Michel Nieto, CEO Baume & Mercier: «Wir bieten einen Hauch von Luxus»


Die Schweizer Uhrenindustrie hat ein erfreuliches erstes Halbjahr 2004 hinter sich. Michel Nieto, CEO des Uhrenherstellers Baume & Mercier, erklärt im Interview, wie eine traditionsreiche Marke mit Profit, Expansion und Erfolg umgeht.


Von Marcus Balogh, Redaktion emagazine

Marcus Balogh: Seit dem Sie den CEO-Sessel von Baume & Mercier übernommen haben, hat die Marke deutlich an Präsenz gewonnen. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden?

Michel Nieto: Es steckt noch einiges mehr an Potenzial in Baume & Mercier. Aber wir haben tatsächlich zugelegt – an Tempo, an Präsenz, an Marktanteil.

Worauf führen Sie das zurück?
Einen grossen Teil des Erfolges verdanken wir der Aufmerksamkeit, mit der wir unsere Kommunikationsstrategien entwickeln und umsetzen. Dabei geht es nicht nur um PR und Werbung in der «Aussenwelt». Die Förderung einer Marke verlangt auch einen Effort innerhalb der eigenen vier Wände. Als ich hier anfing, fehlte es an den Angestellten zum Beispiel an Stolz. Was ich nach wie vor nicht wirklich verstehe. Baume & Mercier stellt seit 1830 Uhren her, ist mehr als einmal Trendsetter gewesen und hat seinen Kunden durchwegs ausgezeichnete Qualität geboten. Dass wir als Angestellte stolz darauf sind, kräftigt die Marke.


Mehr Werbung, mehr PR, nach Innen und nach Aussen – ist das der Schlüssel zum Erfolg?
In unserem Fall war die Konzentration auf ein starkes Marketing ein wichtiger Erfolgsfaktor. Werbung und PR sind Teile davon. Der zweite wichtige Faktor ist ein solides kommerzielles Fundament. In meiner Verkaufscrew will ich zum Beispiel die besten Repräsentanten der Branche haben. Und ich bin stolz drauf, dass ich auf der ganzen Welt von unseren Händlern Komplimente über meine Verkaufskräfte bekomme. Erfolg hängt nicht nur vom Produkt selber ab, sondern auch von den Menschen, die damit zu tun haben.

Baume & Mercier arbeitet immer öfter mit einem Shop-in-Shop-System. Wäre es nicht besser, eigene Boutiquen zu gründen?
Das Shop-in-Shop-System ist für Baume & Mercier eine der effizientesten denkbaren Verkaufsmethoden. Je nach Standort konnten wir unsere Verkäufe verdoppeln, manchmal sogar verdreifachen.

Die Uhrenindustrie erfreut sich eines sehr nachhaltigen Wachstums. Im Verlauf der letzten Jahre sind aber immer mehr Hersteller auf diesen Zug aufgesprungen und verlangen heute für ihre Uhren Preise, die sich weder durch den Namen noch die Qualität rechtfertigen lassen. Stimmen Sie zu?
Auf jeden Fall. Ich verfolge diese Entwicklung mit Erstaunen, denn ich halte das nicht für eine besonders gute Idee. Langfristig gesehen werden die Kunden die höheren Preise nur dann akzeptieren, wenn sie dafür auch mehr geboten bekommen.

Wie gehen Sie da vor?
Baume & Mercier bietet seinen Kunden einen – oftmals ersten – Hauch von Luxus. Zu einem fairen Preis. Mit anderen Worten: Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft und unseren Kernmarkt mit unserer traditionellen Preispolitik. So und nicht anders wollen es sowohl die Händler wie auch die Kunden – und die Strategie, auf unsere Kunden zu hören, funktioniert aussergewöhnlich gut.

Wie aussergewöhnlich ist «aussergewöhnlich gut»?
In den USA haben wir zum Beispiel in den letzten Jahren über 100 Shop-in-Shops Verkaufsorte eröffnet. Wir werden dieses Tempo vorläufig beibehalten. Das gleiche gilt mehr oder minder auch für Südamerika. Die beiden Märkte sind für Baume & Mercier zu wichtigen Verkaufs-Bollwerken geworden.

Wird der amerikanische Markt gar wichtiger als der europäische?
In Amerika haben wir während der letzten drei Jahre jährlich zwischen 10 und 15 Prozent zugelegt. In Europa ist der Markt hingegen relativ stabil geblieben. Trotzdem bleibt Europa bedeutendster Kernmarkt. In Italien, unserem zweitwichtigsten europäischen Markt, halten wir zum Beispiel seit Jahren einen Platz unter den Top Five der Uhrenmarken.

Wie sieht es im Mittleren Osten und in Asien aus?
Im Mittleren Osten sind wir ziemlich erfolgreich und erwarten für die nächsten Jahre ein kontinuierliches Wachstum. In Asien präsentiert sich das Bild hingegen je nach Land ganz unterschiedlich. Japan ist der viertwichtigste Markt für Baume & Mercier und Hongkong schreibt seit 30 Jahren eine Erfolgsgeschichte. Viele asiatische Länder haben bis jetzt aber keinen nennenswerten «Mittelklassemarkt». Während sich dort teure Schmuckuhren sehr gut absetzen lassen, fehlt Marken mit klassischen, hochwertigen Uhren wie Baume & Mercier noch eine genügend finanzkräftige Klientel.

Versuchen Sie trotzdem einen Fuss über die Schwelle dieser Märkte dort zu setzen?
Natürlich. Nehmen wir China. In den letzten fünf Jahren haben wir rund 30 Standorte gebaut – meistens nach dem Shop-in-Shop-System. Bestimmt ist das bei weitem nicht genug und bis 2008 sollen jährlich 60 bis 80 zusätzliche Standorte dazu kommen. China könnte zu einem der Schlüsselmärkte Asiens werden.

Wie viel Geld wenden Sie für diese Marktentwicklung auf?
Als Mitglied der Richemont Gruppe geben wir keine Umsatzzahlen bekannt. Aber um unser globales Engagement transparenter zu machen: Baume & Mercier steckt sehr viel Zeit und Energie in die Betreuung seiner starken Kernmärkte. Das nicht zu tun, wäre ein verhängnisvoller Fehler. Dabei sind wir uns durchaus bewusst, dass Länder wie Indien, Russland und China ein enormes Wachstumspotential haben. Aber im Moment ist China nicht mehr als eine Cocktailkirsche auf einer Sahnetorte. Immerhin ist es eine Torte, die für Baume & Mercier noch lange nicht die endgültige Grösse erreicht hat.


Michel Nieto 
Geboren am 23. März 1966.

CEO von Baume & Mercier seit Oktober 2002

Diplom-Ingenieur (Mikrotechnologie & Betriebswissenschaft)

Start der beruflichen Karriere bei der Swatch Group.

1989-1995: Swatch Group
1995: Produkte-Entwickler in der Richemont-Gruppe.
2000: LVMH Leiter Produkte-Marketing für Ebel
2002: Baume & Mercier Leiter Marketing und Kommunikation.

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