Nein der Franzosen zur EU-Verfassung bringt den Euro unter Druck

«Ein Nein nährt Zweifel am künftigen Kurs der EU. Das würde den Euro belasten», sagt der Chefvolkswirt der HypoVereinsbank, Jörg Krämer. Bis zu zwei Cent könnte der Kurs zum Dollar verlieren, schätzt Commerzbank-Devisenexperte Carsten Fritsch.


EU-Verfassung will handlungsfähige EU

Mit der ersten EU-Verfassung soll die mittlerweile auf 25 und bald mehr Länder gewachsene EU handlungsfähig bleiben. Sie muss von allen EU-Staaten ratifiziert werden. Eine Ablehnung Frankreichs, wo Meinungsumfragen ein enges Rennen voraussagen, wäre das frühzeitige Aus. «Der Markt würde ein Nein als Beleg dafür interpretieren, dass das Projekt Europa nichts taugt», sagt Fritsch. Die Folge wäre ein Vertrauensverlust bei Investoren, der sich im Eurokurs niederschlagen dürfte.

Türkischer Lira droht Abwertung
Auch ausländische Notenbanken könnten abschreckt werden, ihre Devisenreserven weiter mit dem Euro als Alternative zum Dollar aufzufüllen. «Wer baut schon auf Devisen aus einem Währungsgebiet, in dem die politi schen Aussichten ungewiss sind?», sagt Devisenexperte Michael Klawitter von der WestLB. Vor allem asiatische Notenbanken, aber auch Länder wie Russland hatten wegen der hohen US-Defizite in Staatshaushalt und Handelsbilanz ihre Euro-Bestände zu Lasten des Dollar ausgebaut – und damit Anteil am Erstarken der Gemeinschaftswährung.


Auch einigen osteuropäischen Währungen droht Abwertung

Auch einigen osteuropäischen Währungen droht eine Abwertung, insbesondere aber der türkischen Lira: Kommt die Verfassung nicht, bleibt der EU-Vertrag von Nizza in Kraft, der einen Beitritt der Türkei nicht zulässt. «Bei einem Nein ist die Tür zur EU für die Türkei erst einmal zugeschlagen», sagt Fritsch. Das dürfte den Lira-Kurs auch langfristig belasten.

Monatelange Zittepartie droht

Einen bleibenden Schaden für den Euro erwarten Experten bei einem «Non» der Franzosen dagegen nicht. «Die Europäische Union ist eine Geschichte der Krisen», sagt HVB-Chefvolkswirt Krämer. «Sie hat schon so oft auf der Kippe gestanden, sie wird auch diese Krise meistern.»

Hoffen auf ein schnelles Aus

Einige Beobachter halten sogar nach dem ersten Schock eine schnelle Kurserholung des Euro für möglich. Denn ein frühes Aus für die Verfassung ziehen einige Marktteilnehmer einer monatelangen Zitterpartie vor. Die droht, da nach den Franzosen unter anderem auch die Niederländer oder die traditionell europaskeptischen Briten per Volksabstimmung entscheiden – mit ungewissem Ausgang. Einige Anleger hoffen deshalb auf ein schnelles Aus. «Getreu dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende», sagt Commerzbank-Experte Fritsch.(awp/mc/ab)
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