Neuer Anreiz zur Legalisierung von Schwarzgeld
Ebenfalls werden reuige Steuersünder nicht strafrechtlich verfolgt, sofern sie mit den Behörden kooperieren. Steuerhinterzieher müssen zudem höchstens die Steuern inklusive Verzugszinsen für die letzten zehn Steuerperioden nachzahlen. Heute bezahlen Leute, die sich selbst anzeigen, eine Busse von einem Fünftel der hinterzogenen Steuer. Die neue Selbstanzeige ist jedoch einmalig und nur möglich, wenn die Steuerbehörden keine Kenntnis haben vom unversteuerten Geld. Die Legalisierung betrifft sowohl Bundes-, wie auch Kantons- und Gemeindesteuern auf Einkommen und Vermögen.
Auch Erben können profitieren
Als wichtiger Bestandteil der Mini-Steueramnestie können auch die Erben von Steuersündern profitieren. Anstatt die Steuern des Verstorbenen für die letzten zehn Jahre vor dem Tod nachzuzahlen, schulden Erben dank der Amnestie künftig nur noch die Steuern für die letzten drei Jahre. Das Gesetz, welches das Parlament 2008 verabschiedete, bringt die Schweizer Gesetzgebung in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg rügte die Schweiz, weil Erben von unversteuerten Geldern gebüsst wurden, obwohl sie selbst keinen Gesetzesverstoss begangen hatten.
17 Jahre währender Anlauf
Bis zum fertigen Gesetz, das am 1. Januar in Kraft tritt, dauerte es allerdings lange: Seit 1992 verlangten Parlamentarier in Vorstössen immer wieder eine generelle Steueramnestie. Ein solche würde juristische und ethische Probleme hervorrufen, hielt aber der Bundesrat fest und arbeitete eine weniger umfassende Amnestie aus. Dennoch äusserten einige Kantone Unzufriedenheit: Der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis kritisierte die Mini-Amnestie als «ethisch inakzeptabel» gegenüber jenen, die ihre Steuern korrekt bezahlten. Kontrolle und Sanktionen hält er für besser.
Hoffen auf Milliardeneinnahmen
Von der Amnestie erhoffen sich die Steuerbehörden vor allem auch zusätzliche Steuereinnahmen. Die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) kann jedoch noch nicht beziffern, wie viel Geld dank der Amnestie auftauchen wird. Bei der letzten generellen Steueramnestie im Jahr 1969 kamen 11,5 Milliarden Franken zusammen. Teuerungsbereinigt entspricht dies heute ungefähr 36 Milliarden Franken. Konkretere Einschätzungen liegen aus einigen Kantonen vor.
Offensiv-Strategie im Jura
Im Jura erwartet die Steuerverwaltung nach eigenen Angaben, dass rund 300 Millionen Franken, die bisher versteckt wurden, legalisiert werden. Dies entspräche zusätzlichen Steuereinnahmen für den Kanton und die Gemeinden von rund fünf Millionen Franken. Der Kanton Jura geht somit besonders offensiv mit der Steueramnestie um, indem er das Verfahren für eine befristete Zeit vereinfacht. Bis 2014 unterstützen die Behörden die reuigen Steuersünder beim Zusammenstellen der nötigen Unterlagen, um das Schwarzgeld zu deklarieren.
Italienische Steueramnestie von weit grösserem Umfang
Für Schlagzeilen sorgt derzeit eine italienische Steueramnestie, die von einem weit grösseren Umfang ist. Kurz vor Weihnachten gab der italienische Finanzminister Giulio Tremonti an, die Amnestie habe rund 80 Milliarden Euro eingebracht. Rund 80 Prozent von diesem Geld soll in der Schweiz angelegt gewesen sein. Betroffen ist vor allem der Kanton Tessin, der auch bereits Gegenmassnahmen gefordert hat. Auf dem Tessiner Finanzplatz könnten hunderte Arbeitsplätze in Gefahr sein. (awp/mc/ps/20)