Ölpreis bleibt mit knapp 100 US-Dollar in Reichweite von Rekord
Grund für den Schub der vergangenen Tagen sind Händlern zufolge vor allem Sorgen um Angebotsengpässe. Ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im April kostete am Abend 98,90 US-Dollar. Das waren 80 Cent weniger als zum Handelsschluss am Vortag. Ein Barrel der Nordseesorte Brent verbilligte sich um 92 Cent auf 97,50 Dollar. Am späten Mittwochabend war der mittlerweile ausgelaufene März- Kontrakt für WTI-Rohöl auf einen neuen historischen Höchststand von 101,32 Dollar geklettert. Auch Brent-Rohöl war mit 99,22 Dollar so teuer wie nie zuvor.
Insbesondere politische Spannungen beherrschen laut Experten derzeit die Stimmung an den Ölmärkten. Spannungen in dem wichtigen Ölförderland Nigeria, und auch der schwelende Ölstreit zwischen den USA und Venezuela trieben die Notierungen tendenziell weiter in die Höhe. Auch das Signal der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), die Fördermengen möglicherweise zu kürzen, habe für den neuerlichen Preisschub gesorgt, hiess es.
Gemischte Lagerbestandsdaten
Die wöchentlichen Lagerbestandsdaten fielen gemischt aus. Während der Anstieg der Öl-Vorräte in den USA mit 4,2 Millionen Barrel auf 305,3 Millionen Barrel positiv überraschte, war der Rückgang bei Heizöl und Diesel (Destillate) mit 4,5 Millionen Barrel auf 122,5 Millionen Barrel hingegen unerwartet kräftig. Vor diesem Hintergrund hätten die Lagerbestandsdaten nicht für eine grundlegende Entspannung gesorgt, hiess es.
Spannungen in verschiedenen Regionen
Nach Ansicht von Experten ist die neuerliche Rekordjagd unter anderem auf den Konflikt zwischen den USA und Venezuela zurückzuführen. Venezuelas Staatspräsident Hugo Chavéz hatte den USA unlängst mit einem Ölembargo gedroht. Hintergrund ist die von Chavéz angeordnete Verstaatlichung der Ölfelder in dem südamerikanischen Staat, von der auch US-amerikanische Ölfirmen wie ExxonMobil betroffen sind. Auch die anhaltenden politischen Spannungen im ölreichen afrikanischen Staat Nigeria wirken sich auf den Ölmarkt aus. «Nigeria ist der achtgrösste Ölexporteur weltweit, Venezuela der sechstgrösste Exporteur. Dies verdeutlicht, dass die am Markt vorherrschenden Befürchtungen um eine Angebotsknappheit nicht vollends unbegründet sind», sagte Rohstoffexperte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
Nach Ansicht von Commerzbank-Experte Eugen Weinberg haben zudem Stimmen aus den OPEC-Staaten Algerien und Iran in Richtung einer Kürzung der offiziellen Förderquoten dem ohnehin vorhandenen Aufwärtstrend bei Rohöl «verbale Hilfestellung» geleistet. Die OPEC vereint etwa 40 Prozent des weltweiten Ölangebots auf sich. Zuletzt hatte sie angedeutet, dass sie ihre offiziellen Förderquoten auf dem nächsten Treffen des Kartells am 5. März in Wien konstant halten oder sogar senken könnte.
Preis fundamental nicht gerechtfertigt
Nach Einschätzung vieler Experten ist die neuerliche Rekordjagd des Ölpreises neben spekulativen Faktoren vor allem auch auf die Angst vor Versorgungsengpässen zurückzuführen. Fundamental hingegen – also anhand von Marktdaten – sei das Preisniveau kaum zu rechtfertigen. «Der fundamental zu rechtfertigende Ölpreis liegt derzeit bei etwa 85 Dollar», meint LBBW-Experte Schallenberger. Dass die OPEC aktuell Signale für eine Förderkürzung sende, sei fatal und angesichts des aktuell hohen Preisniveaus nicht nachvollziehbar. Insoweit werde das März-Treffen des Ölkartells durchaus richtungsweisend für die weitere Ölpreisentwicklung sein. «Falls die OPEC tatsächlich eine Förderkürzung beschliessen sollte, werden dreistellige Ölpreise mit Sicherheit keine Eintagsfliege bleiben», warnt Schallenberger.
OPEC-Rohöl auf neuem Rekordstand
Der Preis für Rohöl der OPEC ist am Mittwoch auf einen neuen Rekordstand gestiegen. Nach Angaben des OPEC-Sekretariats vom Donnerstag kostete ein Barrel aus den OPEC-Fördergebieten durchschnittlich 94,23 Dollar und damit 1,59 Dollar mehr als am Dienstag. Damit wurde der letzte Höchststand von 93,78 Dollar, der am 3. Januar erreicht worden war, deutlich übertroffen. Die OPEC berechnet ihren sogenannten Korbpreis auf der Basis von zwölf wichtigen Sorten des Kartells. (awp/mc/pg)