Michael Hilti: Der beharrliche Kulturchef
Von Andreas Thomann
Moneycab: Die vier Eckpfeiler in Ihrer Unternehmenskultur lauten Integrität, Commitment, Mut und Teamarbeit. Ein ähnlicher Katalog findet sich wohl in jedem Unternehmen. Was ist bei Hilti anders?
Michael Hilti: Die Umsetzung. Ein Prozent des Aufwands ist nötig, um die Leitsätze zu entwickeln, die restlichen 99 Prozent gehen in die Umsetzung. Da ist es wichtig, dass man beharrlich bleibt und die Konzernleitung voll dahinter steht.
Stichwort Mut: Sind Fehler bei Ihnen ausdrücklich erlaubt?
Mit Mut meinen wir, auch aus dem Kreis der Gewohnheiten herauszutreten, Bestehendes zu hinterfragen, Neues auszuprobieren. Bei Hilti gibt es viele Mitarbeiter, die innerhalb der Firma eine berufliche Veränderung suchen, indem sie zum Beispiel von den Finanzen ins Marketing wechseln, oder vom Marketing ins Personal. Damit gehen sie ein Risiko ein, es können ihnen Fehler unterlaufen. Doch der grösste Fehler wäre, wenn sie den Mut zur Veränderung nicht hätten.
Muss man sich das Unternehmen als eine Art verschworene Gemeinschaft vorstellen?
Verschworen würde ich nicht sagen, das klingt mir zu stark nach Geheimbund. Doch unsere Mitarbeiter identifizieren sich sehr stark mit dem Unternehmen. Das bestätigt auch unsere jährliche Zufriedenheitsumfrage. In der letzten Umfrage haben 84 Prozent der Mitarbeiter angegeben, dass sie stolz seien, bei Hilti zu arbeiten, und 94 Prozent sagten, dass sie sich mit aller Kraft für uns einsetzen würden.
Tragen die Hilti-Mitarbeiter ihr Gedankengut ausserhalb der Arbeitszeit weiter?
Ich denke schon. Wenn Sie stolz auf Ihre Firma sind, dann teilen Sie das auch Ihrem Umfeld mit. Wer die Werte eines Unternehmens lebt, kann schlecht nach Hause gehen und dort komplett anderen Werten nachleben. Sonst wird er oder sie irgendwann schizophren.
Sie haben einmal gesagt, dass Mitarbeiter, welche die Hilti-Werte nicht teilen, aus dem Unternehmen ausschieden müssen. Gab es schon solche Fälle?
Die hat es gegeben. Es ist wie im Mannschaftssport, wo man sich auch an gewisse Spielregeln zu halten hat. Angenommen, eine Fussballmannschaft engagiert den Tennisspieler Roger Federer, um ganz vorne mitzuspielen, doch Federer spielt weiterhin nach seinen Tennisregeln. Da hilft weder die stupende Technik noch das perfekte Ballgefühl ? er passt einfach nicht in die Mannschaft.
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Laut Handelszeitung befinden Sie sich unter den Top Ten der Spitzenverdiener der Schweiz und Liechtensteins. Was antworten Sie Mitarbeitern, die Sie auf Ihr Gehalt ansprechen?
Das kommt darauf an, wie die Frage formuliert ist (lacht).
Zum Beispiel: Sind Sie dieses Geld auch wert?
Um korrekt zu antworten, muss ich mich zuerst fragen: Bringe ich die ganze Firma weiter? Schaffe ich ein Umfeld für viele Menschen, in dem sie wachsen können? Weil die Antwort in beiden Fällen ja lautet, kann ich auch die Frage nach dem Wert bejahen. Dagegen habe ich ein grosses Problem mit Managern, die ein fürstliches Salär beziehen und gleichzeitig Mitarbeitende auf die Strasse stellen. Wenn es der Firma gut geht, sollte ein Manager auch gut verdienen. Wenn es der Firma ? aufgrund von Management-Fehlern ? jedoch nicht so gut geht, dann sollte ein Manager auch dementsprechend darunter leiden.
Ausser einem kurzen Abstecher zur Chase Manhatten Bank haben Sie nie für ein anderes Unternehmen als Hilti gearbeitet. Liegen Sie damit nicht etwas quer zum eher kurzfristig orientierten Zeitgeist?
Die Frage ist, ob der allgemeine Zeitgeist ok ist. Firmen mit einem kontinuierlichen Management erzielen normalerweise die besseren Resultate. Häufige Wechsel des CEO wirken sich wie eine permanente Störung des Geschäfts aus. Seit ihrer Gründung im Jahre 1941 hatte Hilti nur drei CEO. Wenn der aktuelle CEO Pius Baschera Ende 2006 ? aufgrund unserer Altersgrenze ? zurücktreten wird, so wird er auch wieder 13 Jahre lang im Amt gewesen sein. Schon jetzt ist sicher, dass der Nachfolger aus dem Unternehmen kommen wird, denn bei uns gelangt niemand von extern in die Konzernleitung. Auch das eine Frage der Kontinuität, allerdings nicht so stark der Person, sondern der Ziele und der Werte.