Museum Tinguely – John Mawurndjul: Zeitreise in Nord-Australien
John Mawurndjul wurde im Jahre 1952 auf dem Land seines Klans in Western Arnhem Land, Nordaustralien geboren. Durch das Fehlen einer Schriftsprache hat sich hier neben der oralen Überlieferung eine reiche Bildtradition entwickelt. Das Malen hat er noch traditionell, beim Anbringen von zeremoniellen Mustern auf dem Körper von Initianden erlernt. Schon früh begann John Mawurndjul auch mit dem Bemalen von flach gepressten Eukalyptusrinden. Angeregt von den Felsbildern ferner Vorfahren fand John Mawurndjul eine eigenständige Art und Weise des Umgangs mit den überlieferten Bildvorstellungen. Schrittweise über die Aboriginal-Ikonographie – die Darstellungen etwa der Donnergeister oder der allmächtigen Regenbogenschlange als eines Leben begründenden und Leben zerstörenden Weltwesens – hinausgewachsen, setzt er sie heute mit neuen Absichten und in ganz neuer Form um. Das Format ist gross und mächtig, das Material für die Malfläche liefert zwar immer noch die Rinde des Eukalyptusbaumes, aber die Erd- und Naturfarben: roter Ocker, gelber Ocker, feine Knoten von Naturkreide, Holzkohle werden bewusst mit einem modernen, wasserlöslichen Bindemittel angerührt.
Die Transformation des alltäglichen Seins «John Mawurndul hat als Neuerer die spezifische Ausprägung der Kuninjku Malerei auf Rinde revolutioniert.» (Judith Ryan, Senior Curator, Indigenous Art, National Gallery of Victoria) John Mawurndjuls Werkentwicklung vom Beginn in den 1970er Jahren bis heute widerlegt das in Europa tief verankerte Vorurteil, das ?indigenen› Künstlern eine personifizierte Individualität und das Vermögen zur Innovation jenseits einer kollektiven Autorität abspricht. Darüber hinaus zeigt er mit seinem Werk auch, wie befruchtend der aktive Umgang mit der Überlieferung sich auswirken kann, sobald es gelingt, die Tradition nicht als anonymes und unveränderbares Korsett zu verstehen. Unsere «Zeitreise in Nord-Australien» führt von den über 30 000 jährigen Felsbildern, welche die sakralen Stätten der Aborigines bezeichnen, in die Gegenwart.
John Mawurndjul |
In Kunstpraxis und Kunsttheorie öffnen sich langsam Türen zu einem erweiterten, die Welt umspannenden Kunstverständnis. Noch dominieren in der Kunstvermittlung alte Strategien des Verdrängens und des Ausschliessens, und die aussereuropäische Kunst wird im Völkerkundemuseum abgesondert. Die hier angestrebte Zusammenarbeit beider Museen soll als innovatives Projekt die Weltgegenwartskunst lancieren, das in konkreten Dialogen vertieft wird.
Ort der Begegnung zwischen einem neugierigen Publikum und den Werken
Das Museum Tinguely und das Museum der Kulturen Basel – ein gemeinsames Projekt
Im Vorspann der Ausstellung werden zudem unter dem Leitgedanken «Das Museum der Kulturen zu Gast im Museum Tinguely» etwa 35 Werke von älteren Malern gezeigt, deren Werke der Forscher und Sammler Karel Kupka (1918-1993) zwischen 1956 und 1963 für das Basler Museum der Kulturen in Arnhem Land erworben hat. Er versuchte als einer der ersten, Künstler der Aborigines als Träger traditionellen Bildwissens zu verstehen und durch ihre Werke zu dokumentieren.
Weiblicher Namarrkon ? Blitzgeist und Känguru, 1960
Zwei Mimih-Paare, 1960
Ziel dieses vom Künstler Bernhard Lüthi als Gastkurator initiierten und mit dem Ozeanien-Spezialisten Christian Kaufmann konzipierten Projekt ist es, John Mawurndjul und sein Werk als Teile der Weltgegenwartskunst vorzustellen und zu erhellen. Die Auseinandersetzung mit diesem übergreifenden Thema wird in Begleitveranstaltungen, insbesondere in einem in enger Zusammenarbeit mit dem Kunsthistorischen Seminar sowie dem Ethnologischen Seminar der Universität Basel organisierten, internationalen Symposium zu Beginn der Ausstellung geführt werden.
Zur Ausstellung erscheint bei Verlag Schwabe AG ein von Christian Kaufmann herausgegebener Katalog, mit Beiträgen namhafter Fachautoren, in einer deutschen und englischen Version: ca. 200 Seiten, ca. 160 Farbtaf. und 40 s/w Abb. Preis: CHF 42.-