NYSE-Euronext-Chef Thain übernimmt Spitzenjob bei Merrill Lynch

Der 52-Jährige werde sein Amt zum 1. Dezember antreten, gab die Bank am Mittwochabend nach US-Börsenschluss in New York bekannt. Thain soll in Personalunion auch Vorsitzender des Verwaltungsrates werden. Merrill Lynch-Chef Stan O’Neal (56) hatte Ende Oktober nach milliardenschweren Rekordabschreibungen der Bank infolge der Kreditkrise seinen Hut nehmen müssen.


Weitere Abschreibungen in Branche möglich
Beim NYSE Euronext trat zudem der Verwaltungsrat zusammen und beriet über die Nachfolge für Thain. Als wahrscheinlicher Kandidat gelte der gegenwärtig für das operative Tagesgeschäft des Börsenbetreibers zuständige Topmanager Duncan Niederauer (48), berichteten US-Medien übereinstimmend. Thain sagte in einem TV-Interview, weitere Abschreibungen in der Branche seien möglich. Er habe aber nicht vor das Geschäft mit Immobilienkrediten bei Merrill Lynch zu beenden. Thain machte sich vor dem Chefposten bei der NYSE als langjähriger Manager bei der Investmentbank Goldman Sachs einen Namen. Er war auch im Gespräch für den Spitzenjob beim Bankriesen Citigroup. Der grösste US-Finanzkonzern sucht ebenfalls einen neuen Chef, nachdem Charles Prince ebenfalls wegen Berichtigungen in Milliardenhöhe Anfang November zurückgetreten war.


NYSE massiv umgebaut
In seiner Amtszeit seit Januar 2004 hat Thain die NYSE massiv umgebaut: Er machte sie selbst zu einer börsennotierten Gesellschaft, erweiterte den elektronischen Handel durch Übernahmen deutlich und positionierte NYSE als weltweiten Konzern. Sein herausragender Erfolg war die Fusion mit der europäischen Mehrländerbörse Euronext in diesem Jahr, bei der er die Deutsche Börse als Wettbewerber ausstach. Der voraussichtliche neue NYSE-Chef Niederauer kam erst vor einigen Monaten zu dem Börsenbetreiber. Zuvor war der erfahrene Broker bei Goldman Sachs in führender Position für den elektronischen Aktienhandel zuständig.

Entscheidung für Thain gilt als Überraschung
Die NYSE-Aktie ging zum Börsenschluss 0,28 Prozent zurück auf 86,73 Dollar. Merrill Lynch-Titel gewannen 1,63 Prozent auf 57,88 Dollar. Die Entscheidung für Thain gilt als Überraschung. Zuletzt galt der Chef und Gründer des Vermögensverwalters BlackRock, Laurence Fink, als heisser Kandidat. Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Bank, Josef Ackermann, war Medienberichten zufolge im Gespräch. (awp/mc/gh)

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