Von Tanja Hess
Moneycab: Sie haben das Image der Schweiz in der Japanischen Bevölkerung untersucht. Welches war ihre Ausgangslage für das Interesse an dieser Fragestellung?
Mirja Weiss Richard: Wir haben diese Studie im Auftrag von Präsenz Schweiz durchgeführt. Das Hauptziel der Studie bestand darin, Informationen und Kenntnisse über das aktuelle Image der Schweiz bei der japanischen Bevölkerung sowie bei japanischen Meinungsführern zu gewinnen. Die Ergebnisse dienten unter anderem als Grundlage für die Strategie und das Konzept der Schweizer Präsenz an der Weltausstellung in Aichi, Japan.
«Zu den Stärken der Schweiz zählen vor allem die Bemühungen im Bereich des Umweltschutzes, die politische Stabilität sowie die Freundlichkeit der Schweizer und Schweizerinnen. Die bedeutendsten Schwächen betreffen dagegen die Erzeugung innovativer Produkte und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. » Mirja Weiss Richard.
Worin grenzt sich das Image der Schweiz vom Image anderer Staaten Europas ab?
Die Studie zeigt, dass die Schweiz in Japan grundsätzlich ein sehr positives Image hat. Zu den Stärken der Schweiz zählen vor allem die Bemühungen im Bereich des Umweltschutzes, die politische Stabilität sowie die Freundlichkeit der Schweizer und Schweizerinnen. Die bedeutendsten Schwächen betreffen dagegen die Erzeugung innovativer Produkte und die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Sie unterscheiden bei Ihrer Erhebung zwischen sozialen Kompetenzen und den produktiven Potenz der Schweiz. Trifft sich das Image im fernen Osten mit den tatsächlichen Gegebenheiten, wie wir sie hier wahrnehmen?
Wir unterscheiden zwischen dem sog. «Made-in»-Image, dem Image eines Landes als Herkunftsort wirtschaftlicher Leistungen und dem «Live-in»-Image, dem Image eines Landes als soziokultureller Lebensraum.
Die Japaner assoziieren mit der Schweiz gewisse Vorzüge, leider aber auch gewisse Schwächen, welche wir nicht oder zumindest nicht im selben Ausmass wahrnehmen. Hervorzuheben ist hier insbesondere die kritische Beurteilung des «Made-in»-Images der Schweiz. So haben wir beispielsweise durchaus innovative Produkte zu bieten, was in Japan – wie aber auch in andern Ländern – noch zu wenig bekannt ist. Ähnliches zeigt sich in Japan auch beim «Live-in»-Image bezüglich dem Bildungs- und Forschungsniveau.
Welches Potenzial messen Sie den Erkenntnissen zu?
Die Ergebnisse machen deutlich, dass das eigene Land im Ausland zum Teil anders wahrgenommen und beurteilt wird als im Inland. Es lohnt sich daher durchaus, das Image in den jeweils interessierenden Ländern speziell zu erheben und nicht einfach von den eigenen Vorstellungen auf diejenigen im Ausland zu schliessen. Dies zu erkennen ist wichtig, sowohl für Institutionen, die das Image im Ausland verbessern wollen wie aber auch für Unternehmen, die sich bei der Positionierung ihrer Leistungen auf ihre Schweizer Herkunft beziehen.
Es wird oftmals gemunkelt, dass die abgelegenen Alpentäler der Schweiz bald an japanische Grossindustrielle verkauft werden. Wo liegen die Werte, die japanische Geschäftsleute in der Schweiz sehen und die wir nicht zu erkennen vermögen?
Das ist schwer zu sagen. Die Japaner sind fasziniert von den Schweizer Bergen, der Natur und den schönen Landschaften. Vermutlich ist das für uns bereits zur Selbstverständlichkeit geworden.
Innovation und Investition sind keine Zauberwörter, die Japaner mit der Schweiz in Verbindung setzen. Was versteht der Japaner unter Innovation und was meint der Schweizer damit?
Diese Frage lässt sich aufgrund unserer Studie nicht beantworten. Ich denke aber, dass die kritischen Urteile bezüglich dem Innovationspotenzial der Schweiz weniger auf eine Definitionsfrage zurückzuführen sind, sondern zu einem grossen Teil auf dem Fehlen entsprechender Informationen basieren.
Japan und die Schweiz haben eines gemeinsam: man baut auf einer guten Bildung der Bevölkerung auf. Wie beurteilen die Japanerinnen und Japaner die Ressource Bildung im fremden Land? Wie wirkt sich das auf die Zusammenarbeit aus?
Die befragten Japanerinnen und Japaner beurteilen das Bildungs- und Forschungsniveau der Schweiz nicht besonders gut. Im Vergleich zu Deutschland schneidet die Schweiz hier deutlich schlechter ab. Derartige «verzerrte» Vorstellungen können sich auf die Attraktivität der Schweiz als Ausbildungs- und Forschungsland auswirken. Dies ist kritisch, wenn man bedenkt, dass die Schweiz – abgesehen von Bildung und Know-how – über keine bedeutenden Rohstoffe verfügt.
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Worin besteht das aktive Wissen der Japaner über die Schweiz? Und woher beziehen die Japaner dieses Wissen?
Zur Ermittlung des aktiven Wissens wurde die japanische Bevölkerung gefragt, was ihnen spontan einfällt, wenn sie den Begriff «Schweiz» hören. Klar an erster Stelle stehen Nennungen zu landschaftsbezogenen Assoziationen wie Berge bzw. Alpen. An zweiter Stelle – und eher etwas überraschend – folgen Aussagen im Zusammenhang mit «Peaceful Neutral Country». Auf Rang drei folgen Nennungen von Schweizer Produkten, vor allem Uhren, Käse und Schokolade. Häufig genannt wurden auch Assoziationen zur Schönheit der Schweizer Natur und der Schweiz als Reiseland.
Aufgrund der Distanz zwischen Japan und der Schweiz basiert ein Grossteil von dem was die Japaner über die Schweiz wissen auf den massenmedial transportierten Bildern und Informationen. Zu denken ist aber beispielsweise auch an Kontakte zu Schweizern, an Kauferfahrungen mit Schweizer Produkten oder Reisen in die Schweiz.
Bei Ihrer Untersuchung stellen Sie fest, dass besonders Politiker und Manager ein grösseres und positives Wissen über die Schweiz haben. Wie kann sich dieser Vorteil der Opinion-Leader für unser Land auswirken?
Diese Personengruppen können die Meinungen bzw. die Vorstellungen der breiten Bevölkerung beeinflussen. Für die Planung und Realisierung von Massnahmen zur Pflege des Images der Schweiz ist es daher von Bedeutung das Image zu kennen, welches die Meinungsbeeinflusser mit der Schweiz verbinden.
«Ich hoffe, dass es uns künftig gelingt das stereotype Bild der Schweiz zu ergänzen, so dass wir im Ausland vermehrt auch als innovatives, weltoffenes und zukunftsorientiertes Land wahrgenommen werden.» Mirja Weiss Richard
Die Studie war Grundlage für die Arbeit der Schweizer Delegation, die den Auftritt in Japan geplant hat. 15 Millionen CHF sind investiert worden ins Image der Schweiz. Sind dies verschleuderte Steuergelder oder wo liegt der Nutzen?
Es ist heute unbestritten, dass dem Image eines Landes in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht grosse Bedeutung zukommt. Ein Blick ins Ausland verdeutlicht, dass heute zahlreiche Nationen aktiv mit der Pflege ihrer Ländermarken beschäftigt sind und zum Teil erhebliche Geldsummen darauf verwenden.
Die Japan-Studie hat gezeigt, dass die Schweiz in Japan ein mehrheitlich positives, aber überwiegend traditionelles Image hat. Für die Schweiz als kleines, exportabhängiges Land ist es wichtig, dass dieses Bild durch weitere, modernere Facetten ergänzt wird. Die Weltausstellung in Aichi bietet der Schweiz eine interessante Gelegenheit sich innovativer zu präsentieren, gezielte Informationen zu vermitteln und bedeutende Kontakte aufzubauen bzw. zu intensivieren.
Welcher Nutzen resultiert für die Wirtschaft? Inwiefern ist ein positiv besetztes Image der Schweiz für Schweizer Unternehmen von Bedeutung?
Aus unternehmerischer Perspektive kann es durchaus attraktiv sein, das Image der Schweiz zu nutzen, indem bestimmte mit der Schweiz assoziierte Vorstellungen – im Sinne eines Image-Transfers – auf die entsprechenden Merkmale von Unternehmens- und Markenimages übertragen werden. Geeignet sind dabei vor allem die im Vergleich zu bestimmten Konkurrenzländern besonders prägnanten Dimensionen.
Für welche Unternehmen ist ein derartiger Image-Transfer interessant?
Die Nutzung des Images der Schweiz bietet sich vor allem für Unternehmen an, die über einen relativ geringen Bekanntheitsgrad verfügen und die sich, aufgrund der beschränkten finanziellen Mittel, die für einen Markenaufbau im Ausland erforderlichen, hohen Investitionen nicht leisten können. Zu denken ist hierbei an die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen der Schweizer Wirtschaft, wie aber auch generell an Unternehmen, die neu in Auslandsmärkte eintreten.
Eine letzte Frage:
Mit einem etwas objektivierten Blick auf das Heimatland: In welchem Bereich würden Sie persönlich das Image der Schweiz ergänzen?
Die Ergebnisse unserer Studie belegen, dass das eher traditionelle und touristisch geprägte Stereotyp der Schweiz als ein Land der Berge, Natur, Uhren und Schokolade nach wie vor stark verbreitet ist. Ich hoffe, dass es uns künftig gelingt dieses Bild zu ergänzen, so dass wir im Ausland vermehrt auch als innovatives, weltoffenes und zukunftsorientiertes Land wahrgenommen werden.
Studie «The Image of Switzerland in Japan» (Download PDF-Reader)
Angaben zur Person:
Mirja Weiss Richard (1969), Dr. rer. pol., studierte an der Universität Bern Wirtschaftswissenschaften. Im Anschluss an das Studium war sie wissenschaftliche Assistentin bei Prof. Dr. Richard Kühn am Institut für Marketing und Unternehmungsführung der Universität Bern. Dissertation zum Thema Landesimage. 1999 folgte ein zweijähriger Auslandaufenthalt in New York. Seit 2001 ist sie selbständige Unternehmensberaterin (Geschäftsführerin Pinpoint GmbH).