Ölpest: US-Regierung verärgert über BP

«Das ist ein BP-Schlamassel, es ist ein schreckliches Schlamassel. Es ist ein massives Umweltschlamassel.» BP müsse «ohne Begrenzung» für die Kosten infolge des Unglücks aufkommen, unterstrich Salazar. Zuvor hatte der Minister gedroht, BP die Führung beim Einsatz gegen das Desaster aus der Hand zu nehmen. Doch zugleich versucht die Regierung damit geschickt, von einem möglichen eigenen Versagen abzulenken. Wie die «New York Times» berichtete, erteilten die Behörden auch nach dem Unfall der Bohrinsel «Deepwater Horizon» vor rund fünf Wochen weitere Genehmigungen für neue Off-Shore-Bohrungen – obwohl die Regierung in Washington zunächst keine weiteren mehr vergeben wollte.


BP kommt Unfall teuer zu stehen
Der Kampf gegen die Katastrophe kostete BP bislang rund 760 Millionen US-Dollar, teilte der Konzern am Montag in London mit. Damit haben sich die Kosten innerhalb von zwei Wochen mehr als verdoppelt. BP sei bereit, mehr als die 75 Millionen Dollar für die Säuberung der US-Küsten zu bezahlen, sagte Salazar. Diese Summe schreibt das Gesetz in den USA als Obergrenze für die Haftung für wirtschaftliche Folgen von Ölunfällen vor. Experten schätzen, dass die Kosten für Reinigung und Schadenersatz in die Milliarden gehen.


Bisherige Versuche ineffektiv
Zugleich musste BP eingestehen, dass die bisherigen Operationen zur Eindämmung nicht sonderlich effektiv sind. So werde weitaus weniger Öl aufgefangen und abgepumpt, als bisher angegeben. Wie ein Unternehmenssprecher sagte, sind es nur gut 300 Tonnen – statt 700 – täglich.


Leck immer noch nicht dicht
Der ursprünglich bereits für Sonntag geplante Versuch zum Verschliessen des Bohrlochs sollte nun am Mittwoch starten, gab BP bekannt. Begründung: Die Vorbereitungen dauerten länger als angenommen. Bei der Operation – von Experten «Top Kill» genannt – werden schwere Schlamm-Massen mit hohem Druck auf das Bohrloch «geschossen». Allzu optimistisch, dass der Versuch klappt, gibt sich der zuständige BP-Manager Doug Suttles aber nicht. In einem CNN-Interview betonte er am Montag, wie kompliziert das Manöver in 1500 Meter Tiefe sei. «Wir haben noch einige andere Optionen», fügte er hinzu.


Auf Unglück nicht vorbereitet
Seit dem Unfall der Bohrinsel «Deepwater Horizon» am 20. April waren bereits mehrere Anläufe zur Bekämpfung der Ölpest gescheitert. BP musste eingestehen, keine Erfahrungen mit Öllecks in einer solchen Tiefe zu haben. Immer mehr Menschen fragen sich, wie es geschehen konnte, dass ein Ölkonzern vor der US-Küste bohren darf, ohne auf einen Unfall vorbereitet zu sein. 


Obama setzt unabhängige Kommission ein
Immer mehr, immer dickeres Öl treibt nun auf die US-Küste zu. In Louisiana sind bereits etwa 110 Kilometer verseucht, gab Gouverneur Bobby Jindal bekannt. Experten fürchten eine weitere, massive Verschmutzung von Buchten und Stränden. US-Präsident Barack Obama setzte eine unabhängige Untersuchungs-Kommission ein, die innerhalb eines halben Jahres einen Bericht über die Ursachen des Öl-Unfalls vorlegen und Konsequenzen vorschlagen soll.


US-Senatoren verlangen Untersuchung wegen Ölpest
Derweil fordern demokratische 18 US-Senatoren, dass gegen das in der Schweiz angesiedelte Ölbohrunternehmen Transocean, das die gesunkene Ölplattform im Golf von Mexiko betrieb, eine Untersuchung eingeleitet wird. Die Senatoren kritisieren die Entscheidung der Firmenleitung, seinen Aktionären eine Milliarde an Dividenden auszuzahlen. Der Beschluss war nach einer den Medien nicht zugänglichen Versammlung der Transocean-Aktionäre an die Öffentlichkeit gedrungen.


«Problematische Mitteilungen»
In einem Brief vom Montag an den amerikanischen Generalstaatswanwalt Eric Holder schreiben die Senatoren: «Wir befürchten, dass es schwieriger wird, Haftungsansprüche gegen das Unternehmen durchzusetzen, wenn soviel Geld so schnell aus der Firmenkasse in die Hände privater Investoren fliesst.» Die Mitteilungen, die der Betrieb mit Hauptsitz in Zug im Zusammenhang mit der Katastrophe im Golf bisher gemacht habe, seien «problematisch», schreiben die Senatoren in dem Brief, der der Nachrichtenagentur SDA vorliegt.


Profit aus Ölpest?
Im Senatshearing habe das Unternehmen vergangene Woche jede finanzielle Verpflichtung für die Ölpest von sich gewiesen. Gleichzeitig habe Transocean angekündigt, durch die Versicherungszahlungen 270 Millionen Profit zu machen, da die Plattform für eine grössere Summe versichert worden sei als sie Wert wäre. Die Senatoren befinden, es gehe nicht an, dass die Aktionäre von Transocean durch die Verschmutzung der Golfküste noch zu riesigen Profiten kämen. «Die Familien der Opfer, die durch die Katastrophe ruinierte Fischerei und staatliche Organisationen, die ohne Unterbruch an den Säuberungsarbeiten sind, verdienen Besseres», schreiben die Politiker an Holder.


Transocean seit 2008 in Zug domiziliert
Sie fordern den Staatsanwalt auf, schnell zu handeln. «Wir müssen sicherstellen, dass Unternehmen, die unsere natürlichen Ressourcen verschmutzen, von solchen Aktionen nicht auch noch profitieren», schliesst der Brief. Transocean verlegte 2008 seinen Sitz von den USA in den Kanton Zug – um Steuergelder zu sparen, wie US-Medien berichteten. Das Unternehmen ist seit April an der Schweizer Börse kotiert. Im Zuge der Ölkatastrophe sieht sich die Firma mit verschiedenen Klagen konfrontiert. (awp/mc/ps/03)

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