Laut Bundesverfassung darf die Landesregierung heute in ausserordentlichen Lagen Verordnungen und Verfügungen ohne gesetzliche Grundlage erlassen und Ausgaben ohne vorgängigen Beschluss des Parlaments tätigen. Ersteres tat der Bundesrat etwa mit dem Entscheid, die Akten im Fall Tinner zu vernichten; letzteres Vorgehen wählte die Regierung, um der UBS mittels einer 6-Milliarden-Finanzspritze aus der Patsche zu helfen.
Kein vorgängiges OK durch Bundesversammlung
Beides soll der Bundesrat nach Ansicht der SPK auch weiterhin dürfen, wie die Parlamentsdienste am Montag mitteilten. Mit 16 gegen 10 Stimmen sprach sich die Kommission im Rahmen einer parlamentarischen Initiative gegen einen Vorschlag aus, der bei dringlichen Ausgaben von über 500 Mio CHF ein vorgängiges OK durch die Bundesversammlung forderte. Die Minderheit hatte argumentiert, dass mit der heute geltenden Regelung, Entscheide von grosser Tragweite ohne genügend demokratische Legitimation gefällt werden können. Laut Bundesverfassung müssen Entscheide wie die UBS-Hilfe bloss von der sechsköpfigen Finanzdelegation abgesegnet werden.
Notrechts-Entscheide rascher legitimieren
Statt den Spielraum des Bundesrats in Sachen Notrecht einzuschränken, will die SPK-Mehrheit die Regierung bloss zwingen, sich nach einem Notrechts-Entscheid rascher um die nachträgliche Legitimation zu bemühen, als dies heute der Fall ist. Ein Viertel der Mitglieder des National- oder Ständerats soll eine ausserordentliche Session der Bundesversammlung verlangen dürfen. Sie müsste spätestens drei Wochen nach dem Antrag stattfinden. De facto wird damit dem Parlament auch in Zukunft in den meisten Fällen nichts anderes übrigbleiben, als den Beschluss des Bundesrates abzusegnen. Nach Ansicht der SPK-Mehrheit würde die neue Bestimmung aber präventive Wirkung entfalten. Unter diesen Vorzeichen werde der Bundesrat den Entscheid vorgängig noch besser prüfen.
Maximale Geltungsfrist von vier Jahren
Weiter soll eine unter Notrecht beschlossene Verordnung zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit automatisch wieder ausser Kraft gesetzt werden, wenn der Bundesrat nicht innert sechs Monaten einen Entwurf für die nötigen gesetzlichen Grundlagen nachreicht. Notrechts-Entscheide zur Wahrung der aussenpolitischen Interessen sollen eine maximale Geltungsfrist von vier Jahren haben dürfen. Nach vier Jahren soll der Bundesrat innert sechs Monaten einen Entwurf vorlegen, wie die Verordnung in ordentliches Recht überführt wird.
Ball beim Bundesrat und weiteren Kommissionen
Bevor der Bundesrat einen Notrechts-Entscheid trifft, soll er eine – neu zu schaffende – «Delegation für ausserordentliche Lagen» konsultieren. In besonders dringlichen Fällen soll er die gleiche Delegation innert 24 Stunden nach dem Entscheid informieren. Die SPK stimmte in der Gesamtabstimmung ihrer parlamentarischen Initiative mit 17 gegen 0 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu. Stellung nehmen sollen nun der Bundesrat sowie die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. Voraussichtlich kommt die Vorlage im Sommer in die Räte. (awp/mc/ps/27)