Paul Griffiths, CEO Dubai Airports

von Gérard Al-Fil


Moneycab: Herr Griffiths, im vergangenen Oktober haben Sie das Terminal drei eröffnet, das auschliesslich Fluggästen der Dubaier Flugesellschaft Emirates Airline zur Verfügung steht.  Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?


Paul Griffiths: Ich denke, wir können zufrieden sein und sagen, dass wir alles zum Wohl der Passagiere organisiert und durchgeführt haben. Und das ist kein Zufall. Wir haben aus den Fehlern des Londoner Grossflughafens Heathrow gelernt und haben in Dubai die neue Abflughalle 3 in Etappen eröffnet. Sie erinnern sich: Heathrow eröffnete Ende März letzten Jahres das Terminal 5 auf Anhieb und komplett. Dies führte zu einer Verzettelung der Kräfte und überstieg die organisatorischen Fähigkeiten des Bodenpersonals. Prompt mussten 34 Flüge gestrichen werden, unzählige Gepäckstücke gingen verloren usw.


Wie sind Sie also vorgegangen?
Wir haben klar gesagt: mit dem Dubaier Terminal 3, oder T3, wie wir es nennen, versprechen wir zu Beginn lieber weniger und halten dafur am Ende mehr. Nach einer Testphase Ende September 2008, in der vom Check-in bis zum Boarding alles durchgeprobt wurde, hob am 14. desselben Monats die erste Maschine nach Doha ab. Zunächst flog Emirates Airline nur die Golfregion und die USA an. In den Phasen zwei bis vier, die sich bis März 2009 hinzogen, kamen schliesslich alle anderen Region der Welt hinzu. Unsere Strategie ist aufgegangen.


Inwiefern bereiteten Ihnen die aufziehenden dunklen Wolken der  Finanzkrise Bauchschmerzen? Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers ereignete sich ja kurz bevor Sie mit dem Terminal 3 live gegangen sind.


Offen gesagt, nicht wirklich. Wir hatten klare Prioritäten und haben an unserem Plan festgehalten. Ein neues Terminal ist eine langfristige Unternehmung, ein Mammut-Projekt. Dabei dürfen Sie sich nicht von den Schlagzeilen des Tages steuern und ablenken lassen. Wir wollten einfach keine Zeit vergeuden und die Inbetriebnahme hinauszögern. Unser Kurs hat sich ausgezahlt.


Bitte drücken Sie das Mammutprojekt T3 in Zahlen aus.


Derzeit nutzen etwa 38 Millionen Passagiere den Dubai International Aiport, der von der internationalen Luftfahrtbehörde IATA übrigens DXB genannt wird. Das neue Flughafengebäude, bei dessen Gestaltug wir besonderen Wert auf eine Wohlfühlatmosphäre mit natürlichen Gärten und viel Platz legten, verfügt über Stellplätze für 1’870 Fahrzeuge, 250 Check-in-Schalter und 100 Läden im Duty-Free-Bereich. Im kommenden September werden wir an die Magnetschwebebahn Dubai Metro angeschlossen, die voraussichtlich gleichenmonats ihre Jungfernfahrt aufnehmen wird. T3 versetzt uns die Lage, 60 Millionen Passagiere pro Jahr abzufertigen. Damit rücken wir etwas näher an London Heathrow heran, wo 68 Millonen Passagiere im Jahr ein- und ausfliegen. Mit der in Bau befindlichen Landebahn 3 werden wir ab 2011 sogar eine Kapazität von 75 Millionen Reisenden haben und London übertreffen. Hinzu kommen diverse Erweiterungen, die bis 2018 dauern werden, sodass wir zum Ende der nächsten Dekade auf 80 Millionen Flugreisende hochgehen können.


«Wir stehen als Nummer sechs unter den Top-10 und mit einem leichten Plus nicht nur gut da, sondern sind sogar der einzige Flughafenbetreiber, der einen Zuwachs verbuchen konnte.»
Paul Griffith, CEO Dubai Airports


Muss man augrund der Wirtschaftskrise aber zunächst nicht kleinere Brötchen backen? Wie sind Sie in 2009 gestartet?


Im ersten Quartal 2003 verzeichneten wir trotz der wirtschaftlich angespannten Lage, einen Passagierzuwachs von 2,3 Prozent. Wenn Sie dies mit den Top-10 der Flughäfen weltweit vergleichen, so hatten diese einen Rückgang von 15 Prozent. Wir stehen als Nummer sechs unter den Top-10 und mit einem leichten Plus nicht nur gut da, sondern sind sogar der einzige Flughafenbetreiber, der einen Zuwachs verbuchen konnte.


Und die Schweinepest?


Wir haben selbstverständlich eigene Vorsichtsmassnahmen getroffen. Passagiere aus bestimmten Regionen wurden «gescreent». Wir haben im Mittleren Osten deswegen aber nicht wirklich einen Rückgäng im Passagieraufkommen verzeichnet. Im April stieg das Aufkommen bei uns sogar um 6,5% im Vergleich zum Vormonat.


Die meisten Dubai-Reisenden sind begeistert vom Flughafen, den Luxushotels und den Shopping-Zentren, sie äussern aber zugleich den Wunsch nach einem besseren Service.


Eine hohe Qualität bei Dienstleistungen durchzusetzten und aufrechtzuerhalten sind in der Tat ganz besondere Herausforderungen in der Golfmetropole Dubai. Dass es mit dem Service hier und da noch hapert, liegt einfach an unserem Mix aus Mitarbeitern aus sehr vielen Nationen. Wir sehen selbstverständlich noch Handlungsbedarf, unseren Service zu verbessern. Dazu haben wir ein eigenes Service Development Team geschaffen. Dieses Team schult das Bodenpersonal und beurteilt anhand von messbaren Kriterien die Qualität der Dienstleistungen. Wir haben auch ein Feedback ?System für die Passagiere….


… was es in Dubai nicht überall gibt,…


… richtig, und es ist auch komplizierter als man annimmt. Denn wenn Sie als Fluggast den Service am Flughafen beurteilen, gehört nicht jeder Mitarbeiter, mit dem Sie in Kontakt treten, zu unseren 3?400 Angestellten der Firma Dubai Airports. Dies trifft gerade in der «Front-Line» zu, also bei zahlreichen Angestellten, mit denen sie als Fluggast sprechen. Viele der Mitarbeiter stehen beispielsweise auf der Lohnliste der Fluggesellschaften selbst. Hinzu kommen etliche Drittparteien wie Reiseagenturen, Chauffeurdienst-Unternehmen, Sicherheitsdienste, Zollbehörden etc., um nur einige zu nennen, die nicht unter unserem direkten Aufsichtsbereich fallen.


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Wir gross ist Ihr Einfluss auf diese externen Geschäftspartner?


Wir haben natürlich Einfluss auf die Unternehmen, die sich an unserem Flughafen ansiedeln. Allerdings sind wir nicht direkt in deren Linien-Management eingebunden.


Ich selber habe das Terminal 3 Anfang Mai zum ersten Mal genutzt, als ich nach Peking flog. Ich  wollte noch schnell eine Reisekrankenversicheurung abschliessen. Leider war nirgendwo eine erhältlich. Wären Sie offen dafür, ein paar Banken und Assekuranz-Filialen am Flughafen anzusiedeln?


Dies ist für uns natürlich bedaurlich, und ich bin auch ein wenig überrascht, das zu hören. Ich nehme Ihren Vorschlag aber gerne auf. In der Tat planen wir so etwas schon lange unter dem Dach der Wechselstuben. Dabei sollen nicht nur Versicherungs-Policen angeboten werden, sondern eine ganze Reihe an Financial Services wie Kreditkarten, Geldüberweisungen und der dergleichen mehr.


Ein Ausängeschild des «DXB» ist der beliebte Dubai Duty Free-Bereich, der von Colm McLoughlin vor 25 Jahren gegründet wurde, und den er bis heute führt. Ist er Ihnen unterstellt?


So könnte man es vermuten. Als CEO der Dubai Aiports bin ich jedoch allein für die Operationen am Flughafen verantwortlich. «Dubai Duty Free» ist eine eigenständige Division innerhalb der Dubai Airport-Gruppe und mir nicht persönlich unterstellt. Wir beide, Colm McLaughlin und ich, berichten direkt an den Chairman der Dubai Airports, also an Seine Hoheit Sheikh Ahmed Bin Saeed Al-Maktoum. Sheikh Ahmed ist auch Chef der Fluggesellschaft  Emirates Airline. Colm und ich arbeiten sehr eng zusammen. Wir sind offensichtlich voneinander abhängig und so entwerfen wir ständig gemeinsame Konzepte, wie wir den Service am Airports verbessern können. Dubai Duty Free generiert schliesslich einen nicht unerheblichen Anteil am Gesamtumsatz, den DXB abwirft. Wir haben in den vergangenen Monaten beispielsweise das alte Terminal 2 modernisiert. Dort stieg die Zahl der Check-In-Schalter von 22 auf 36, und es kamen 3,437 Quadratmeter Fläche hinzu für mehr Boutiquen und neue Gastro-Betriebe.


Wieviele Fluggesellschaften steuern Dubai eigentlich an?


Derzeit fliegen 125 Fluggesellschaften nach DXB. Der Flughafen ist in seiner Vernetzung aus der Region Mittlerer Osten herausgewachsen. In den letzten Jahren sind insbesondere neue Verbindungen in die USA und in die Volksrepublik China hinzugekommen.


«Der Maktoum International Aiport oder Dubai World Central ist als der grösste Flughafen der Welt konzipiert. Hier wird die Zukunft des Golf-Emirats als Hub liegen.»
Paul Griffith, CEO Dubai Airports


125 Airlines aus aller Welt – wieviele weitere Kandidaten könnten Sie da noch verkraften? Wo liegt Ihr Limit?


Die Frage ist absolut berechtigt, aber es gibt tatsächlich keine Obergrenze für die weitere Entwicklung. Diese Zahl ist auch nicht das entscheidende Kriterium. Es geht um einen guten Service, um Kapazitäten und um Dubais Rolle als Drehkreuz zwischen West und Ost.


Das Terminal 3 ist kaum eröffnet, da steht schon ein ganz neuer Flughafen vor der Tür. Was können Sie uns über ihn schon verraten?


Ja, der Maktoum International Aiport oder Dubai World Central ist als der grösste Flughafen der Welt konzipiert. Hier wird die Zukunft des Golf-Emirats als Hub liegen. Er wird im Juni 2010  in Betrieb gehen, zunächst mit nur einer Landebahn. Die anfängliche Aufnahmekapazität wird bei 9 Millionen Passagieren liegen und einer Millionen Tonnen Frachtgut. Die Endziele lauten: 160 Millionen Fluggäste und 14 Millionen Tonnen Frachtgut. Es ist aber noch nicht entschieden, ob Dubai in Zukunft zwei Flughäfen parallel betreiben wird. Wir müssen in beide Airports investieren. Sie können sich anhand der Projektionen ausmalen, dass der Maktoum Airport zu den grössten Herausforderungen gehört, vor denen die Golf-Emirate stehen.


Als grösste Herausforderung sehen Politiker, Wirtschaftsführer und Arbeitnehmer weltweit zunächst die Finanz- und Wirtschaftskrise. Der freie Fall der Global Economy sei aber erstmal gestoppt, so heisst es. Wann glauben Sie, folgt der Turnaround?


Das ist sehr schwer zu beanworten. Die Ungewissheit ist gross, kein Zweifel. Wir sehen aber auch Tendenzen der Stabilisierung. Was die Dubai Airports angeht, so verfolgen wir primär unsere Ziele und schauen dann auf das Umfeld. Ich glaube, man darf in der jetzigen Situation nicht den Fehler begehen, von seinen Zielen vollständig abzurücken. Die kann Ihnen am Ende mehr Geld kosten, in Form von entgangenen Eträgen. T3 hat Baukosten in Höhe von 4,5 Milliarden Dollar verschlungen. Das Ende der Fahnenstange im Budget? Wir bleiben finanziell gut ausgestattet. Auch unserer Ausgabenplan ist intakt.


Wo sehen Sie als westlicher Manager die spezielle Herausforderung in Dubai als Station in ihrer Karriere, unabhängig vom Konjunkturzyklus?


In Dubai müssen Manager aus unseren Breitengraden einfach akzeptieren, dass sie sich nicht in Europa befinden. Ich habe für meine Aufgabe ausreichend Erfahrung mitgebracht, schliesslich war ich zuvor CEO des Londoner Flughafens Gatwick und verfüge zudem über 14 Jahre Führungserfahrung bei einer Fluggesellschaft, genauer gesagt bei der Virgin Group. Nur: Sie können hier im Nahen Osten ihre Entscheidungen nicht in einem Stil treffen und Ziele einfordern, wie sie für Sie und für mich als gewöhnlich gelten würden. Die Ziele sind freilich die gleichen. Der Unterschied ist die Art und Weise, wie man sie den Miitarbeitern artikuliert und sie dazu bringt, für Sie an einem Strang zu ziehen. Die Management-Techniken erfordern in Dubai viel mehr Zeit und Geduld, und man muss permament dazulernen, um die lokale Kultur verstehen.


Herr Griffiths, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.





Der Gesprächspartner

Paul Griffiths wurde am 1. Oktober 2007 zum ersten CEO der Dubai Airports berufen, die infolge einer Neustrukturierung des Dubai Department of Civil Aviation (DCA) als kommerzieller Geschäftsbereich geschaffen wurde. Zuvor war der Brite Manager des London Gatwick Airport. Bei Virgin Atlantic, der Fluggesellschaft des bekannten Unternehmers und Milliardärs Sir Richard Branson, war Griffiths zuletzt Executive Director. Griffiths st eine begeisteter Organist und trat mit seiner Orgel schon auf zahlreichen Contests auf. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. 

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