Steinbrück hatte beim Steuergipfel der OECD am Dienstag die Verluste für den deutschen Fiskus durch Steuerhinterziehung und -betrug auf rund 100 Mrd Euro geschätzt. Merz sagte, im vergangenen Jahr seien 137 Mio CHF nach Deutschland geflossen. Nach neuesten Zahlen seien etwa 5’400 Mrd CHF Vermögen in der Schweiz angelegt. «Die Hälfte davon sind institutionelle Anleger, die gar keinen Grund haben, Geld zu hinterziehen oder zu betrügen.» Merz und Steinbrück haben am Montag in Berlin eine Revision des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen den beiden Ländern vereinbart.
Sorge um Werkplatz Schweiz ausschlaggebend
Die Revision ist nötig, nachdem die Schweiz sich bereit erklärt hat, ihr Bankgeheimnis zu lockern und die OECD-Richtlinien zur Transparenz und zum Informationsaustausch in Steuerfragen zu unterzeichnen. Dies geschah auch aus Sorge um den Werkplatz Schweiz, sagte Merz. «Bedeutende» Schweizer Industrielle hätten ihn mit dem dringenden Wunsch angerufen, die Vorbehalte gegen die OECD-Standards aufzugeben. «Sie sorgten sich zu Recht um den Industriestandort Schweiz.» Hätte sich die Schweiz stur gestellt, wären Sanktionen die Folge gewesen, sagte Merz.
Müntefering-Aussage hallt nach
Zum Indianer-Vergleich von Steinbrück sagte Merz, dieses Bild habe ihn nie verletzt. «Als Junge in Appenzell war ich zur Fastnacht oft Indianer, der mit Stolz den grossen Federhut und ein Jutekleid trug.» «Persönlich sehr getroffen» habe ihn dagegen die Aussage des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering («Früher hätte man dort Soldaten hingeschickt»). «Denn die frühere Generation fand Zuflucht in der Schweiz vor deutschen Soldaten. Sie fand auch Schutz in unserem Bankgeheimnis – nicht nur als Zuflucht jüdischer Vermögen, sondern vieler, vieler Menschen. Uns das im Nachhinein ausgerechnet aus Deutschland vorzuwerfen, halte ich für inakzeptabel», sagte Merz. (awp/mc/ps/pg14)