Nationalrat lehnt UBS-Staatsvertrag mit den USA ab
Damit ein Ja zustande kommt, müssten die bürgerlichen Parteien wohl aber entweder der SVP oder der SP entgegen kommen. Beide Parteien hatten ihre Zustimmung zum Staatsvertrag an Bedingungen geknüpft, und beide sahen diese Bedingungen am Dienstag nicht erfüllt. Im Zentrum der Forderungen stehen die Boni-Steuern: Die SVP machte ihre Zustimmung davon abhängig, dass das Parlament keine Boni-Steuern beschliesst, die SP beharrte auf verbindlichen Massnahmen zur Banken- und Boni-Regulierung.
SVP als Zünglein an der Waage
Die SVP sah ihre Bedingung deshalb nicht erfüllt, weil der Ständerat vergangene Woche zwei Motionen zur Boni-Besteuerung gutgeheissen hatte, zu welchen sich der Nationalrat noch nicht äussern konnte. Lehnt der Nationalrat diese Motionen noch in der laufenden Session ab, könnte die Partei allenfalls ins Ja-Lager wechseln. SVP-Fraktionschef Caspar Baader (BL) signalisierte jedenfalls in der Debatte, dass dies möglich wäre: «Vielleicht kommen Sie doch noch zur Einsicht, im Verlauf der Differenzbereinigung. Dann versichere ich Ihnen die Zustimmung der SVP», sagte Baader.
Planungsbeschluss zur Banken- und Boni-Regulierung abgelehnt
Eher in den Hintergrund gerückt schien am Dienstag die Erfüllung der SP-Bedingungen. Der Nationalrat war am Montagabend dem Ständerat gefolgt und hatten gegen den Willen der Linken den Planungsbeschluss zur Banken- und Boni-Regulierung abgelehnt. Mit einem Ja hätte das Parlament seinen Willen bekunden können, strengere Regeln für Banken zu erlassen, ohne sich bereits im Detail festzulegen. Die bürgerliche Mehrheit stellte sich jedoch dagegen. Die Banken- und Boni-Regulierung dürfe nicht mit dem Staatsvertrag verknüpft werden, lautete der Tenor.
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hielt fest, der Bundesrat werde trotzdem an der im Planungsbeschluss fixierten Agenda festhalten und dem Parlament Massnahmen vorlegen, um das Systemrisiko von Grossbanken einzudämmen.
Fehr: Bürgerliche als «Abzocker-Schutzpartei» bezeichnet
Nach dem Nein zum Planungsbeschluss unternahm die Linke einen letzten Versuch, den Staatsvertrag mit strengeren Regeln für Banken zu verknüpfen. Sie schlug vor, direkt im Beschluss zum Staatsvertrag Änderungen des Bankengesetzes zu verankern. Davon wollte die bürgerliche Mehrheit jedoch erst recht nichts wissen. Dies sei der falsche Ort, hiess es. Die Vertreterinnen und Vertreter der Linken argumentierten vergeblich, Massnahmen seien dringend nötig, sonst wiederhole sich der «Fall UBS». Sie übten dabei scharfe Kritik an Banken und bürgerlichen Parteien. Hans-Jürg Fehr bezeichnete die Bürgerlichen als «Abzocker-Schutzpartei».
Warnungen von FDP, CVP und BDP blieben ungehört
Philippe Müller (FDP/AG) wies diesen Vorwurf zurück. Ständig müsse er sich anhören, die Bürgerlichen würden «vom Paradeplatz gesteuert». «Ich verwehre mich gegen solche Vorwürfe», sagte Müller. Die Vertreter von FDP, CVP und BDP warnten ihrerseits vergeblich vor einem Nein zum Staatsvertrag. Die Ablehnung hätte gravierende Folgen für die Schweiz, gaben sie bedenken. Zehntausende von Arbeitsplätzen wären gefährdet, und die Schweiz würde nicht mehr als verlässliche Partnerin wahrgenommen. Im US-Kongress sei schon die Frage aufgeworfen worden, ob ein Vertrag mit der Schweiz überhaupt ein Vertrag sei. «Sind Sie sich bewusst, was Sie anrichten?», fragte Otto Ineichen (FDP/LU) die Gegner.
Völkerrechtliche Verpfichtungen nicht zu erfüllen
Doch weder die SP noch die SVP waren umzustimmen: Mit 104 zu 76 Stimmen bei 16 Enthaltungen entschied sich der Nationalrat gegen den Staatsvertrag. Stimmt er am Ende nicht doch noch zu, kann die Schweiz völkerrechtliche Verpflichtungen gegenüber den USA nicht erfüllen. Der Bundesrat hat mit dem Abschluss des Vertrages versprochen, im Zusammenhang mit 4’450 UBS-Konten Amtshilfe zu leisten – und zwar nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei schwerer Steuerhinterziehung.
UBS-Aktie gibt deutlich nach
Die UBS-Aktien reagieren mit teilweise deutlichen Abgaben auf den negativen Bescheid. Sie fallen bis zum Mittag um 3,4% auf 14,22 CHF. Das Tagestief lag bei 14,15 CHF. (awp/mc/pg/34)