«Mit 650 Millionen Dollar in der Kasse und ohne Schulden haben wir eine sehr grosse finanzielle Flexibilität», sagte NYSE-Chef John Thain der Pariser Finanzzeitung «La Tribune» (Freitag).
Euronext und NYSE verstehen sich
Thain betonte, anders als mit der Führung der Deutschen Börse verstehe sich das Euronext-Management mit der NYSE-Führung sehr gut. Der «Tribune» zufolge wollen die Frankfurter dem Euronext-Chef Jean-François Théodore nicht mehr bis 2008 die Führung eines gemeinsamen Börsenkonzerns anbieten. Die Deutschen versuchten Théodore zudem mit dem Vorwurf zu destabilisieren, er stelle ihr Angebot am Finanzplatz Paris inkorrekt dar.
Frankfurter «Silo-Modell» kritisiert
Thain kritisierte das Frankfurter «Silo-Modell» der Konzentration des Handels und des nachgelagerten Geschäfts (über die Luxemburger Clearstream) in einer Hand. Die Deutsche Börse ziehe den Hauptteil ihres Gewinns aus Clearstream. Die Kosten der Abwicklung seien in Deutschland 40 Mal so hoch wie in den USA, wo diese Tätigkeit wie bei Euronext vom Handel völlig getrennt sei. Im Falle einer Fusion NYSE-Euronext würden viele US-Unternehmen eine Doppelnotierung wählen, um «die Basis ihrer Investoren zu erweitern», sagte Thain.
Drängen auf eine europäische Lösung
Euronext umfasst die Aktienbörsen Paris, Brüssel, Amsterdam und Lissabon sowie den Londoner Derivatemarkt LIFFE und den Mailänder Markt für Staatspapiere. An den laufenden Verhandlungen von Euronext mit der Mailänder Börse nimmt Thain nicht teil. Im geplanten Verwaltungsrat der fusionierten NYSE Euronext ist jedoch bereits ein Platz für Mailand vorgesehen. Die US-Seite hätte dann dort nur noch eine Stimme Mehrheit, wobei strategische Entscheidungen nur mit Zweidrittelmehrheit gefällt werden dürften. Die Deutsche Börse hat laut «La Tribune» den Mailändern eine Fusion vorgeschlagen, der dann ein Zusammenschluss mit Euronext folgen solle. Die italienischen Banken und die Regierung in Rom dringen auf eine europäische Lösung unter Ausschluss der NYSE. (awp/mc/ab)