Die Änderung des Arbeitsgesetzes geht zurück auf eine parlamentarische Initiative des inzwischen verstorbenen Berner FDP-Nationalrats Kurt Wasserfallen. Sie soll Sonntagsverkäufe, insbesondere in der Adventszeit, ermöglichen. Die Arbeitnehmer müssen einverstanden sein, und der Lohnzuschlag bleibt erhalten.
«Heutige Rechtslage führt zu Ungleichbehandlung»
Die heutige Rechtslage führe zu einer Ungleichbehandlungen, sagte Kommissionssprecher Hansruedi Wandfluh (SVP/BE). Das Bundesgericht stelle sich nämlich auf den Standpunkt, dass Kantone Sonntagsverkäufe nur bewilligen dürften, wenn es eine langjährige Tradition gebe oder die Auslandkonkurrenz einen Verkauf nötig mache.
Grosse Unterschiede bei kantonalen Reglementen
19 Kantone bewilligen unter diesen Voraussetzungen schon heute Sonntagsverkäufe – allerdings unterscheiden sich die Reglementierungen beträchtlich. Um Rechtssicherheit und Gleichbehandlung zu gewährleisten, sollen die Kantone deshalb künftig bis zu vier Sonntagsverkäufe im Jahr ohne Sondergenehmigung bewilligen können. Ein Kanton dürfe aber auch entscheiden, auf Sonntagsverkäufe ganz zu verzichten, sagte Wandfluh. Unangetastet bleiben Sonntagsverkäufe mit einer Sondergenehmigung: Darunter fallen zum Beispiel Tourismusregionen, Tankstellenshops oder Einkaufsläden in grossen Bahnhöfen und auf Flughäfen.
Beliebte Weihnachtseinkäufe
Hans-Rudolf Gysin (FDP/BL) begründete die Zustimmung seiner Fraktion damit, dass der Detailhandel auf die Zusatzeinkünfte aus den Sonntagsverkäufen angewiesen sei. Zudem erfreuten sich Weihnachtseinkäufe am Sonntag nicht zuletzt bei Familien grosser Beliebtheit.
«Salamitaktik»
Die Linke wehrte sich vergeblich gegen die Liberalisierung. Jean-Claude Rennwald (SP/JU) erinnerte daran, dass Sonntagsverkäufe in grossen Bahnhöfen und Flughäfen vom Volk vor zwei Jahren nur ganz knapp angenommen wurden. Es sei unfair, nun per «Salamitaktik» die Arbeitsbedingungen der Angestellten immer weiter zu verschlechtern. Das Verkaufspersonal habe schon heute schwierige Anstellungsbedingungen und tiefe Löhne. Von den Sonntagsverkäufen profitierten vor allem die grossen Einkaufstempel. Die kleinen Läden blieben auf der Strecke. Wirtschaftlich brächten die Sonntagsverkäufe nichts: Das Portemonnaie der Leute werde nicht dicker.
Allgemeiner Ruhetag
Jo Lang (Grüne/ZG) lehnte die Vorlage auch aus familienpolitischen Gründen ab. Der Sinn eines allgemeinen Ruhetags sei, dass ihn die Familie gemeinsam geniessen könne. Zudem müsse es einen Tag geben, «an dem der Kommerz seine Grossmacht nicht ausüben kann». Elvira Bader (CVP/SO) stimmte Lang zwar teilweise zu: Es dürfe nicht zu einem Dammbruch kommen, der das Zusammenleben der Familien tangiere. Sonntagsarbeit müsse immer beschränkt und freiwillig bleiben. Trotzdem unterstützte die CVP die Gesetzesänderung, weil sie sie für moderat befand.
Deshalb blieben auch zwei Änderungsanträge von Didier Berberat (SP/NE) chancenlos: Mit 92 zu 79 Stimmen scheiterte sein Antrag, zuerst eine Anhörung bei Kantonen und Verbänden durchzuführen. Und eine Erhöhung des Lohnzuschlags für das Verkaufspersonal von 50 auf 75 Prozent lehnte die bürgerliche Mehrheit mit 95 zu 75 Stimmen ab. (awp/mc/pg)