Werkschliessungen und Massenentlassungen würden die Folge sein, lauten die Befürchtungen am Mittwoch. Zugleich wächst die Kritik an der Bundesregierung, die sich schon sehr früh auf den Zulieferer Magna als Käufer festgelegt hatte. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) reagierte mit scharfer Kritik auf die Absage von General Motors an einen Opel-Verkauf. «Das Verhalten von General Motors ist völlig inakzeptabel» sowohl den Arbeitnehmern als auch Deutschland gegenüber, sagte Brüderle vor einer Kabinettssitzung in Berlin. Er forderte von GM und Opel die rasche Vorlage eines Konzepts zur Restrukturierung.
Betriebsrat fordert weeiter Unterstützung der Regierung
Der Betriebsrat sieht die Bundesregierung weiter in der Pflicht, Opel mit Geldern zu unterstützen. «Ich glaube, aus dieser Zusage kann die Bundesregierung nicht heraus. Und ich glaube, das darf sie auch nicht», sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel im WDR-5- Morgenecho. Bund und Länder wollten die Sanierung von Opel mit insgesamt 4,5 Milliarden Euro Staatshilfen fördern. In Deutschland hat Opel vier Standorte mit insgesamt etwas mehr als 25 500 Beschäftigten, europaweit sind es 54 797 Mitarbeiter. Aus Protest gegen den abgesagten Verkauf von Opel rufen Betriebsräte und Gewerkschaften die Opel-Mitarbeiter von diesem Donnerstag an zu Warnstreiks auf. «Die Veranstaltungen beginnen in Deutschland und werden sich auf ganz Europa ausdehnen», sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz der dpa.
Experten erwarten langsames Sterben
Für die Zukunft von Opel sehen Experten schwarz. Von einem «langsamen Sterben in den nächsten Jahren» sprach der Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer. «Das ist eine Entscheidung, bei der General Motors mit dem höchst denkbaren Risiko in die Zukunft geht», sagte er dem Audiodienst der dpa. «Diese Entscheidung hat, glaube ich, jeden überrascht.» Für Opel sei ein Verbleib bei GM «sehr, sehr schlecht». Dudenhöffer schliesst nicht aus, dass Opel keine Zukunft mehr hat. «Bei einer Insolvenz wären Werksschliessungen in Bochum, Kaiserslautern, Antwerpen und Eisenach ein denkbares Szenario.» Die Opel-Mutter General Motors hatte in der Nacht zum Mittwoch den geplanten Verkauf an den Zulieferer Magna überraschend abgesagt. Der US-Mutterkonzern will das Europa-Geschäft rund um Opel nun selbst sanieren und unter anderem der deutschen Bundesregierung einen Plan dafür vorlegen. Die Kosten der Restrukturierung bezifferte GM-Chef Fritz Henderson auf drei Milliarden Euro.
Belegschaft geht auf Konfrontationskurs
Der Betriebsrat geht unterdessen auf Konfrontationskurs zum Mutterkonzern. Es werde keinen Beitrag der Beschäftigten zur Sanierung von Opel geben, teilte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz in Rüsselsheim mit. Der Betriebsrat verlangt die sofortige Auszahlung von gestundeten Tariferhöhungen und hat seine Zusage zurückgenommen, dass die Belegschaft durch den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld insgesamt 265 Millionen Euro jährlich einsparen könnte. Betriebsrat Einenkel sieht dagegen die Mitarbeiter weiter in der Pflicht. «Wir werden auch weiterhin nicht davor weglaufen können, uns zu beteiligen, aber wir wollen eine ganz klare Zusage haben. Für nichts gibt es nichts», sagte Einenkel im WDR-5-Morgenecho.
Mitverantwortung der Regierung
Betriebsräte und Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen machten die Bundesregierung mitverantwortlich für das Scheitern. «Da ist sicherlich sehr Vieles sehr komisch gelaufen, ich würde sogar sagen: ein bisschen dilettantisch», sagte der Bochumer Betriebsratschef Einenkel im WDR-Interview. Die Verhandlungen mit General Motors seien nicht eindringlich genug geführt worden, warf die Fraktionsvize von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Christine Scheel im «Südwestrundfunk» der Bundesregierung vor. Es seien Staatshilfen zugesagt worden, ohne genau zu wissen wofür. Aber auch die neue Regierung trage eine Mitverantwortung. Ihr Kurs sei nicht klar genug gewesen. Die Bundesregierung müsse nun helfen, Massenarbeitslosigkeit an Opel- Standorten zu vermeiden. (awp/mc/ps/13)