Milchkonzern Parmalat kehrt an die Börse zurück

Die Parmalat-Aktie wurde auf dem Graumarkt bereits für 2,70 Euro gehandelt. Damit wird das Unternehmen mit insgesamt 4 Milliarden Euro bewertet. Die Investmentbank Lehman Brothers empfiehlt die Aktie zum Kauf. Einen fairen Preis legt Lehman jedoch nicht fest, da es zu schwer abzuschätzen sei, wie viel der insgesamt eingeklagten 43 Milliarden Euro das Unternehmen je sehen werde, argumentieren die Analysten.


Schadensersatzprozesse angestrengt
Die Mehrheit der Besitzer von Parmalat-Obligationen, die nun für ihre alten Forderungen einen meist viel kleineren Betrag in Aktien zurückerhalten, stammt zu 53 Prozent aus dem Ausland. Die Gläubigerbanken des Milchmultis treten als Grossaktionäre auf. Die römische Bankengruppe Capitalia gilt derzeit mit 5,5 Prozent als grösster Aktionär, vor JP Morgan mit 2,3 Prozent und Banca Intesa mit 2,1 Prozent. Dabei hat der Parmalat-Sanierer gerade gegen diese Institute Schadensersatzprozesse angestrengt und fordert von Capitalia mindestens 265 Millionen Euro, von JP Morgan und anderen Banken 4,4 Milliarden Euro und von Banca Intesa zusammen mit anderen Instituten 1,9 Milliarden Euro.


Insolvenzverwalter gelobt
Die italienische Regierung lobte Parmalats Insolvenzverwalter Enrico Bondi für die Börsenreife des Milchkonzerns. «Wir müssen Bondi für diesen bedeutenden Erfolg danken, denn er hatte den Mut, einen Fall anzugehen, der aussichtslos schien», kommentierte der italienische Landwirtschaftsminister Gianni Alemanno. Er mahnte, dass Parmalat ein italienisches Unternehmen bleiben solle. «Der Börsengang bedeutet auch, dass die Gruppe riskiert, das Interesse ausländischer Grossunternehmen zu wecken. Deshalb müssen wir sehr vorsichtig sein, denn schliesslich ist Parmalat ein Erbe unseres Landes», sagte Alemanno.


Erste Interessent für Übernahme
Gleichzeitig ging der erste Interessent für eine Übernahme des Molkereiriesen ins Rennen. Der italienische Milchproduzent Granarolo, nach Parmalat Zweiter auf dem italienischen Molkereimarkt, bekräftigte gestern sein Interesse: «Wir denken in der Tat über das Geschäft nach», sagte eine Granarolo-Sprecherin. Granaro los Pläne werden von Parmalats Gläubigerbanken genau beobachtet. Für Bedenken sorgte die Tatsache, dass Granarolo vier Mal kleiner als Parmalat ist. Gerüchten zufolge müsste Granarolo bis zu 1,7 Milliarden Euro für die Parmalat-Übernahme ausgeben. Der Granarolo-Konzern, der elf Milchproduktionsanlagen besitzt, kontrolliert einen 30 Prozent-Anteil am italienischen Milchmarkt. Granarolo machte zuletzt einen Jahresumsatz von 852 Millionen Euro. Während Granarolo 1.300 Mitarbeiter beschäftigt, will Parmalat sein Personal auf weniger als 17.000 reduzieren. Vor dem Bankrott beschäftigte Parmalat weltweit rund 32.000 Mitarbeiter. Weitere Interessenten drängen. Nach Angaben italienischer Unternehmen sind auch der französische Milchproduzent Lactalis und der italienische Nahrungsmittelkonzern Star an Parmalat interessiert.


Mit Schuldenberg zusammengebrochen
Parmalat war Ende 2003 unter einem erdrückenden Schuldenberg zusammengebrochen, nachdem die Konzernführung um den Gründer Calisto Tanzi jahrelang Bilanzen gefälscht hatte. Der Prozess gegen Tanzi und weitere Manager hat vergangene Woche in Mailand begonnen. (awp/mc/gh)

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