Paul Hälg, CEO Dätwyler-Gruppe: Veränderungen in der Zusammensetzung des Portfolios sind kein Thema

Von André Schäppi


Herr Hälg, wie haben sich die für Dätwyler wichtigen Rohstoffe im abgelaufenen Jahr preismässig entwickelt?


Der Anstieg der Rohstoffpreise war auch 2005 ein Thema. Für Dätwyler besonders relevant sind Stahl, Kupfer sowie Erdöl als Basis für Elastomer. Die Weitergabe der Preiserhöhungen ist nur zeitverzögert möglich.


Traditionellerweise verzeichnen die für die Dätwyler Gruppe relevanten Märkte in der zweiten Jahreshälfte eine schwächere Nachfrage. Gilt das auch für 2005?


Das schwächere zweite Halbjahr erklärt sich dadurch, dass sowohl die Sommerferien als auch Weihnachten in die zweite Jahreshälfte fallen. In diesen beiden Zeitabschnitten laufen die Fertigungswerke unserer Industriekunden vielerorts mit reduzierten Kapazitäten. Dies war auch 2005 so.


«Dätwyler wird langfristig keine Geschäfte mit ungenügender Rentabilität betreiben» Paul Hälg, CEO Dätwyler-Gruppe


Welche Marktentwicklungen sehen Sie für 2006 und welche Erwartungen haben Sie für die Dätwyler Gruppe?


Die diversen Konjunkturforschungsstellen haben in den vergangenen Wochen ihre Wachstumsprognosen für unsere geographischen Hauptmärkte Schweiz und Deutschland erhöht. Falls die prognostizierte Konjunkturerholung in diesen beiden Ländern eintritt, werden wir davon profitieren. Angesichts der im weltweiten Vergleich tiefen Wachstumsraten ist Euphorie jedoch fehl am Platz. Dies gilt auch für die globale Automobilindustrie, die auf hohem Niveau stagniert. Mit weiterem Wachstum rechnen wir im Pharmamarkt, in dem wir in der Nische von Verschlüssen für flüssige Arzneimittel weltweit die Nummer zwei sind.


Ende November hatten Gerüchte die Runde gemacht, Dätwyler wolle sich auf neu auf drei Geschäftsfelder Rohre, Handel und Verpackung ausrichten oder aber den Verpackungsbereich verkaufen. Ist das Portfolio nach wie vor kein Diskussionsthema?


Veränderungen in der Zusammensetzung des Dätwyler-Portfolios sind nach wie vor kein Thema. Die Dätwyler Gruppe ist ein Multi-Nischenplayer, der in allen Bereichen viel Potenzial hat. Über 70% unseres Umsatzes erwirtschaften wir in globalen oder regionalen Nischen, in denen wir unter den führenden drei Anbietern sind. Viele dieser Nischen haben ein Potenzial von nur einigen 100 Millionen Franken. Darum macht eine Ansammlung solcher Nischen in einer Gruppe durchaus Sinn und bietet dem Investor einen interessanten Risikoausgleich. Die bearbeiteten Nischen bilden eine gute Basis für den weiteren Ausbau unserer Aktivitäten.


Welche Bedingungen müssten denn für einen derartigen Schritt erfüllt sein?


Dätwyler wird langfristig keine Geschäfte mit ungenügender Rentabilität betreiben. Wenn sich zeigen sollte, dass wir die bestehenden Konzernbereiche mittelfristig nicht nachhaltig profitabel führen können, werden wir strategische Alternativen prüfen.


Umgekehrt, wie sieht es aktuell mit Akquisitionsprojekten aus und in welcher Grössenordnung könnten sie liegen?


Das Prüfen von Akquisitionsprojekten gehört zur ständigen Aufgabe des Managements. Dabei handelt es sich um potenzielle Möglichkeiten zur Stärkung von bestehenden Marktpositionen, wobei die finanzielle Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Der zugekaufte Umsatz würde bei allen geprüften Projekten CHF 50 Millionen nicht übersteigen.


$$PAGE$$


Nach einem schwachen Start im letzten Jahr hat sich das Geschäft im Konzernbereich Kabel+Systeme im ersten Halbjahr 05 stabilisiert: Bei höheren Mengen, aber tieferen Preisen ging der Umsatz um 2.0% auf CHF 83.6 Mio. (i.V. CHF 85.3 Mio.) zurück. Dazu haben verschiedene Massnahmen wie Kostensenkungen und Produktivitätssteigerungen beigetragen. Wird der Bereich den Turnaround schaffen?


Der Konzernbereich Kabel+Systeme ist gemäss unserer internen Planung auf Turnaroundkurs. Massnahmen zur Kostensenkung sowie verschiedene Wachstumsprojekte tragen erste Früchte.


Der Konzernbereich Technische Komponenten ist mit verschiedenen Schwierigkeiten wie stagnierende Nachfrage sowie anhaltendem Wettbewerbs- und Margendruck konfrontiert. Wie wirken sich die eingeleiteten Prozess- und Strukturverbesserungen aus?


Aufgrund verschiedener Restrukturierungskosten und Investitionen wurde der Konzernbereich Technische Komponenten in der jüngeren Vergangenheit unter seinem Wert geschlagen. Neben eingeleiteten Rationalisierungsmassnahmen hat nun Mitte 2005 das neue Logistikzentrum für den Fachhandel in Dübendorf den Betrieb aufgenommen. Wir sind zuversichtlich, in diesem Konzernbereich mittelfristig an die guten Jahre anknüpfen zu können.


Die Dätwyler Gruppe hat letztes Jahr eine Ebit-Marge von lediglich 3,8% erreicht, peilt aber in den nächsten Jahren eine Ebit-Marge von 8% an. Ist dieses aufgrund der aktuellen Situation ambitionierte Ziel nach wie vor realistisch?


Eine Ebit-Marge von 8% ist ein mittelfristiger Zielwert und basiert auf Benchmark-Analysen unserer führenden Konkurrenten in den jeweiligen Konzernbereichen. Das Ziel ist sehr ambitiös; wir sind aber aufgrund unserer internen Planung auf Kurs.





Zur Person

Paul J. Hälg hat seine Aufgabe als CEO der Dätwyler-Gruppe im zweiten Halbjahr 2004 angetreten. Davor war der 51-jährige Hälg während zweieinhalb Jahren Mitglied der Forbo Konzernleitung und als Leiter des Geschäftsbereichs Klebstoffe (Adhesives Business) tätig. Vor seinem Engagement für die Forbo Gruppe war der Schweizer Staatsbürger Paul J. Hälg während 15 Jahren bei Gurit-Essex (Gurit-Heberlein Gruppe) tätig, zuletzt als CEO. Paul J. Hälg schloss sein Chemiestudium an der ETH Zürich 1981 mit dem Doktortitel ab.

Das Unternehmen

Die Dätwyler Gruppe ist ein international ausgerichteter Mischkonzern, tätig als industrieller Zulieferer und Distributor technischer und elektronischer Komponenten. Dabei konzentriert sich der Konzern auf attraktive Märkte und Nischen, die ein profitables Wachstum ermöglichen. Mit den fünf Konzernbereichen Kabel+Systeme, Gummi+Kunststoffe, Präzisionsrohre, Pharmazeutische Verpackungen und Technische Komponenten bedient er die Kernmärkte Automobil, Telecom und Pharma sowie die Maschinen- und Bauindustrie. Innovative Lösungen und die Positionierung als kompetenter Entwicklungspartner der Kunden bilden die Pfeiler der Strategie. Die Dätwyler Gruppe mit Sitz in Altdorf (Schweiz) erwirtschaftet mit 4 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund CHF 1100 Mio. Umsatz; zwei Drittel davon im Ausland.
Exit mobile version