man sich meldet». Bei allfälligen Verhandlungen mit den USA über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen will Merz Gegenforderungen stellen. Diese könnten den US-Bundesstaat Delaware betreffen: «In Delaware kann man Konten auf einfachste Art eröffnen, das Prinzip ‹Kenne deinen Kunden› gilt nicht».
Positive Signale aus der EU
Diese Regelung entpreche sicher nicht internationalen Standards. «Wir können verlangen, dass auch die USA diese Standards einhalten. Andernfalls müssen wir uns Wege überlegen, mit denen wir auf eine legale Art und Weise anlagewilliges Kapital anziehen können.» Merz ist zudem zuversichtlich, dass die Schweiz nicht auf eine Schwarze Liste kommt: «Wir hören im Augenblick die positiven Signale aus der EU. Sie lassen vermuten, dass die G-20 die Schweiz auf keine schwarze Liste setzen wird.»
Steinbrücks Gesetz gegen Steueroasen überflüssig?
Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Otto Bernhardt, gibt dem von Finanzminister Steinbrück vorgeschlagenen Gesetz gegen Steueroasen kaum mehr eine Chance. In einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» sagte Bernhardt, nachdem sich die Schweiz bereit erklärt habe, die OECD-Standards zu erfüllen, stelle sich die Frage, ob es sein solches Gesetz überhaupt noch brauche. Einen Generalverdacht gegen Unternehmen, die mit der Schweiz Handel treiben, lehne die CDU/CSU-Fraktion ab.
«Sinnlos, ungehobelte Politiker erziehen zu wollen»
Der Ansatz hinter Steinbrücks Gesetzesentwurf sei falsch. Auf die Frage, ob er mittelfristig den Übergang zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen mit der Schweiz anstrebe, sagte Bernhardt, die Unions-Fraktion sei im Gegensatz zur SPD gegen solche Pläne: «Das kann die deutsche Politik anderen Ländern nicht vorschreiben, das ist deren Entscheidung.» Alt Staatssekretär Franz Blankart, äusserte sich in einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag» zu den Äusserungen Steinbrücks gegenüber der Schweiz. «Empörung ist die Leidenschaft des Schwachen», sagte er . «Es ist sinnlos, ungehobelte Politiker erziehen zu wollen.»
Indianerhäptling meldet sich zu Wort
Was solch ein Politiker jedoch nicht verzeihe, sei, dass man seine Fähigkeit unterschätze, Schaden anzurichten, sagte Blankart. «Deshalb ist Peer Steinbrück beleidigt.» Don Watahomigie, Häuptling der Havasupai-Indianer in Arizona, sprach in einem Interview mit der Zeitung «Sonntag» über die Äusserungen Steinbrücks. «Der deutsche Politiker hat offenbar keine Ahnung, wovon er spricht.»
«Wir Havasupai hinterziehen keine Steuern»
Zum Indianer-Vergleich sagte er: «Wir Havasupai hinterziehen keine Steuern, und wir helfen niemandem, das zu tun. Was der Deutsche sagt, ist eine Beleidigung mitten ins Gesicht der Ureinwohner Amerikas.» Der deutsche Finanzminister habe lückenhafte Westernkenntnisse, findet auch der österreichische Botschafter in Bern, Hans Peter Manz, wie er in einem Interview mit der «Südostschweiz am Sonntag» sagte. Aber überbewerten solle man dies nicht. «Ich kenne Steinbrück persönlich und kann von daher sagen: Der ist so.»
Tettamanti: Schweiz könnte Obwalden Europas werden
Wegen des ausländischen Drucks auf das Bankgeheimnis soll die Schweiz laut Financier Tito Tettamanti andere Stärken finden. Tettamanti möchte einen Einheitssteuersatz einführen, die Dividendenbesteuerung aufheben und massiv mehr Geld in Bildung und Forschung stecken. Dadurch könnte die Schweiz das Obwalden Europas werden, sagte der Tessiner Financier im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» (Ausgabe vom 21.3.). «Wenn das Ausland das Bankgeheimnis knacken will, dann müssen wir halt andere Wege finden, um besser als die Konkurrenz zu sein.» Die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung könne die Schweiz nicht aufrechterhalten. «Wir haben einen zünftigen Schlag abgekriegt, jetzt müssen wir die Zukunft des Finanz- und Werkplatzes Schweiz gestalten.»
«Lassen wir die Bad Bank den Aktionären»
Tettamanti äusserte zudem Kritik am Rettungspaket des Bundes für die UBS. Die Aktionäre und Obligationäre sollten Geld verlieren, und nicht die Allgemeinheit, sagte er mit Blick auf den Beschluss, minderwertige Wertpapiere der Grossbank an eine Zweckgesellschaft mit der Nationalbank auszulagern. «Lassen wir die Bad Bank den Aktionären, und retten wir die Good Bank.» Die UBS hätte eingestehen müssen, dass ihr Geschäftsmodell versagt habe, sagte Tettamanti. «Sie hätte gewisse Teile sofort abstossen müssen, vielleicht auch für einen Franken.»
Appenzell Ausserrhoden sagt Auftritt in Köln ab
Wegen der politischen Debatte ums Bankgeheimnis hat das Amt für Wirtschaft des Kantons Appenzell Ausserrhoden einen Informationsabend in Köln über Ausserrhoden als Unternehmens- und Steuerstandort abgesagt. Man wolle kein Öl ins Feuer giessen. Der Auftritt in Köln hätte am Donnerstag dieser Woche stattfinden sollen, wie die Kantonskanzlei am Montag bekanntgab.
«Gegenwärtig aufgeheizte Atmosphäre»
In der gegenwärtig aufgeheizten Atmosphäre könne das Thema, Appenzell Ausserrhoden als Unternehmes- und Steuerstandort, nicht angemessen kommuniziert werden. 90 Interessierte haben sich für den Informationsabend in Köln angemeldet. Die Wirtschaftsförderung von Appenzell Ausserrhoden hofft, die Veranstaltung später durchführen zu können. (awp/mc/ps/04)