Michael Näf, CEO Doodle

von Jolanda Lucchini


Herr Näf, bei der Firmengründung 2007 startete Doodle mit 200 000 Benutzern. 2009 waren es bereits drei Millionen. Haben Sie diesen Erfolg erwartet?

Nein, zu Beginn erwarteten wir diesen Erfolg nicht, wir legten einfach los. Später gehörte es natürlich zu unseren Aufgaben, das Wachstum so weit wie möglich zu verstehen, vorherzusagen und sogar zu beeinflussen. Deshalb ist die Entwicklung heute nicht mehr so überraschend. Aber wir freuen uns nach wie vor über jeden Erfolg. Vor kurzem zum Beispiel darüber, dass es unterdessen sogar mehr als 6 Millionen monatliche User sind.


Trotzdem ist Ihre Firma noch nicht in den schwarzen Zahlen. Weshalb?

Weil wir uns bewusst entschieden haben, zunächst in ein starkes Team zu investieren und das Fundament für nachhaltiges Wachstum zu legen.


Wann erwarten Sie, dass Sie den Breakeven erreichen?

Gemäss aktueller Planung wird das in naher Zukunft sein. Der genaue Zeitpunkt hängt allerdings immer auch von unseren Wachstumsplänen ab.



«Mit Werbung finanzieren wir den kostenfreien Basisdienst, der auf diese Weise sogar auf eine Registrierung verzichten kann. Eine zweite Einnahmequelle sind Branded Doodle und Premium Doodle.» Michael Näf, CEO Doodle


Doodle wird durch Werbung und die kostenpflichtigen Dienste finanziert. Was bringt mehr ein?

Mit Werbung finanzieren wir den kostenfreien Basisdienst, der auf diese Weise sogar auf eine Registrierung verzichten kann. Eine zweite Einnahmequelle sind Branded Doodle und Premium Doodle, kostenpflichtige Produkte, die sich an Firmen und Private richten. Werbung war unsere erste Einnahmequelle und ist heute noch die Wichtigste. Die Bezahlprodukte entwickeln sich aber ebenfalls sehr vielversprechend.


Wie wichtig sind für das Bestehen der Firma die Beteiligungen der Innovationsstiftung der Schwyzer Kantonalbank und der deutschen Creathor Venture?

Die finanzielle Beteiligung war selbstverständlich sehr wichtig für die Entwicklung von Doodle. Doch auch unabhängig von finanziellen Aspekten war und ist die Unterstützung durch unsere Investoren von grosser Bedeutung: Sie stehen uns beratend zur Seite, öffnen immer wieder wichtige Türen oder arbeiten aktiv mit bei strategischen Entscheidungen.


2009 hat Doodle eine iPhone-App eingeführt. Hat die Applikation Doodle punkto User-Zahlen einen wesentlichen Schritt voran gebracht?

Wie viele andere unserer Erweiterungen war auch die iPhone-App ein Wunsch vieler Benutzer, die sich nun freuen, Doodle direkt auf ihrem Gerät nutzen zu können. Die App haben wir in einem Joint Venture mit Neoos entwickelt. Es war nicht unser primäres Ziel, mit der App die User-Zahlen von Doodle massiv zu steigern, denn viele User sind zufrieden mit Mobile Doodle, dem für mobile Endgeräte optimierten Dienst. Nichtsdestotrotz ist die App ein guter Erfolg und übertrifft unsere Erwartungen deutlich.


Welche Vorteile bringt Branded Doodle, der Ende 2009 eingeführte kostenpflichtige Zusatzdienst für Unternehmen, dem Kunden?

Mit Branded Doodle können Firmen ihr eigenes Doodle unter dem eigenen Namen, mit dem Firmenlogo und mit freien Gestaltungsmöglichkeiten einrichten. Ausserdem gibt es Sicherheitsoptionen und Zusatzfunktionen, die den Terminfindungsprozess noch effizienter machen. Zum Beispiel können automatische Erinnerungen eingerichtet oder Zusatzinformationen von den Teilnehmenden abgefragt werden.


Gibt es Zahlen, wie viel Zeit und damit auch Geld Firmen einsparen, wenn sie die Terminplanung ihrer Mitarbeitenden professionalisieren?

Gemäss einer grossen internationalen Studie, die wir letztes Jahr in Auftrag gegeben haben, verbringen Manager und Angestellte des Büromanagements mehr als einen halben Tag pro Woche allein damit, Meetings zu koordinieren ? ohne an einem einzigen Meeting teilgenommen zu haben. Das zeigt das grosse Potenzial von Doodle.


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Wie erfolgreich ist Branded Doodle?

Branded Doodle ist weltweit sehr beliebt in Firmen, vor allem im Beratungsbereich und bei anderen Dienstleistern. Dank Branded Doodle können diese Firmen den Terminfindungsprozess mit externen Kunden und Partnern beschleunigen und dabei gleichzeitig die eigene Marke stärken und auf ihre Produkte, Dienstleistungen oder Veranstaltungen hinweisen. Neben den Firmen gibt es etliche Universitäten, Verwaltungseinrichtungen, Verbände und weitere Organisationen, die Branded Doodle einsetzen.


Welche weiteren Doodle-Angebote sind für die Zukunft geplant?

Wir werden uns weiterhin mit der Terminfindung auseinandersetzen. Vor kurzem haben wir eine Integration in Lotus Notes lanciert. Der nächste grosse Schritt findet im Sommer statt, die Details behalten wir aber noch für uns.


Doodle wird in 30 Sprachen angeboten. Welches ist der wichtigste Markt für Sie und wo sehen Sie noch Potential?

Die Schweiz ist unser Heimmarkt und aus vielen Gründen sehr wichtig für uns. Relativ zur Gesamtzahl der Internet-User haben wir in der Schweiz mit monatlich knapp einer Million auch die grösste Durchdringung. Grosses Potenzial sehen wir im Ausland, wir sind insbesondere in Europa und Nordamerika dabei, den Markt weiter aufzubauen.



«Kalenderintegration ist für uns ein zentrales Thema, in dem wir uns iterativ laufend verbessern.»


Eine wesentliche Verbesserung Ihrer Software war deren Integrationsfähigkeit in Outlook im vergangenen Jahr. Hat Doodle damit auf seinen neuen Konkurrenten Zeeyoo reagiert, dessen Online-Terminplaner über diese Funktion verfügte?

Kalenderintegration ist für uns ein zentrales Thema, in dem wir uns iterativ laufend verbessern. Begonnen hat alles vor Jahren mit einem einfachen Kalenderexport, gefolgt von einer Outlook-Integration, die wir schon Ende 2008 einführten. Unterdessen lassen sich alle grossen Kalender mit Doodle verbinden, und vor kurzem haben wir insbesondere die Anbindung mit Google Calendar nochmals deutlich verbessert, sodass ein User mit nur zwei Klicks und ohne Passwortangabe verbunden ist.


Zeeyoo ist im Gegensatz zu Doodle werbefrei. Ein Vorteil, da Werbung den Kunden mitunter nervt. Ist es für Doodle denkbar, dereinst auch ohne Werbung auszukommen?

Unsere Erfahrung ist, dass Werbung meistens gar nicht stört. Insbesondere unsere Branding Ads mit schönen Hintergrundbildern provozieren regelmässig sogar Lob ? und weisen erst noch eine gute Performance für die Werbetreibenden auf. Dank der Werbung können wir Doodle inklusive Kalenderintegration ? letzteres muss man bei der Konkurrenz bezahlen ? gratis anbieten. Das ist uns und unseren Usern wichtig. Diejenigen unserer User, die besonderen Wert auf Werbefreiheit oder weitere Zusatzfunktionen legen, entscheiden sich für eines der Bezahlprodukte.


Marktleader verfolgen die Entwicklung von Pionierfirmen und deren Konkurrenz und kaufen die Erfolgreichste dann gerne auf. Ist Doodle bald als Übernahmekandidat für Microsoft oder Google interessant?

Wir spekulieren nicht primär darauf, irgendwann Übernahmekandidat zu sein, sondern bauen die Firma so auf, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann und nicht auf eine Übernahme angewiesen ist.


Benutzen Sie Doodle selbst?

Ja. Nicht, weil sich das in meiner Funktion so gehört, sondern weil es mir und den Leuten, mit denen ich mich treffe, nach wie vor jedes Mal das Leben erleichtert.





Der Gesprächspartner
Michael Näf, 36, dipl. Informatik-Ingenieur, ist CEO des Online-Terminplanungsdienstes Doodle, den er 2003 entwickelt hatte. Nach dem Studium an der ETH Zürich arbeitete er als Berater für Helvetas und als IT-Sicherheitsexperte für Telekurs, ab 2003 war er Dozent und Assistent an der ETH sowie Verantwortlicher für IT-Sicherheit am Flughafen Zürich.


Die Firma
Doodle ist das weltweit führende Terminfindungs-Tool. Die in 30 Sprachen erhältlichen Online-Dienste vereinfachen die Terminkoordination in der Gruppe, sowohl im privaten wie im geschäftlichen Bereich. Der Basisdienst wird monatlich von mehr als sechs Millionen Personen genutzt, ist gratis und erfordert weder Registrierung noch Software-Installation. Angeboten werden zudem erweiterte Dienste, die kostenpflichtig sind. Die Firma mit Sitz im Technopark in Zürich beschäftigt 10 Mitarbeitende.

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