Museum Rietberg: Schätze aus dem antiken Gandhara, Pakistan

Diese grosse Paradies-Stele, ein Hauptwerk der Ausstellung über buddhistische Kunst aus Pakistan, gab die Inspiration zum Titel dieser Schau. In dem zauberhaften, fein und detailliert aus Schiefer herausgearbeiteten Relief thront der lehrende Buddha in der Mitte. Er ist von vielen heiligen Wesen umgeben: eine Paradieswelt voller Harmonie, Ordnung und Frieden. Bei der Betrachtung von «Buddhas Paradies» entdeckt man eine vielfältige buddhistische Kultur, die einst ? vom 1. bis 5. Jahrhundert ? prachtvoll erblühte und eine Ausstrahlung hatte, die weit bis nach China und Japan reichte.



Geburt des Buddhas in Lumbini


Gandhara lag am Fuss des Hindukusch 
Heute sorgen diese Gegend von Peshawar und das Swat-Tal für Schlagzeilen. Es sind Kriegsgebiete, in denen sich ein unfassbares Flüchtlingsdrama abspielt. Gandhara scheint uns heute eine weitab liegende Gegend und ein undurchdringliches, unbeherrschbares Gebirgsland. Dabei stand Gandhara, als die sogenannten Seidenstrassen noch die wichtigsten Handelsrouten zwischen Asien und Europa waren, im «Zentrum» der Welt. Es ist bezeichnend, dass schon Alexander der Grosse im Jahr 327 v. Chr. Gandhara eroberte, um sich diese strategisch wichtige Region zu sichern.


Alexander der Grosse als Kulturimporteur
Mit Alexanders Asienfeldzug war die Kultur des Mittelmeerraumes nach Gandhara gelangt und hat sich dank eines stetigen Austauschs zwischen Ost und West über Jahrhunderte erhalten. So erscheint uns die Kunst Gandharas auf den ersten Blick seltsam vertraut, erinnert sie doch an die griechisch-römische Antike.


Der zweite wichtige Impuls kam von Indien
Dort hatte im 5./4. Jahrhundert v. Chr. der historische Buddha gelebt. Um die Zeitenwende entstanden, etwa gleichzeitig wie im indischen Mathura, die ersten Darstellungen des Buddha. Erstmals zeigte man den «Erleuchteten» in menschlicher Gestalt und nicht mehr wie zuvor in Form von Symbolen. Die frühen Skulpturen aus Gandhara zählen somit zu den ältesten Buddha-Darstellungen überhaupt.




Die grosse Blütezeit erlebte der Buddhismus in Gandhara unter dem Kushan-König Kanishka I (ca. 127?150). Es entstanden grosse Städte und zahlreiche Klöster. Die einst prächtigen Klöster waren mit Reliefs geschmückt, die durch ihren erzählerischen Reichtum bezaubern: Nirgendwo in der buddhistischen Kunst haben die Bildhauer so viele Episoden aus dem Leben des Buddha auf so anschauliche Weise dargestellt wie in Gandhara: Seine Geburt, sein Auszug von zu Hause, sein Leben als Asket, seine Erleuchtung und sein Eingehen ins Nirvana. Die meist aus gräulich-blauem Schiefer herausgehauenen Skulpturen strahlen Ruhe und Erhabenheit aus. Kraftvoll gestaltete Körper, die in sich versunken verharren, detailreiche Reliefs, aber auch monumental grosse Buddha-Figuren und in Fels gehauene Reliefs sind typisch für Gandhara. Die grössten Buddhafiguren überhaupt, die Kolossalstatuen aus Bamiyan in Afghanistan ? einst stolze Zeugen der späten Gandhara-Kultur ? wurden im Jahr 2001 von den Taliban zerstört.


Ausgrabungen von Stadtgebieten belegen die weitreichenden Handelsbeziehungen Gandharas. Die in der Ausstellung gezeigten Luxusgüter aus Gold spiegeln den ökonomischen und kulturellen Austausch. Gandhara war ein Schmelztiegel ? dies zeigt sich vor allem in der Kunst, die mannigfaltige religiöse und kulturelle Einflüsse spiegelt.  (mr/mc/th)


Reliquiar in Form eines Miniatur-Stupa

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