Der Handlungsbedarf ist unbestritten: Der Arbeitslosenversicherung fehlen beinahe zehn Milliarden Franken. Bei den Massnahmen gehen die Meinungen jedoch weit auseinander. Die Rechte stellt sich gegen Erhöhungen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge, die Linke gegen Leistungskürzungen.
Linke kündigt Referendum an
An der Wirtschaftskrise seien nicht die Arbeitslosen schuld, gab Paul Rechsteiner (SP/SG) zu bedenken. Es gehe nicht an, sie zu bestrafen, während die Verursacher der Krise unbehelligt blieben. Die Linke werde das Referendum ergreifen.
Spuhler: Wirtschaft darf nicht zusätzlich belastet werden
Die Redner der bürgerlichen Parteien widersprachen. Um die Probleme zu lösen, müsse auch auf der Leistungsseite die Schraube angesetzt werden, sagte Peter Spuhler (SVP/TG). Die Wirtschaft sei bereits in einer schwierigen Situation, sie dürfe nicht zusätzlich belastet werden. Die Kürzungen seien vertretbar, hielt Spuhler fest. Verglichen mit Deutschland, Dänemark oder England stünden Arbeitslose in der Schweiz ohnehin gut da. «Schauen Sie mal über die Grenzen», forderte er im Namen der SVP-Fraktion den Rat auf. Die Schweiz dürfe die Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren.
Leuthard für Revision
Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard rief den Nationalrat dazu auf, die Revision in Angriff zu nehmen. Wer sich gegen die Revision stelle, nehme in Kauf, dass das Defizit von jährlich einer Millarde weiterhin anfalle. Dies würde die Versicherung schwächen und könnte dazu führen, dass «noch drastischere Massnahmen» ergriffen werden müssten. Leuthard erinnerte daran, dass der Bundesrat gemäss dem geltenden Gesetz die Lohnbeiträge erhöhen muss, wenn die Schulden einen bestimmten Betrag übersteigen. Steige der Rat nicht auf die Revision ein, werde der Hebel nur auf der Einnahmenseite angesetzt, was die Wirtschaft stark belasten würde, sagte Leuthard.
Verschiedene Massnahmen auf Beitragsseite
Der Bundesrat schlägt Massnahmen auf der Beitrags- und der Leistungsseite vor. Die Lohnabgaben sollen von 2 auf 2,2% erhöht werden. Hinzu kommen eine zeitlich befristete Beitragserhöhung um 0,1% und ein Solidaritätsbeitrag von 1% auf Einkommen zwischen 125’000 und 315’000 CHF.
Taggeld-Bezugsdauer von Beitragszeit abhängig
Auf der Leistungsseite soll die Taggeld-Bezugsdauer enger an die Beitragszeit gekoppelt werden. Nur wer 18 Monaten am Stück in die ALV einbezahlt, soll künftig 400 Taggelder erhalten. Wer 12 Monate einbezahlt hat, soll neu nur noch 260 Taggelder beziehen können. Der Ständerat beschloss auf der Leistungsseite zusätzliche Einsparungen. (awp/mc/pg/17)