Das Stimmverhalten der Post-Pensionskasse war im dreiköpfigen Stimmrechtsausschuss beschlossen worden. Die beiden Arbeitnehmervertreter waren gegen das Doppelmandat. Arbeitgebervertreter Jürg Bucher, gleichzeitig Postfinance-Chef, war dafür.
Interne Anlagerichtlinien
Bucher bestätigte am Sonntag auf Anfrage die 2:1 Mehrheit und somit einen Bericht der «SonntagsZeitung» sowie des «Blick» vom Samstag. Interne Anlagerichtlinien würden das Doppelmandat aber bei Ausnahmen, wie bei Nestlé der Fall, erlauben, sagte Bucher. Das Dreiergremium habe nach den Richtlinien zu entscheiden. Deshalb gab Bucher die Anweisung, die Aktienstimmen für das Doppelmandat einzusetzen. «Es geht um eine klare interne Führung». Er habe sich nicht über einen Entscheid hinweggesetzt, sondern die Richtlinien eingehalten.
Zusammenhang «konstruiert»
Der in den Medienberichten hergestellte Zusammenhang zwischen der angestrebten Banklizenz für Postfinance und dem von Bucher angeordneten Stimmverhalten sei «konstruiert», sagte Bucher. In der Tat habe Bucher den damaligen Nestlé-Verwaltungsratspräsidenten Rainer E. Gut getroffen. In dieser Sitzung eine Woche vor der Generalversammlung habe Gut die Sicht von Nestlé dargelegt. Die beiden Arbeitnehmervertreter waren an dieser Sitzung, die nach dem Entschluss des Stimmrechtsausschuss stattfand, trotz Einladung nicht dabei.
Fragen per E-Mail
«Wir haben aber Fragen per E-Mail eingereicht», sagte Alfred Wyler, Stiftungsratspräsident der Pensionskasse und Mitglied des Stimmrechtsausschusses, am Sonntag auf Anfrage. Einen Tag nach der Sitzung wurde der Stimmrechtsvertreter angewiesen, Nein zu stimmen. Für Wyler stellt sich nun die Frage, weshalb das Stimmverhalten der Pensionskasse an der Nestlé-GV überhaupt diskutiert wurde, wenn es doch die Richtlinien gibt. Er hat das Thema an der nächsten Stiftungsratssitzung Ende April traktandiert. Dann sollen für künftige Fälle die interne Zuständigkeit und die Verantwortung geklärt werden.
Gewerkschaft Kommunikation fordert Buchers Rücktritt
Am Samstag forderte die Gewerkschaft Kommunikation bereits den Rücktritt von Bucher als Stiftungsratsmitglied bei der Post-Pensionskasse. Neben Wyler ist ein weiteres Stiftungsratsmitglied von der Gewerkschaft Kommunikation als Arbeitnehmervertreter delegiert. Bucher nahm die Rücktrittsforderung zur Kenntnis. Er möchte die Differenzen jetzt innerhalb der Organe bei der Pensionskasse besprechen.
Antrag gegen Doppelmandat
An der Nestlé Generalversammlung am vergangenen Donnerstag war über einen Antrag der Anlagestiftung Ethos abgestimmt worden, der das Doppelmandat verboten hätte. Der Antrag erhielt 35,94 Prozent der Stimmen bei 14 Prozent Enthaltungen. Gegen den Antrag stimmten 50,55 Prozent. Die Post-Pensionskasse hält rund 0,2 Prozent der Nestlé-Aktien. (awp/mc/gh)