Die Hürden für einen Erfolg seien zu hoch, sagte Ethos-Direktor Dominique Biedermann am Freitag vor den Medien in Zürich. Für wichtige Entscheide wie beispielsweise eine Änderung der Amtsdauer der Verwaltungsräte forderten die Statuten die Vertretung von zwei Dritteln des gesamten Nestlé-Aktienkapitals an der Generalversammlung (GV).
44% des Aktienkapitals könnten an einer Generalversammlung gar nicht teilnehmen
Eine so grosse Zahl zusammenzubringen, sei praktisch unmöglich. Denn nur die im Aktienregister eingetragenen Aktien können an der GV vertreten sein und somit mitbestimmen. Eine Menge Aktionäre lasse sich aber nicht eintragen, sagte Biedermann. So gebe beispielsweise die Grossbank UBS den Anteil der eingetragenen Aktien mit 56% an. Das heisst, 44% des Aktienkapitals könnten an einer Generalversammlung gar nicht teilnehmen und somit auch nicht stimmen.
Ethos vertritt nur 0,25% des gesamten Aktienkapitals
Wie hoch dieser Anteil bei Nestlé sei, wolle der Nahrungsmittelkonzern nicht bekannt geben, kritisierte Biedermann. Gemäss einer Studie der Bank Wegelin aus dem Jahre 2002 belaufe sich dieser Anteil auf 30%, was «sehr wahrscheinlich» sei. «Ein Quorum von zwei Dritteln ist bei Nestlé möglicherweise ebenfalls nicht erreichbar», sagte Biedermann. Und von diesem Quorum müssten dann drei Viertel einem wichtigen Antrag zustimmen. Ethos vertrete zusammen mit fünf Pensionskassen 0,25% des gesamten Aktienkapitals von Nestlé, was an der Börse 320 Mio CHF wert sei.
Klares Signal in Richtung Verwaltungsrat
Deshalb dürfte der Widerstand gegen die Pläne Brabecks zwar juristisch scheitern, faktisch aber zu einem Erfolg werden, sagte Biedermann. Es sei um ein klares Signal in Richtung Verwaltungsrat, wenn man 10, 20 oder 30% Zustimmung an der GV erreiche, was realistisch sei.
Achtungserfolg bei ZFS und CS
Vor drei Jahren, als Ethos im Alleingang beim Versicherer Zurich Financial Services (ZFS) und bei der Credit Suisse Group gegen die Doppelmandate an der Konzernspitze zu Felde zog, habe man Achtungserfolge errungen. Die Ämterkumulation könne das Gleichgewicht zwischen den Führungs- und Aufsichtsfunktionen sowie die objektive Diskussion im VR ernsthaft gefährden. Die Doppelfunktion von Brabeck verhindere die Kontrollaufgabe des VR gegenüber der Geschäftsleitung.
Niemand kann sich selber kontrollieren
«Auch wenn Nestlé ein brillantes Unternehmen ist, gilt: Niemand kann sich selber kontrollieren», sagte der Vizepräsident des Ethos- Stiftungsrates Kaspar Müller. Es gehe Ethos nicht darum, auf Nestlé zu schiessen, sondern am Anfang einer Fehlentwicklung den Mahnfinger zu heben und nicht erst in fünf oder sechs Jahren, wenn etwas schief gelaufen sei.
Kritik zurückgewiesen
Brabeck hatte die Kritik in der letzten Woche zurückgewiesen: Die Doppelfunktion sei im Interesse der Aktionäre. Die Bedingungen für eine Trennung von VR-Präsident und Geschäftsführer seien nicht alle erfüllt.
Amtdauer verringern
Im Weiteren beantragt Ethos an der Nestlé-GV vom 14. April, die Amtsdauer der Verwaltungsräte von fünf auf drei Jahre zu verringern. Überdies sei die Hürde für Anträge von Aktionären an der GV zu hoch: Künftig solle bereits einen Antrag stellen können, wer Aktien im Umfang von 100 000 CHF Nennwert vertritt. Heute liegt die Schwelle bei einer Million. (awp/mc/gh)