Merz reist zu informellem OECD-Treffen nach Berlin

Die Tagung in der deutschen Hauptstadt soll die Diskussion rund um Massnahmen gegen unkooperative Steuerparadiese fortsetzten, die im vergangenen Oktober in Paris losgetreten worden war.


Doppelbesteuerungsabkommen mit mindestens 12 Ländern
Steinbrück hatte der Schweiz, die damals dem Treffen fernblieb, mit «Zuckerbrot und Peitsche» gedroht, sollte sie ihre Steuerpolitik nicht ändern. Nach dem G-20-Gipfel in London wurde die Schweiz zusammen mit den EU-Staaten Österreich, Luxemburg und Belgien auf eine «graue Liste» unkooperativer Staaten gesetzt. Um wieder von der Liste gestrichen zu werden, muss die Schweiz mit mindestens 12 Ländern Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichen, welche in Sachen Transparenz und Austausch von Bankkundendaten den Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entsprechen.


Leuthard vertritt Schweiz am OECD-Forum
Im Anschluss an das informellen Treffen der Finanzminister in Berlin findet in Paris das 10. Forum der OECD und ein Ministertreffen statt (23. – 24. Juni), bei dem die Schweiz durch Volkwirtschaftsministerin Doris Leuthard vertreten sein wird, wie Jaccard am Montag sagte. Die Staaten der OECD diskutieren in Paris über Massnahmen gegen die Weltwirtschaftskrise und zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte.


SBVg: keine anonymen Konten
Die deutschen Massnahmen gegen Steueroasen sind weiter stark umstritten. Das zeigte sich bei einer Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am Montag in Berlin. Es ging diesmal um Gesetzespläne der deutschen Regierung. Der Vertreter der Schweizerischen Bankiervereinigung, Urs Roth, wies darauf hin, dass es «keine anonymen Konten» in der Schweiz gebe. Nach Angaben des Parlaments-Pressedienstes nannte es Roth auch nicht akzeptabel, dass die EU mit der Schweiz einen Vertrag über die Zinsbesteuerung abgeschlossen habe und jetzt EU-Länder im Alleingang Nachbesserungen vornehmen wollten.


«CH-Finanzplatz erfüllt höchste Standards»
In einer schriftlichen Stellungnahme für die Anhörung hatte die Bankiervereinigung bereits betont, dass sie grundsätzlich für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung auf nationaler und internationaler Ebene sei. Der Schweizer Finanzplatz erfülle bereits die höchsten Standards in der Bekämpfung von Kriminalität. Auch das Angebot der Schweizer Behörden zur Ausdehnung der Amtshilfe gegenüber dem Ausland für sämtliche Steuerdelikte werde unterstützt.


Luxemburg beklagt Rufmord 
Die Luxemburger Bankenvereinigung wandte sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme gegen die Charakterisierung des Fürstentums als Steueroase. «Während das Image des Finanzplatzes Luxemburg in professionellen Kreisen zum Teil hervorragend ist, erlebt Luxemburg in der Öffentlichkeit einen spektakulären Rufmord», hiess es. Prominente deutsche Politiker und Mitglieder der Regierung erzeugten «bewusst und geradezu genüsslich» ein Bild, wonach die Steuerhinterziehung systematisch gefördert werde. Dabei treffe dies nicht zu.


Deutschland zieht Schraube weiter an
Deutschland will die steuerlichen Auflagen für wirtschaftliche Aktivitäten mit Staaten verschärfen, die als Steueroasen gelten und keine Auskünfte in Steuersachen erteilen. In diesen Fällen müssen Betroffene den Finanzämtern zusätzliche Informationen geben. Verweigern sie dies, sollen Vorteile wie der Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten gestrichen werden.


BDI: Entwurf schiesst über Ziel hinaus
Dies stösst bei den Spitzenverbänden der deutschen Banken und Sparkassen auf Widerstand. Bei der Anhörung erklärten sie, der Gesetzentwurf enthalte keine Massnahmen zur wirksamen Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Allein das Bestehen von Geschäftsbeziehungen zum Ausland rechtfertige keine stärkeren staatlichen Kontrollen, erhöhte Mitwirkungs- und Nachweispflichten sowie gegebenenfalls die Streichung oder Kürzung von Steuervorteilen.


«Entwurf nicht praktikabel»
Lars Salzmann vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete nach den Angaben des Bundestags-Pressedienstes den Entwurf der Regierungs-Koalition als in der Praxis nicht anwendbar, weil er sehr viele unbestimmte Rechtsbegriffe enthalte. Die Regelung würde zu einem immer weniger berechenbaren Steuerrecht führen. «Die Vorschläge gehen unseres Erachtens weit über das Ziel hinaus und verletzen in bedenklicher Weise rechtsstaatliche Grundsätze», hiess es in der der Stellungnahme der Spitzenverbände der Wirtschaft.


Drohpotenzial
Zustimmung kam dagegen von Professor Lorenz Jarass aus Wiesbaden, der auf den Fall des früheren Post-Chefs Klaus Zumwinkel verwies. Dieser hatte Gelder am Fiskus vorbei in Liechtenstein angelegt und wurde inzwischen verurteilt. Jarass sagte, die Aufdeckungsquote bei Steuerhinterziehung liege im Promillebereich. Der Gesetz-Entwurf stelle ein Drohpotenzial zur Verfügung, das die Bereitschaft anderer Länder zu einem besseren Informationsaustausch fördern werde.


«Steuerunehrliche an die Kasse holen»
Auch der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, nannte nach Angaben des Bundestages das Gesetz «notwendig und richtig». Er habe vor dem Ausschuss gesagt: «Die steuerehrlichen Bürger haben einen Anspruch darauf, dass die steuerunehrlichen an die Kasse geholt werden. (awp/mc/ps/22)

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