Damals waren zwei Mitarbeiter bei Revisionsarbeiten einer unzulässig hohen Strahlendosis ausgesetzt gewesen. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) leitete gegen das AKW Beznau ein Strafverfahren ein. Die Ermittlungen dazu sind noch im Gang, wie das ENSI am Mittwoch anlässlich seiner Jahresmedienkonferenz mitteilte. Ergebnisse werden bis Ende Jahr erwartet.
Erster Vorfall auf Stufe 2 in der Schweiz
Das ENSI stufte den Vorfall als Ereignis der Stufe 2 auf der von 0 bis 7 reichenden internationalen Ereignisskala ein. Es handle sich um den ersten Vorfall der Stufe zwei in einem Schweizer AKW, sagte Peter Flury, Leiter der Abteilung Betriebsüberwachung beim ENSI, vor den Medien in Bern.
Mängel an Dach des Maschinenhauses beanstandet
Beanstandet hat das ENSI beim AKW Beznau auch das Dach des Maschinenhauses. Aus Gründen der Erdbebensicherheit handle es sich um eine leichte Konstruktion, die aber nicht ausreichend windbeständig sei, erklärte Flury. Bei starkem Wind könnte das Dach beschädigt werden, was «im ungünstigsten Fall» zu Problemen bei der Kühlung führen würde. Im Aufsichtsbericht ist von «Planungsfehlern» bei der Sanierung des Daches die Rede. Die Mängel sollen nun behoben werden.
Mehrfachfehler in Gösgen
Beim AKW Gösgen kritisiert das ENSI den Umgang mit einem Mehrfachfehler. Beim Wiederanfahren nach einer Revision waren sicherheitsrelevante Elemente ausgefallen, weil Sicherungen durchbrannten. Das AKW setzte nach Behebung der Störung das Anfahren fort, obwohl die Ursache des Ausfalls nicht bekannt war. Damit hat es laut dem ENSI einen zentralen Grundsatz der Sicherheitsvorsorge verletzt. Das ENSI ordnete den Vorfall vom Juni 2008 der Stufe 1 zu.
Aus Fehlern lernen
Weil die AKW-Betreiber die Panne erst im März 2009 meldeten, zeigte das ENSI das AKW Gösgen beim Bundesamt für Energie an. Der Fall liegt nun bei der Bundesanwaltschaft. Sie entscheidet, ob es zu einem Strafverfahren kommt. Das ENSI betont, dass die Bestrafung nicht im Vordergrund stehe. Es gehe darum, aus Fehlern zu lernen, sagte Flury. Die Angst vor Strafe könne vom Melden eines Fehlers abhalten, was unerwünschte Wirkungen auf die Sicherheitskultur habe. Das Inspektorat kritisiert auch die Qualität einzelner Berichte und Dokumente des AKW Gösgen.
27 meldepflichtige Vorkommnisse
Mit den Kernkraftwerken Leibstadt und Mühleberg war das ENSI hingegen zufrieden. Deren Betriebssicherheit beurteilte es als «gut». Dies sei zwar nicht die Höchstnote, sagte Flury. Damit diese erteilt würde, brauche es aber ein aussergewöhnliches Jahr. Insgesamt verzeichnete das ENSI im vergangenen Jahr 27 meldepflichtige Vorkommnisse. 25 davon hatten eine geringe Bedeutung für die nukleare Sicherheit. Am meisten Vorkommnisse gab es in Beznau mit elf. In Gösgen gab es drei, in Leibstadt und Mühleberg je vier. Der Strahlenschutz für die Bevölkerung sei jederzeit gewährleistet gewesen, schreibt das ENSI.
Gutachten zu Gesuchen für neue AKW
Bis im Herbst will die Ausichtsbehörde ein Gutachten zu den Gesuchen für den Bau neuer AKW vorlegen. Angesichts der Pläne für neue AKW fordert sie mehr Personal. Die Aufsicht über die bestehenden Werke dürfe nicht vernachlässigt werden, gab der neue ENSI-Direktor Hans Wanner zu bedenken. (awp/mc/pg/14)