Dies ist deutlich weniger als Experten zuvor erwartet hatten. Am Markt lagen die Schätzungen in einer Spanne von etwa 150 bis 300 Milliarden Euro. Ökonomen werteten die geringe Nachfrage unter dem Strich als gutes Zeichen für den Bankensektor. Das dreimonatige Refinanzierungsgeschäft wurde wie auch die meisten anderen Geschäfte der EZB zum Leitzins von 1,0 Prozent durchgeführt. Insgesamt haben sich 171 Banken an der Auktion beteiligt. An den Märkten wurde die geringe Zuteilungssumme euphorisch aufgenommen: Der Euro legte um gut einen Cent zu und stieg zeitweise über die Marke von 1,23 Dollar. Staatsanleihen, die als vergleichsweise sichere Anlage gelten, mussten indes deutliche Kursabschläge hinnehmen. Auch die Aktienmärkte reagierten positiv auf das Ergebnis.
Ökonomen haben höhere Nachfrage erwartet
Bankvolkswirte zeigten sich von der geringen Nachfrage nach Zentralbankgeld überrascht. «Angesichts des in kürze fälligen Jahrestenders von 442 Milliarden Euro hätte man eine viel höhere Nachfrage erwarten können», sagte DZ Bank-Experte Jan Holthusen. Offensichtlich seien die Spannungen an den Geldmärkten nicht mehr ganz so stark ausgeprägt. Im Zuge der Finanzkrise hatten sich die Banken – nicht nur im Euroraum – kaum noch über den Weg getraut. Als Folge war der Handel mit kurzfristiger Liquidität auf dem sogenannten Interbankenmarkt zeitweise zum Erliegen gekommen. Die Europäische Zentralbank (EZB) musste quasi als «Lender of the Last Ressort» einspringen. Diese Verspannungen an den Geldmärkten hatten bis zuletzt angehalten, wenngleich mit verminderter Schwere.
Massive Refinanzierungsprobleme in Südeuropa
Nach Ansicht von DZ Bank-Experte Holthusen zeigt das Ergebnis des Dreimonatstenders auch, dass der Bankensektor insgesamt nicht mehr ganz so abhängig von der EZB ist. Einzelne Banken jedoch, überwiegend im südeuropäischen Raum, hätten immer noch massive Refinanzierungsprobleme. Zuletzt hatten vor allem spanische Sparkassen über grosse Schwierigkeiten berichtet, sich am Geldmarkt refinanzieren zu können. Commerzbank-Experte Michael Schubert weist zudem darauf hin, dass die mittelfristigen Zinsen (Euribor) wegen der geringeren Überschussliquidität im Markt steigen könnten. «Allerdings gilt es, die anstehenden Refinanzierungsgeschäfte abzuwarten, über die sich die Banken nach wie vor mit unbegrenzter Liquidität versorgen können.» Seit der Finanzkrise können sich Geschäftsbanken bei der EZB unbegrenzt mit frischem Geld versorgen. (awp/mc/ps/18)