Merz ruft Weltgemeinschaft zur Stärkung der UNO auf
Die Gruppe der 20 wichtigsten Industrienationen habe die Rolle übernommen, die wichtigsten globalen Themen zu diskutieren, sagte Merz am Mittwoch. Diese Entwicklung dürfe nicht auf Kosten anderer Nationen oder internationaler Organisationen wie der UNO geschehen. «Der G20 fehlt es an Legitimität und bei der Entscheidungsfindung für Sanktionen handelt sie nicht transparent», sagte Merz. «Die Mitglieder der G20 werden nicht den gleichen Prüfungen unterzogen.» Die Schweiz fordere deshalb, dass Nichtmitglieder der G20 gleich behandelt würden und dass viel mehr Rücksprache genommen werde.
Mit Qualität und Nachhaltigkeit gegen die Krise
Im Kampf gegen die weltweite Finanzkrise sei nicht nur Quantität – etwa Stabilisierungsprogramme in «atemberaubender Höhe» – nötig, sondern auch Qualität und Nachhaltigkeit, sagte Merz. Die G20 müsse deshalb auch Institutionen wie der Internationale Währungsfonds, die Weltbank oder die UNO anhören, wo Wissen und notwendige Instrumente vorhanden seien, um die Krise zu bekämpfen. Eine Reform der internationalen Finanzmärkte sei nötig, sagte der Schweizer Finanzminister weiter. Er verteidigte in seiner Rede aber auch die freie Marktwirtschaft: «Wir sollten uns daran erinnern, dass dank einer liberalen Wirtschaftsordnung und dank offener Märkte viele Menschen in dieser Welt aus der Armut gehoben wurden.»
«Der Ort, wo Kooperation stattfindet»
Auch die UNO müsse ihren Weg der Reform fortsetzen um ihre Legitimität zu untermauern, sagte Merz weiter. Die weltweite Wirtschaftskrise, der Klimawandel, die Nahrungsmittelkrise, die Migration, Pandemien, Terrorismus oder die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zeigten, dass Herausforderungen nicht an nationalen Grenzen halt machten. Weil sich diese Probleme zu globalen Herausforderungen entwickelten, brauche es auch ein angemessenes und koordiniertes Handeln auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene, sagte Merz. «Die UNO ist der Ort, wo diese Kooperation stattfindet.»
Beziehungen zwischen Europarat und UNO stärken
Während der Schweizer Präsidentschaft im Europarat von November 2009 bis Mai 2010 sollen laut Merz die Beziehungen zwischen dem Europarat und der UNO gestärkt werden. Merz unterstrich in seiner Rede zudem, dass die Schweiz trotz der Wirtschaftskrise ihre Entwicklungshilfe nicht gesenkt habe und erinnerte daran, dass die Schweiz ihre für 2012 gesteckten Ziele für die Reduktion von Treibhausgasen erreichen werde. Ausserdem verkündete er der Generalversammlung die Kandidatur von alt Bundesrat Joseph Deiss für das nächste UNO-Präsidium.
Merz trifft Gaddafi in New York
Derweil kommt Bewegung in der Krise um die Festnahme des Gaddafi-Sohnes in Genf. Bundespräsident Hans-Rudolf Merz traf in New York den libyschen Staatschef Muammar Gaddafi. Zudem wurde eine Zivilklage gegen die Genfer Behörden wegen der Festnahme von Hannibal Gaddafi sistiert. Merz und der libysche Machthaber trafen sich am Rande der UNO-Generalversammlung in New York.
Treffen bestätigt
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) bestätigte am Donnerstag, dass ein solches Treffen stattgefunden hatte. Zuvor hatte bereits die libysche Nachrichtenagentur Jana darüber berichtet. Im Mittelpunkt des Gesprächs sei die Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen Libyen und der Schweiz gestanden, heisst es in der Medienmitteilung des EFD. Merz habe von Gaddafi die sofortige Rückkehr der beiden in Libyen zurückgehaltenen Schweizer gefordert, wie es der Schweiz mehrfach versprochen worden sei.
Positive Entwicklung in Genf
Der libysche Staatschef habe ihm versichert, er werde sich persönlich dafür einsetzen. Zudem hätten beide Seiten ihren Willen bekräftigt, das zwischen beiden Staaten am 20. August geschlossene Abkommen zügig umzusetzen. Im juristischen Streit in Genf zeichnet sich eine positive Entwicklung ab. Der Staat Libyen, das Ehepaar Hannibal und Aline Gaddafi sowie der Kanton Genf hätten die Sistierung der Klage gemeinsam beantragt, sagte der stellvertretende Sekretär der Genfer Staatsanwaltschaft, Patrick Becker. Eine Anhörung am Donnerstag wurde abgesagt.
Entschuldigung von Merz in Libyen
Unklar blieb, ob der Schritt an die Einsetzung des internationalen Schiedsgerichtes gebunden wurde, das die Verhaftung untersuchen soll. Das Ehepaar Gaddafi hatte in seiner Klage 475’000 CHF für materiellen Schaden sowie 50’000 CHF als Entschädigung für ungerechtfertigte Behandlung bei der Verhaftung verlangt. Die Beziehungen der Schweiz mit Libyen sind angespannt, seit der Gaddafi-Sohn Hannibal in Genf im Juli 2008 vorübergehend festgenommen wurde. Zwei Schweizer Geschäftsmänner dürfen seither nicht mehr aus Libyen ausreisen. Bei seiner Reise in die libysche Hauptstadt Tripolis am 20. August hatte sich Merz für die Festnahme entschuldigt.
APK: Strafanzeige gegen Unbekannt
Die Aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats reichte im Zusammenhang mit dem Ausreise-Versprechen eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein. Die AKP will wissen, wie vertrauliche Kommissionsunterlagen an die Medien gelangten. An einer Sitzung am 8. September hatte die APK über die Bemühungen um die Ausreise der beiden festgehaltenen Schweizer diskutiert. In den folgenden Tagen veröffentlichten verschiedene Medien Kommissionsprotokolle und -unterlagen. Die Herausgabe von vertraulichen Kommissionsunterlagen stelle eine Verletzung des Sitzungsgeheimnis dar, hält die APK fest. Die Indiskretionen hätten die Schweiz geschwächt, heisst es im Communiqué. (awp/mc/ps/28)