Peter E. Braun, CEO iQ Power: «Erforderlich ist ein Energiemanagement-System, welches auf den aktuellen Ladezustand und den Fahrmodus abgestimmt ist und gleichzeitig die Batterieperformance verbessert»
von Patrick Gunti
Herr Braun, wenn mein Wagen nach einer kalten Winternacht nicht mehr anspringt, ist wohl die Batterie schuld, richtig?
Ja, häufig ist eine zu schwache Batterie die Ursache. Ein Autofahrer erwartet nun mal, dass sein Fahrzeug jederzeit anspringt und einsatzbereit ist. Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn das Auto den Fahrer frühzeitig über einen ungenügenden Ladezustand der Batterie informieren würde.
Die Batterie ist mit grossem Abstand die häufigste Pannenursache. Wo liegt das Problem?
In den Autos gibt es heute immer mehr elektrische und elektronische Komfortfunktionen sowie sicherheitsrelevante Systeme. Das führt zu einem steigenden elektrischen Energiebedarf in den Fahrzeugen. Eine Vielzahl von Steuergeräten führt oft zu einer schnellen Entladung der Batterie im Stand, selbst bei ausgeschalteter Zündung. Beides zusammen führt zu Problemen mit der Batterie. Vereinfacht ausgedrückt liegt es daran, dass einer Batterie heute sehr oft deutlich mehr elektrische Energie entzogen wird, als wieder in sie zurückgeladen werden kann. Die Energiebilanz ist also negativ. Das macht sich vor allem in der kalten Jahreszeit bemerkbar.
Einfach immer grössere Batterien einzubauen wie bisher löst das Problem nicht. Erforderlich ist ein Energiemanagement-System, welches auf den aktuellen Ladezustand und den Fahrmodus abgestimmt ist und gleichzeitig die Batterieperformance verbessert. Hier setzen unsere Produkt- und Systemlösungen an.
«Energiespeicher-Systeme stellen lediglich einen Teil unseres geplanten Produktportfolios dar, wenngleich einen wesentlichen.» (Peter E. Braun, CEO iQ Power)
Die Kernkompetenz von iQ Power ist die ausfallsichere Versorgung moderner Automobile mit elektrischer Energie. Was unterscheidet die von Ihrem Unternehmen entwickelten Energiespeichersysteme von den heute noch eingesetzten Standard-Produkten?
Der Unterschied ist sehr erheblich, denn die Leistungsfähigkeit unserer Energiespeicher ist bis zu 40% höher, als die der heute eingesetzten Standard-Produkte. iQ Power nutzt zwar die gleiche Kerntechnologie der heutigen Autobatterie und die Elektrochemie des Blei / Säure-Prozesses – nicht zuletzt wegen der Preisvorteile und der Robustheit des Blei/Säure-Prozesses. Aber durch die von uns eingesetzten Massnahmen nutzen wir das Leistungspotenzial des Blei/Säure-Prozesses wesentlich besser aus. Schädliche Einflussfaktoren wie extreme Temperaturen oder die Auswirkungen der Gravitation werden gedämpft oder beseitigt. Bei den heute eingesetzten Standard-Produkten schädigen Temperaturen über 50°C eine Batterie, während die Rückladung bei Kälte ab Null Grad und tiefer stark eingeschränkt wird.
Darüber hinaus können wir fortlaufend den Status der Batterie erfassen. Wir haben daher immer eine optimale Kenntnis vom Zustand des Energiespeichers. Dies ist die Grundvorraussetzung für ein effizientes Energiemanagement im Fahrzeug.
Wichtig ist anzumerken, dass das Thema Energiespeicher-Systeme lediglich einen Teil unseres geplanten Produktportfolios darstellt, wenngleich einen wesentlichen. Andere Produktfelder wie z.B. Steuergeräte oder Software sollen weitere Bereiche rund um das Thema «Energie-Management» für künftige Fahrzeuggenerationen abdecken.
Zum Thema Energiespeicher: Können Sie die kurz erläutern, wodurch sich Ihre Produkte unterscheiden?
Gerne. Wir nutzen beispielsweise die Beschleunigungskräfte, wie sie beim Fahren eines Autos auftreten, um mit Hilfe passiver Bauteile den Elektrolyt in der Batterie umzuwälzen. Eine thermische Isolation dämpft Temperaturspitzen im Tag/Nachtausgleich, eine elektronisch gesteuerte Folienheizung temperiert den Elektrolyt beim Fahren. Wir sind heute in der Lage, unsere Batterien mit Hilfe von Mikroelektronik und Software zu sensieren und über Funktionsgrad und Energie-status unserer Energiespeicher eine sehr zuverlässige Aussage zu treffen. Diese Information kann wiederum dem Bordcomputer im Fahrzeug und einem Energiemanagement mitgeteilt werden, um entsprechend zu reagieren, oder auch dem Fahrer angezeigt werden. In beiden Fällen wird es zu einem unvorhersehbaren und plötzlichen Ausfall des Fahrzeugs, wie dies heute der Fall ist, nicht mehr kommen. Dies ist ein sehr wichtiger Kundennutzen.
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Ihr konkretes Ziel ist es, iQ Power weltweit zu einem der führenden Anbieter von intelligenten Energiespeicher- und management-Systemen zu machen. Wie wollen Sie die Märkte durchdringend erobern?
Unsere Strategie basiert auf dem dreistufigen Geschäftsmodell von iQ Power AG. Zum einen werden wir Technologie-Lizenzen an Batteriehersteller vergeben, die sich durch die eben genannten Vorteile einen Wettbewerbsvorteil verschaffen möchten. Zum anderen wird iQ Power selber Batterien produzieren und auch vermarkten. Und drittens ist das serviceorientierte Geschäftsfeld Engineering-Services und Consulting zu nennen.
Es ist ein sehr weiter Weg von einer Vision bis zur Marktdurchdringung – welches sind die grössten Hindernisse, die sich Ihren Systemen auf dem Weg zum Industriestandard in den Weg stellen?
Der globale Markt ist heute unter grossen Akteuren und Produzenten aufgeteilt. Die Markteintrittsbarrieren sind entsprechend hoch und erschweren natürlich unseren Markteintritt. Auch gelten in Europa, Nordamerika und Asien für die Produkte unterschiedliche Standards und Normen. Allerdings sind wir bei den Themen technische Überlegenheit sowie monetärer Kundennutzen sehr gut aufgestellt, so dass wir sehr zuversichtlich sind, diese Hindernisse zu meistern.
Über ein Joint Venture ist 2005 der Einstieg in Südkorea, einem der wachstumsstärksten Automobilmärkte der Welt, erfolgt. Derzeit entsteht in Gwangju die Fabrik von iQ Power Asia, mit einer Startkapazität von 3,5 Mio. Energiespeicher-Systemen jährlich. Bei welchen Herstellern gelangen diese Systeme zum Einsatz?
iQ Power Asia ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem koreanischen Industriekonsortium, bei welchem die iQ Power AG der Minderheitsaktionär ist. Dem koreanischen Management unterliegt u. a. der Bereich Marketing & Vertrieb. Deshalb können wir nur sehr eingeschränkt vertriebsrelevante Aussagen über den koreanischen Markt machen. Generell sieht nach unserer Kenntnis das Geschäftsmodell als Absatzmärkte für iQ-Produkte den Bereich der Erstausrüstung, den Absatzmarkt für Sonderfahrzeuge, sowie das Ersatzgeschäft im so genannten Aftermarket vor. Im Ersatzgeschäft geht es um den Verkauf unserer Energiespeicher-Systeme über den Handel. Dieses Segment stellt nach unserer Einschätzung langfristig den grösseren Absatzmarkt für unsere Produkte dar. Wie es auch in anderen Unternehmen üblich ist, ist es uns nicht gestattet, über potenzielle Kunden zu berichten.
«Der globale Markt ist heute unter grossen Akteuren und Produzenten aufgeteilt. Die Markteintrittsbarrieren sind entsprechend hoch und erschweren natürlich unseren Markteintritt.» (Peter E. Braun)
Das europäische Pendant zu Gwangju entsteht in Dortmund. Was waren die entscheidenden Argumente für diesen Produktionsstandort?
Es mag überraschen, dass wir ausgerechnet in Deutschland einen Produktionsstandort errichten. In Deutschland ist die Dichte der Automobilzulieferer innerhalb Europas besonders hoch. Wir haben die räumliche Nähe zu unseren potenziellen Kunden ausgesucht, um ihnen die Qualitätsprüfung unserer Produkte zeitnah ermöglichen zu können. Deshalb entsteht in Dortmund eine Musterfabrik der iQ Power AG im Sinne einer Vorzeigeproduktion. Dortmund bietet vor allem eine sehr überzeugende Industrieansiedlungspolitik und verfügt über hervorragende infrastrukturelle Vorraussetzungen. Hinzu kommen das Potenzial an hoch qualifizierten Mitarbeitern wie beispielsweise Ingenieure sowie eine ausgezeichnete Hochschul- und Institutslandschaft.
Welche Aufgaben werden in Dortmund, neben der Fertigung von 500’000 Einheiten Ihrer Energiespeicher-Systeme, dann zusätzlich wahrgenommen?
In Dortmund werden wir den internationalen Lizenzpartnern die Prozesstechnologie sowie das Prozess-Know-how für die Herstellung der innovativen Energiespeicher-Systeme zugänglich zu machen. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Verfahrenstechnik für die Herstellung und Integration der Produktkomponenten darstellen. Sei es die Planung, Optimierung oder die Entwicklung neuer Techniken, in Dortmund werden wir neueste digitale Simulationsmethoden nutzen. Dazu werden wir auf moderne Computersimulationen zurückgreifen. Mit einem umfassenden Servicepaket werden wir unseren Lizenzpartnern weitere Dienstleis-tungen anbieten.
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Ein sehr wichtiger Bereich ist Forschung und Entwicklung. Mit welchen Instituten und Organisationen arbeitet iQ Power in diesem Themenfeld zusammen?
Die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Instituten ist für iQ Power von je her sehr wichtig. Je nach Themenstellung kontaktieren wir beispielsweise die Hochschule der Bundeswehr in München, die Technische Universität Chemnitz oder auch die Hochschulen in Dresden und Ulm. In Dortmund arbeiten wir seit geraumer Zeit mit der Fakultät für Maschinenbau und dem Roboter-Institut der Universität Dortmund zusammen. Gemeinsam entwickeln wir neuartige Produktionstechnologien und Ablaufprozesse, die wir vorher im Computer simulieren, Stichwort Digitale Fabrik. Auch besteht eine Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund. Beide Einrichtungen bedeuten wesentliche Standortvorteile für unsere Fabrik in NRW und sind beste Voraussetzungen für eine technologische Führerschaft von iQ Power. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die sehr bedeutende Rolle von iQ Power in den von der EU geförderten F&E-Projekten PEIT und SPARC unter der Leitung von DaimlerChrysler, bei denen es um mehr Sicherheit im Strassenverkehr geht.
Innerhalb der Schweiz haben wir einen Standort gewählt, der unter steuerlichen Gesichtspunkten eine optimale Vorraussetzung für das angestrebte Wachstum bedeutete. (Peter E. Braun)
Welches waren die Gründe, den Sitz der iQ Power-Holding 2004 von Kanada in die Schweiz zu verlegen?
Die ursprüngliche Struktur einer Holding in Nordamerika und den operativen Einheiten Forschung & Entwicklung sowie Vermarktung in Deutschland erwies sich als nicht finanzierbar und kaum zu managen. Deshalb hatten wir vor, die Holding zunächst nach Deutschland zu verlegen. Es zeigte sich jedoch, dass Deutschland wie auch andere Länder im EU-Raum als Standort ausschieden, weil die Gesellschaft bei der Verlegung in diese Länder sonst erloschen wäre. Nur die Schweiz besass ein Gesellschaftsrecht, welches die Kontinuität der Gesellschaft erlaubte. Innerhalb der Schweiz haben wir einen Standort gewählt, der unter steuerlichen Gesichtspunkten eine optimale Vorraussetzung für das angestrebte Wachstum bedeutete.
Die rasante Entwicklung des Unternehmens wie auch der weitere Ausbau erfordert beträchtliche finanzielle Mittel. Wie beschaffen Sie diese?
iQ Power ist als Unternehmen rein eigenkapitalfinanziert. Die Finanzierung des Standortes Dortmund erfolgte über eine Kapitalerhöhung, die wir im vergangenen Herbst durchgeführt haben. iQ Power verfügt deshalb über ausreichend komfor-table finanzielle Mittel. Dieses Eigenkapital müssen wir klug «leveragen», wobei wir strukturierte Finanzierungen in einem geeigneten Mix anstreben.
Die Aktien der iQ Power AG sind im Oktober an der Frankfurter Wertpapierbörse am Geregelten Markt zugelassen worden. Wie sieht Ihre Börsenstrategie aus?
Aktuell sehen wir uns im Geregelten Markt gut positioniert, weshalb wir kurz- bis mittelfristig kein anderes Börsensegment oder ein Listing an einer anderen Börse anstreben. In der Vergangenheit mag ein Listing an verschiedenen Standorten sinnvoll gewesen sein. Heute spielt es für einen institutionellen Anleger keine ausschlaggebende Rolle mehr, an welcher Börse er handelt. Deshalb haben wir uns – nach ausführlicher Prüfung – dazu entschlossen, unsere SEC-Registrierung zu beenden und gaben kürzlich unser Delisting an der Nasdaq-OTC bekannt. Für das Unternehmen bedeutet der Wegfall der Notierung in den USA und die Bilanzierung nach nur noch einem Standard, nämlich IFRS, erhebliche zusätzliche Einsparungen an finanziellem wie auch administrativem Auf-wand. Übrigens eine erfolgreich durchgeführte Massnahme, um die uns viele andere Gesellschaften beneiden.
Zur Person:
Peter E. Braun ist Mitbegründer der Unternehmung iQ Power und Präsident des Verwaltungsrates der iQ Power AG. Er ist Geschäftsführer der iQ Power Licensing AG und für das internationale General Management von iQ Power verantwortlich. Peter E. Braun war von 1992 bis 1994 beim Luft- und Raumfahrtunternehmen Deutsche Aerospace (DASA) beschäftigt. Als Mitglied eines internationalen Teams begleitete er die Neuordnung des Konzerns. Braun war in den Bereichen Luftfahrtstrategie, strategische Konzernplanung und Personalentwicklung tätig, wozu auch ein länger Managementaustausch mit ALENIA in Turin/Italien gehörte. Peter E. Braun studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Berlin.
Zum Unternehmen:
Die iQ Power AG ist eine Holdinggesellschaft. Die Schweizer Aktiengesellschaft ist Nachfolgerin der ursprünglich kanadischen iQ Power Technology Inc. Die kanadische Gesellschaft wurde Mitte 1999 gegründet und im November 2004 durch Sitzverlegung und Firmenänderung in die iQ Power AG überführt. Sitz der Gesellschaft ist die Stadt Zug. Die iQ Power AG fungiert als Holdinggesellschaft mit Tochterunternehmen und Beteiligungen.
Die iQ Power AG ist auf die Entwicklung und Vermarktung intelligenter Systemlösungen für elektrisches Energie-Management (Smart Energy Management, SEM) in Bordnetzen von Automobilen und anderen Verkehrsmitteln spezialisiert. Das Unternehmen entwickelte unter anderem die erste durch Software gesteuerte, intelligente Autobatterie der Welt. Entwicklungsgesellschaft ist die iQ Power Deutschland GmbH aus München. Sie ist eine 100%ige Tochter der iQ Power AG.
Das Leistungangebot umfasst Hardware- und Software-Produkte wie auch Engineering-Dienstleistungen. Technologie-Lizenzen ergänzen das Gesamtportfolio. Z um Lösungsangebot von iQ Power zählen Produkte wie diagnostizierbare Batterie-Systeme (iQ-Batterie), Super Caps, Messgeräte und Diagnosesysteme für das Bordnetz sowie komplette Systemlösungen aus Hard- und Software für Batteriemanagement (BEM?) und ganzheitliches Energiemanagement (SEM?). Unter anderem ist iQ Power alleinverantwortlicher Partner für das gesamte Themenfeld «Safe Energy» in den beiden von der EU unterstützten Grossprojekten » PEIT und » SPARC (DaimlerChrysler).