Microsoft zog daraufhin seine Offerte zurück. Eine feindliche Übernahme von Yahoo! gegen den Widerstand des Managements schloss der weltgrösste Softwareanbieter definitiv aus. «Ganz klar: Das Geschäft kommt nicht zustande», schrieb Konzern-Chef Steve Ballmer am Samstag in einem Brief an Yahoo!. Mit dem Kauf wollte Microsoft die Dominanz des Rivalen Google bei Online-Suche und Internet-Werbung brechen. In einem letzten Anlauf hatte der Windows-Konzern bei einem Treffen am Samstag nach eigenen Angaben rund fünf Milliarden Dollar auf sein in bar und Aktien erfolgtes Angebot draufgesattelt. Statt der damit gebotenen 33 Dollar je Aktie habe Yahoo! aber mindestens 37 Dollar verlangt – nochmals rund 5 Milliarden Dollar mehr. Insgesamt hätte der Kaufsumme so 50 Milliarden Dollar (32,4 Mrd Euro) weit überstiegen.
Überraschende Wende nicht ausgeschlossen
Die von Yahoo! geforderten Konditionen machten für Microsoft keinen Sinn, sagte Ballmer. Yahoo! habe sich trotz des höheren Angebots nicht bewegt. «Es ist im besten Interesse der Microsoft-Aktionäre, der Beschäftigten sowie anderer Beteiligter, unseren Vorschlag zurückzuziehen.» Die Übernahme wäre die mit Abstand teuerste in der Microsoft-Geschichte gewesen. Eine letzte Chance bleibt Experten zufolge: Wenn verärgerte Yahoo!-Aktionäre massiv Druck auf das Management ausüben, könnte es wie schon in anderen Übernahmekämpfen noch zu einer überraschenden Wende kommen.
Rasant wachsender Markt
Microsoft liegt bei Anzeigen rund um die Web-Suche hinter Google und Yahoo! abgeschlagen auf dem dritten Platz. Der Milliarden-Markt für Werbung im Internet wächst rasant. Wer hier die Nase vorn hat, verdient in Zukunft im Web das meiste Geld. Microsoft sucht nach dem enormen Erfolg mit Software unter Hochdruck neue Wachstumschancen. Die Zukunftsmärkte drehen sich laut Experten weit mehr ums Internet als um den von Microsoft dominierten PC. Ballmer teilte Yahoo!-Chef Jerry Yang den Rückzug am Samstag in einem von Microsoft veröffentlichten Brief mit. «Ich bin enttäuscht», schrieb er. Yang bekräftigte erneut, dass die Microsoft-Offerte das Unternehmen zu niedrig bewertet habe. Die störende Ablenkung durch das unerwünschte Angebot sei nun vorbei. Sein Unternehmen könne sich jetzt wieder mit ganzer Kraft auf die Zukunft konzentrieren.
Yahoo!-Titel vor massivem Kurssturz?
Firmengründer Yang kämpft seit seiner Rückkehr in den Yahoo!- Chefsessel im vergangenen Sommer um eine Neuausrichtung des Konzerns. Zuletzt musste er Stellen streichen. Viele Analysten und auch einige Grossaktionäre hatten das Kaufangebot von Microsoft als Glücksfall für Yahoo! betrachtet. Erste Anteilseigner klagten bereits gegen das Management wegen des Widerstands gegen die Übernahme. Zum Börsenstart am Montag wurde ein massiver Kurssturz der Yahoo!-Aktie erwartet. Vor der Offerte kostete sie unter 20 Dollar, zuletzt aber 28,67 Dollar.
Keine feindliche Übernahme
Eine feindliche Übernahme von Yahoo! will Ballmer auch mit Blick auf den Erzrivalen Google nicht wagen. Yang habe deutlich gemacht, dass Yahoo! dann Schritte unternehmen werde, die den Konzern für Microsoft nicht länger attraktiv machten. Yahoo! hatte parallel zu den Gesprächen mit Microsoft eine Allianz mit Google bei Suchanzeigen getestet. Microsoft kritisierte dieses Bündnis nun erneut scharf. Eine feindliche Übernahme wäre für Microsoft Experten zufolge zudem langwierig und teuer geworden – bei überdies ungewissem Ausgang. «Wir glauben weiter, dass die vorgeschlagene Übernahme für Microsoft, Yahoo! und den gesamten Markt sinnvoll gewesen wäre», sagte Ballmer. Er räumte zudem ein: «Yahoo! hätte unsere Strategie beschleunigt.» Microsoft könne aber auch so seine Ziele erreichen. (awp/mc/ps)