Milliarden-Paket der EU soll Wirtschaft vor Rezession retten
Die deutsche Regierung verwies allerdings am Donnerstag auf die eigenen, bereits beschlossenen deutschen Milliardenhilfen. Diese müssten bei einem europäischen Paket angerechnet werden. Nach der Finanzindustrie geraten zunehmend weitere Branchen in den Strudel der Finanzkrise. Die Kommission wollte sich zur Grössenordnung des Konjunkturpakets nicht äussern. Endgültig über die Vorschläge entschieden werden soll beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Dezember in Brüssel.
Aktive Staaten dürfen nicht bestraft werden
«Die Staaten, die in den letzten Wochen schon Massnahmen getroffen haben, dürfen nicht bestraft und die, die nichts gemacht haben, bessergestellt werden», sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Im Oktober hatte die Koalition aus Union und SPD Entlastungen für Bürger und Wirtschaft von 20 Milliarden Euro beschlossen. Im jüngsten Konjunkturpaket sind Sonderausgaben des Staates von 12 Milliarden Euro vorgesehen. Kernelement ist der befristete Steuerbonus für Käufer von Neuwagen. Die Konjunktur-Massnahmen von 32 Milliarden Euro entsprechen 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Bau- und Autobranche sollen besonders gestützt werden
Die Kommission will die vom Wirtschaftsabschwung besonders betroffenen Branchen Bau und Auto stützen. Die Autobauer sollen in Partnerschaft mit dem Staat (Public-Private-Partnership) mehr Geld in «grüne Technologien» und alternative Antriebe stecken. Die Europäische Investitionsbank soll dabei einen Förderbeitrag von zwei Milliarden Euro leisten. Darüber hinaus ist unter anderem vorgesehen, im Baugewerbe eine energiesparende Bauweise zu unterstützen. Auch der Ausbau von Infrastruktur – vor allem des europäischen Stromnetzes – soll gefördert werden.
Konjunkturaussichten verdüstern sich weiter
Nach Ansicht von Bundesaussenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier muss ein solches EU-Paket Jobs und Zukunftstechnologien sichern. Die Bundesregierung müsse bei der Debatte über die Ausgestaltung des Pakets nun Initiative zeigen, forderte er bei einer Indien-Reise. Als Folge der internationalen Finanzkrise verdüstern sich unterdessen die weltweiten Konjunkturaussichten noch mehr. Nach Angaben des Münchner ifo Institut deuten die Zeichen auf eine globale Rezession hin. Die Stimmung in der Weltwirtschaft sank auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren. Der vierteljährlich erhobene Indikator für das Weltwirtschaftsklima brach im Oktober von 73,4 Punkten im Vorquartal auf 60,0 Punkte ein, wie das ifo Institut für Wirtschaftsforschung berichtete. Es war der fünfte Rückgang in Folge. Vor allem die Einschätzungen zur derzeitigen wirtschaftlichen Lage verschlechterten sich massiv, aber auch für die kommenden sechs Monate zeigten sich die befragten Experten deutlich skeptischer.
Ungünstige Entwicklung auch in Deutschland
Die künftige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird mittlerweile pessimistischer eingeschätzt. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) erwartet inzwischen für das kommende Jahr in Deutschland im günstigsten Fall eine «schwarze Null» beim Bruttoinlandsprodukt und senkte damit seine Wachstumsprognose. Nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank zeichnet sich für das Schlussquartal 2008 «erneut ein empfindlicher Dämpfer ab». Im nächsten Jahr würden dann voraussichtlich die negativen Folgen der Finanzmarktkrise und der realwirtschaftlichen Eintrübung «in ihrer ganzen Tragweite sichtbar».
Nach zwei Minusquartalen in Folge steckt Deutschland in der Rezession: Im dritten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal, im zweiten Quartal hatte es ein Minus von 0,4 Prozent gegeben.
Alarmzeichen für US-Wirtschaft
Für die kriselnde US-Wirtschaft gibt es ebenfalls neue Alarmzeichen. Führende Mitglieder der US-Notenbank Fed gehen davon aus, dass die grösste Volkswirtschaft der Welt zumindest bis Mitte nächsten Jahres schrumpfen wird. Auch die weitere Entwicklung sei von Risiken überschattet. Frankreich setzt zur Unterstützung der eigenen Wirtschaft auf einen Fonds. Wie Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag ankündigte, soll ein «Strategischer Investitionsfonds» mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro wichtige Unternehmen fördern und vor ausländischen Übernahmen schützen.
Weltbankpräsident Robert Zoellick mahnte in Frankfurt, bei der Lösung der internationalen Finanzmarktkrise die ärmsten Ländern stärker einzubinden. «Wir müssen uns daran erinnern, dass es die ärmsten Ländern sind, die es in dieser Krise am schwersten haben», sagte Zoellick. (awp/mc/pg/32)