Denn dieses ermögliche es, Turbulenzen an den Finanzmärkten und schwankende Deckungsgrade zu verkraften, wie die Credit Suisse in einer Mitteilung zur Studie ihrer Ökonomen zum Anlageverhalten von Schweizer Pensionskassen schreibt. Dabei zeigte sich, dass der in politischen Diskussionen oft im Zentrum stehende Deckungsgrad die Anlagestrategien der Pensionskassen wesentlich beeinflusst. Die Studie kommt zudem zum Schluss, dass die Pensionskassen ihr Vorsorgekapital im Allgemeinen relativ effizient investieren. Dennoch besteht bei der Allokation der Anlagen Verbesserungspotenzial, denn die vorhandenen Diversifikationsmöglichkeiten könnten noch besser genutzt werden. Die Studie zeigt des Weiteren mittels Modellrechnungen auf, wie stark sich Veränderungen in den Lebens- und Renditeerwartungen auf die Höhe des Umwandlungssatzes auswirken.
Finanzmärkte im Bereich berufliche Vorsorge von grosser Bedeutung
Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse an den Finanzmärkten wird intensiv über die finanzielle Situation der Pensionskassen diskutiert. Tatsächlich nehmen die Finanzmärkte im Schweizer System der beruflichen Vorsorge eine bedeutende Rolle ein. Ihnen kommt faktisch die Funktion des «dritten Beitragzahlers» ? neben Arbeitgeber und Arbeitnehmer ? zu. Bereits eine durch die Pensionskasse erzielte Mehrrendite auf dem Anlagevermögen von 1% erhöht langfristig die Altersrente um 20%. Das Anlageverhalten der Pensionskassen hat somit für die Finanzkraft der Vorsorgeinstitute, aber auch für die langfristige Sicherung der Altersvorsorge in der Schweiz weit reichende Bedeutung. In ihrer heute publizierten Studie haben die Ökonomen der Credit Suisse untersucht, nach welchen Kriterien und wie effizient die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen ihr Anlagevermögen von insgesamt rund CHF 600 Mrd. einsetzen.
Deckungsgrad beeinflusst Anlageverhalten erheblich
Die Studie der Credit Suisse untersucht die verschiedenen Faktoren, welche für die Anlagestrategie von Pensionskassen bestimmend sind, wie z.B. Altersstruktur der Versicherten, Rechtsform der Vorsorgeeinrichtung, Deckungsgrad sowie das für die Festlegung der Versicherungsleistungen anwendbare Primat (Beitrags- oder Leistungsprimat). Die Ergebnisse bestätigen, dass der in politischen Diskussionen oft im Zentrum stehende Deckungsgrad das Anlageverhalten wesentlich beeinflusst: Je höher der Deckungsgrad einer Pensionskasse ausfällt, desto grösser ist der Aktienanteil ihres Portfolios. Dies lässt sich dadurch erklären, dass mit einem höheren Deckungsgrad und somit einem robusteren finanziellen Polster auch die Fähigkeit zum Eingehen von Anlagerisiken steigt. Die Portfolios der untersuchten Pensionskassen wiesen denn auch mit jeder Erhöhung des Deckungsgrades um einen Prozentpunkt einen um 0,31 Prozentpunkte erhöhten Aktienanteil auf. Im Zusammenhang zwischen Deckungsgrad und Aktienanteil des Anlageportfolios liegt aber auch ein erheblicher Nachteil: So kann ein starker Einbruch an den Aktienmärkten zu einem geringeren Deckungsgrad führen, womit auch die Risikofähigkeit der Pensionskasse abnimmt. Als Konsequenz müssen Aktien in fallenden Märkten allenfalls verkauft werden, was nicht nur eine Realisierung von Verlusten bedeutet, sondern den Abwärtstrend am Aktienmarkt verstärken und zu noch tieferen Kursen führen kann.
Spannungsfeld von Sicherheit, Liquidität, Ertrag und Diversifikation
Neben kassenspezifischen Faktoren beeinflussen auch gesetzliche Anforderungen die Anlagestrategie von Schweizer Pensionskassen, in erster Linie die Anlagevorschriften gemäss Bundesgesetzgebung über die berufliche Vorsorge (BVG). Diese regelt massgeblich die Grundsätze der Vermögensverwaltung, indem sie vier Zielkomponenten definiert: Sicherheit, genügender Ertrag, angemessene Verteilung der Risiken und Deckung des Bedarfs an flüssigen Mitteln. In diesem Spannungsfeld bildet die Steuerung der Pensionskassenbilanz unter Berücksichtigung von Aktiven und Passiven (Asset-Liability-Management) einen Grundpfeiler zur Umsetzung der Anlagevorschriften. Eine zentrale Bedeutung hat zudem der gesetzliche Mindestzinssatz, zu welchem die Pensionskassen das Alterskapital der Versicherten zu verzinsen haben. Wird dieser über der aktuellen Rendite einer «risikolosen» Anlage angesetzt, ist die Vorsorgeeinrichtung gezwungen, in riskantere Anlagen zu investieren, um eine höhere Rendite zu erwirtschaften. Umgekehrt kann ein sehr tiefer Mindestzinssatz dazu verleiten, dass Pensionskassen zu defensiv anlegen, mit entsprechend nachteiligen Auswirkungen auf ihre Rendite.
Pensionskassen relativ effizient investiert, aber mit Verbesserungspotenzial
Die Studie zeigt, dass die Schweizer Pensionskassen im Allgemeinen im Rahmen der geltenden Anlagerichtlinien relativ effizient investiert sind und die wesentlichen Erkenntnisse der modernen Portfoliotheorie berücksichtigen. Diese sollte denn auch gerade für langfristig orientierte Pensionskassen nach wie vor die Basis für deren Anlageentscheide bilden. Mit Blick auf die erreichten Renditen seit 1985 kommen die Experten der Credit Suisse allerdings zum Schluss, dass durchaus noch Verbesserungspotenzial besteht. So könnten bei der Asset Allocation, d.h. der Verteilung der Gelder auf verschiedene Vermögensklassen, die vorhandenen Diversifikationsmöglichkeiten noch besser genutzt werden. Im Ergebnis würden so Pensionskassen bei gleichem Risiko eine höhere Rendite erzielen, oder die angestrebte Rendite wäre auch mit einem kleineren Risiko zu erreichen. Kritiker glaubten, dass die Grundfesten der modernen Portfoliotheorie durch die Finanzmarktkrise widerlegt wurden, weil das Prinzip der Diversifikation nicht wie erwartet funktioniert hat. Diese Argumentation greift aber zu kurz. So haben im Krisenjahr 2008 Schweizer Aktien eine Negativperformance von rund 34% verzeichnet, während Obligationen ein Plus von etwa 9% erreichten. Hinzu kommt, dass die Erkenntnisse der modernen Portfoliotheorie auf einer langfristigen Perspektive fussen und nicht aufgrund einzelner Krisenjahre widerlegt werden können. Wie eine historische Betrachtung zeigt, ist es gerechtfertigt, für unterschiedliche Anlageklassen auch unterschiedliche erwartete Risiko-Rendite-Profile und vor allem unterschiedliche Korrelationen ? das Herzstück der modernen Portfoliotheorie ? anzunehmen.
Langfristige Perspektive im Vordergrund
In der jüngsten Finanzmarktkrise wurden die Auswirkungen der Kapitalmärkte auf den Deckungsgrad der Vorsorgeeinrichtungen besonders deutlich. Der Einbruch der Kapitalmärkte im letzten Jahr führte denn auch zu einer Unterdeckung zahlreicher Pensionskassen. In diesem Zusammenhang rufen die Experten der Credit Suisse aber in Erinnerung, dass das System der beruflichen Vorsorge auf einem langen Zeithorizont basiert. Eine langfristige Ausrichtung und ein angemessenes Anlageverhalten erlaubt es den Pensionskassen durchaus, Finanzmarktturbulenzen und entsprechend schwankende Deckungsgrade zu verkraften.
Finanzmarktkrise führt international zu Anpassungen der Anlagevorschriften
Ein Blick über die Landesgrenzen hinweg zeigt, dass die unterschiedlichen staatlichen Anlagevorschriften ? beispielsweise in Bezug auf den Anlagekatalog, die Deckungserfordernisse oder Vorschriften zur Bewertung von Aktiven und Passiven ? auch zu Unterschieden in der Anlagestrategie von Vorsorgeeinrichtungen führen können. Im Krisenjahr 2008 fielen denn auch die Anlageergebnisse international verschieden aus, wobei in Ländern wie z.B. Irland oder den USA, in denen Pensionskassen über einen hohen Aktienanteil verfügten, die Vorsorgeeinrichtungen am stärksten von den Börseneinbrüchen betroffen waren. Die Schweizer Pensionskassen mit ihren ausgewogeneren Portefeuilles lagen hingegen im internationalen Vergleich im besseren Mittelfeld. Trotz der negativen Anlageergebnisse wird auch in internationalen Reformdiskussionen die langfristige Perspektive der Pensionskassen betont. Insbesondere Vorschriften, die ein prozyklisches Anlageverhalten fördern, wurden im Zuge der Finanzmarktkrise vermehrt in Frage gestellt und in zahlreichen Ländern bereits revidiert, z.B. im Bereich der Bewertungsregeln für einzelne Bilanzpositionen oder bei Vorschriften zum Deckungsgrad.
Renditeerwartung massgeblich für Bestimmung des Umwandlungssatzes
Ein Thema, das in der Schweiz im Zusammenhang mit der Unterdeckung von Pensionskassen regelmässig diskutiert wird, ist die Höhe des Umwandlungssatzes. Dieser legt fest, wie hoch die jährliche Altersrente aus dem individuell angesparten Altersguthaben eines Versicherten ausfällt. Die Höhe des Umwandlungssatzes wird wesentlich von der Lebenserwartung der Versicherten und den auf dem Altersguthaben erzielbaren Renditen ? ausgedrückt durch den technischen Zinssatz ? bestimmt. Mittels Modellrechnungen zeigt die Studie der Credit Suisse, wie stark sich Veränderungen in den Lebens- und Renditeerwartungen auf die Höhe des Umwandlungssatzes auswirken. Dabei fällt auf, dass Veränderungen beim technischen Zinssatz die Höhe des Umwandlungssatzes sehr stark beeinflussen: Eine Veränderung des technischen Zinssatzes um 0,5 Prozentpunkte beeinflusst den Umwandlungssatz um etwa 0,3 Prozentpunkte. Die Annahmen über zukünftig auf dem Anlagekapital der Pensionskassen erzielbaren Renditen werden deshalb die Bestimmung des Umwandlungssatzes entscheidend prägen. (cs/mc/ps)