Ministerin Bonino: «Freihandelsabkommen zwischen EU und Golfstaaten noch vor Ende 2006»

Von Gérard Al-Fil

Im Moneycab-Interview erl
äutert die aus Bra (Piemont) stammende linksliberale Politikerin Bonino, die neben ihrem Ministeramt auch als Gastprofessorin an der American University of Cairo lehrt, den Stand der Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Golfstaatenunion GCC, die Ziele der Regierung Prodi in der arabisch-islamischen Welt und die Situation der Muslime in Italien.


 


Frau Ministerin, welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)?


 


Zentrales Thema, dass ich mit Wirtschaftsministerin Sheikha Lubna Al Qasismi besprach, war das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den sechs Ländern des Golfkooperationsrates GCC (VAE, Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Qatar und Oman, die Red.). Beide Blöcke verhandeln jetzt schon seit 1990 um ein solches Abkommen. Wir hoffen nun, noch vor Ende 2006 die letzten Differenzen aus dem Weg zu räumen. Die VAE und Bahrain wollen insbesondere ihre Aluminiumexporte von EU-Zöllen befreit wissen. Nun wird EU-Handelskommissar Peter Mandelson in den nächsten Wochen die Golfregion bereisen, um einen Kompromiss zu finden.


 


Weiter möchten wir unsere Wirtschaftsbeziehungen ausbauen. 2005 hat Italien in die VAE Güter im Wert von 2.5 Milliarden Dollar exportiert, mit steigender Tendenz. Unser Einfuhrvolumen von Produkten aus den Emiraten ist dagegen so gut wie bedeutungslos. Hier steckt viel noch Potenzial, das Sheikha Lubna und ich aktivieren möchten.


 


Welche Ziele verfolgt Italien in der arabischen Welt allgemein?


 


Italien hat aufgrund seiner Mittelmeernachbarschaft zu vielen arabischen Ländern schon immer enge wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zur gesamten arabisch-islamischen Welt. Unsere neue Regierung hat in der Libanonkrise eine zentrale Vermittlerrolle eingenommen und als erstes Land UNO-Truppen in den Südlibanon entsandt und haben damit bewiesen, dass wir Italiens Beziehungen zu diesem Teil der Welt ernsthaft verbessern und vertiefen wollen. Auch sind wir dabei, das italienische Kontingent aus dem Irak zügig abzuziehen.


 


Sie haben sich in ihrer politischen Laufbahn stets für die Frauen eingesetzt. War dies auch jetzt der Fall, als Sie Ihre Amtskollegin Sheikha Lubna trafen?


 


Ja, Sheikah Lubna und ich wollen es aber nicht nur bei Gesprächen belassen, sondern konkret handeln. Deshalb haben wir vereinbart, dass sich eine Delegation italienischer Unternehmerinnen mit Frauen aus der Wirtschaft aus den Emiraten treffen wird, um eine gemeinsames Kommittee zu gründen. Dieses soll den ständigen Austausch zwischen Frauen aus beiden Ländern koordinieren helfen.



 


In der Golfregion verfolgt man die Situation der Muslime in der westlichen Welt mit einiger Sorge. Was unternimmt ihre Regierung, um das Zusammenleben zwischen den eine Million Muslimen in Italien und der Mehrheit der Bevölkerung zu verbessern?


 


Was die Muslime in Europa betrifft, stehen alle EU-Staaten – nicht nur Italien – vor denselben Herausforderungen. Italien will auch Heimat für die Muslime sein. Diese Regierung will die Integration der Muslime verbessern und Spannungen abbauen. Dazu haben wir ein neues Gesetz verabschiedet, dass es Ausländern generell erlaubt schon nach fünf Jahren die italienische Staatsangehörigkeit zu erhalten, falls sich der Antragssteller in besagtem Zeitraum ununterborchen in Italien aufgehalten hat, die italienische Sprache beherrscht, einer Beschäftigung nachgegangen ist und einen tadellosen Leumund besitzt. Leider zeigten in der Vergangenheit einige muslimische Gruppen, wenn auch eine kleine Minderheit, nicht immer den Willen, sich zu integrieren. Ich nenne die Tendenz mancher islamischen Schulen, nur die arabische Sprache zu lehren, nicht aber die italienische. Wir müssen jedem, der seinen Platz in unsere Gesllschaft haben will, deutlich machen, dass er unsere Sprache beherrschen und unsere Werte respektieren muss. Integration muss von beiden Seiten gewollt sein.


 


Frau Ministerin, Sie haben einige Jahre in Kairo gelebt, wo Sie als Gastprofessorin weiterhin an der Amerikanischen Universität lehren. Sprechen Sie die arabische Sprache?


 

(lacht) Ich habe die Sprache tatsächlich intensiv gelernt, doch reichen meine Kenntnisse leider nicht aus, um ein Interview oder eine Pressekonfrenz auf Arabisch zu geben. Aber für ein zwangloses Gespräch auf informeller Ebene langt es allemal.
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