Peter Fischer, CEO Visana: «Wir streben mit unserer Multi-Marken-Strategie qualitatives Wachstum an»

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Fischer, die Visana-Gruppe hat 2005 erneut ein positives Ergebnis erreicht. Sehr gut lief das Geschäft im Bereich Heilungskostenzusatz-Versicherungen sowie der Lohnausfall- und Unfallversicherungen, wo der Ertrag um 16 auf 37,9 Mio. Franken gesteigert werden konnte. Wo liegen die Gründe für dieses Wachstum?


Peter Fischer: Wir können auf ein erfolgreiches 2005 zurückblicken. Das Ergebnis ist das Resultat unserer neuen, auf Wachstum ausgerichteten Strategie. Dies gilt sowohl für den Bereich Privat- wie Firmenkunden. Im Privatkundenbereich erreichten wir den angestrebten Turnaround bezüglich Versichertenzahl bereits im letzten Jahr. Im Geschäftsfeld Firmenkunden gewannen wir neue Kunden. Damit haben wir sowohl in den Bereichen Privat- wie Firmenkunden die Basis gelegt, um auch in Zukunft im Interesse unserer Versicherten als unabhängiger Krankenversicherer auf dem Markt auzutreten.


Ausgezeichnet war auch die Entwicklung im Firmenkundengeschäft, wo das Prämienvolumen um über 20 % auf 171 Mio. Franken erhöht wurde. Welches waren die Eckpfeiler, die zu diesem Resultat geführt haben?


Visana hat sich im Bereich Firmenkunden auf die Geschäftsfelder Taggeld- (Lohnausfall-) und Unfallversicherungsgeschäft spezialisiert. In beiden Bereichen erbringen wir kompetente Leistungen. Von unseren Mitbewerbern heben wir uns zusätzlich dadurch ab, dass wir in keine Vertriebskooperationen eingezwängt sind. Dieser ungebundene Vertrieb zeichnet Visana bei den Firmenkunden als neutralen Anbieter aus. Mit dem Absenzenmanagement bieten wir zudem eine Zusatzleistung, von der alle drei involvierten Partner profitieren: Erstens erhält der bei uns versicherte Mitarbeitende eine optimale Betreuung und Begleitung bei der Wiedereingliederung, zweitens bezahlt unser Firmenkunde tiefere Prämien und die IV- und BVG-Versicherer werden ? drittens ? bei den Renten entlastet. 
 
Welche namhaften Kunden konnten Sie im Firmenkundengeschäft gewinnen?


Unter den zahlreichen Neukunden befinden sich unter anderen auch eine schweizerische Grossbank, kantonale Einrichtungen, ein nationales Detailhandelsunternehmen sowie ein führendes Medienunternehmen.


«Die Trendwende wurde mit der neuen, auf Wachstum ausgerichteten Strategie der Visana eingeleitet, die auch eine Multi-Marken-Strategie beinhaltet.»  Peter Fischer, CEO Visana


Ebenfalls ein positives Resultat, wenn mit 0,3 Mio. Franken auch knapp, erzielte die Visana Krankenversicherung. Wie kommentieren Sie dieses Resultat?


Wir haben hier die budgetierte Punktlandung erreicht: Unser Ziel ist bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ? auch Grundversicherung genannt ?  ein ausgeglichenes Ergebnis. Mit 19,9 Prozent Reserven im Verhältnis zu den eingenommenen Prämien erfüllen wir mehr als das erforderliche, vom Bund vorgeschriebene Kriterium von 15 Prozent. Wir gewährleisten damit unseren Versicherten langfristige Sicherheit und Stabilität.


Der Versichertenbestand in der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP konnte erstmals nach sieben Jahren wieder leicht erhöht werden. Was hat zur Trendwende geführt?


Die Trendwende wurde mit der neuen, auf Wachstum ausgerichteten Strategie der Visana eingeleitet, die auch eine Multi-Marken-Strategie beinhaltet. Neben der Visana umfasst diese auch die Marken sana24 und vivacare. Dank qualitativem Wachstum bieten wir den Versicherten langfristig konkurrenzfähige Prämien.


Bis in fünf Jahren möchte die Visana in der OKP wieder einen Kundenbestand von 600’000 erreichen. Das ist ein sehr ehrgeiziges Wachstumziel.


Das ist richtig. Ich betone, dass wir mit unserer Multi-Marken-Strategie qualitatives Wachstum anstreben. Damit stellen wir das langfristige Bestehen der Visana-Gruppe sicher. Im Interesse unserer Versicherten wie auch der Mitarbeitenden. Wir nehmen damit unsere unternehmerische Verantwortung wahr.


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Die Visana verfolgt eine Mehrkassenstrategie. Wodurch unterscheiden sich Angebote und Zielpublikum der beiden Tochtergesellschaften Sana24 und vivacare gegenüber der Visana?


Mit unseren Marken Visana, sana24 und vivacare sprechen wir unterschiedliche Zielgruppen mit verschiedenen Bedürfnissen an. Bei Visana kann der Versicherte auf ein dichtes Netz von Geschäftsstellen mit persönlichen Ansprechpartnern zurückgreifen und erhält ein umfassendes Angebot. Mit sana24 und vivacare sprechen wir Personen an, die vorwiegend über das Internet mit uns kommunizieren und spezielle Bedürfnisse haben: sana24 orientiert sich an einem urbanen Publikum, das seine Anliegen innerhalb 24 Stunden beantwortet haben will. Mit vivacare hat die Visana-Gruppe den ersten sportlichen Krankenversicherer lanciert.


Wo liegen die Prioritäten der Visana für das laufende Geschäftsjahr?


Wir werden die erfolgreich eingeschlagene Wachstumsstrategie konsequent weiterführen. Dabei orientieren wir uns an unseren beiden Kernkompetenzen Qualität und Effizienz wie auch an unserem breiten Dienstleistungsangebot.



«Wenn die Politik etwas tut, ist es höchstens eine Umverteilung der Kosten. Gespart wird dadurch kein Rappen.»  Peter Fischer, CEO Visana 


Sie sind rund ein Jahr im Amt des Direktionsvorsitzenden der Visana. Zuvor waren Sie stellvertretender Geschäftsführer beim Marktführer Helsana. Welches waren die Gründe für den Wechsel zur «kleineren» Visana?


Ich wusste, dass Visana nicht nur bestens eingeführt ist, sondern über grosses Potenzial verfügt. Zusammen mit der Direktion und unseren hoch motivierten Visana-Mitarbeitenden will ich dieses Potenzial ausschöpfen. Die Führungsfunktion bei Visana ist für mich persönlich eine grosse Herausforderung.


Welches waren die grössten Herausforderungen seit ihrem Amtsantritt?


Visana ist sehr umsetzungsstark. Wir bauen auf einem soliden Fundament und haben ein gemeinsames Ziel: Langfristige Stärkung und Sicherung der Position der Visana als unabhängiges, solides und gesamtschweizerisch tätiges Versicherungsunternehmen – unter Fortführung des heute in der Visana-Gruppe fest verankerten Qualitätsbewusstseins.


Letzte Frage: Herr und Frau Schweizer müssen jedes Jahr einen grösseren Teil ihres Einkommens für das Gesundheitswesen aufwenden. Die Frage an den ausgewiesenen Spezialisten im Krankenversicherungsbereich: Welche Massnahmen empfehlen Sie, um den Kosten im Gesundheitswesen Herr zu werden?


Die Hauptprobleme sind die Mengenausweitung des Angebots, das starre staatliche Korsett, in das die Krankenversicherer eingebunden sind und damit verbunden der mangelnde Wettbewerb. Die Ausgestaltung der Krankenversicherung als solidarisch getragene Absicherung gibt vielen Versicherten zudem das Gefühl, sie hätten ein Abonnement auf Gesundheitsleistungen gelöst.


In der Politik geschieht heute zu wenig, man verpasst Chancen. Und wenn die Politik etwas tut, ist es höchstens eine Umverteilung der Kosten. Gespart wird dadurch kein Rappen. Grundlegende Massnahmen werden nicht angepackt, obwohl die Lösungsvorschläge schon längst auf dem Tisch liegen. Hier nur einige Stichworte im Sinne einer Auslegeordnung: Neuordnung der Spitalfinanzierung, Regelung der Pflege im Alter, Aufhebung des Vertragszwanges zwischen den Leistungserbringern (also Ärzten, Spitälern etc. und Krankenversicherern), Senkung der Medikamentenpreise sowie Verbesserung des Risikoausgleichs. Aber auch jeder Einzelne könnte durch ein gesundheitsbewussteres Verhalten und mehr Eigenverantwortung zu einer massvolleren Inanspruchnahme der medizinischen Leistungen beitragen.


Noch ein letzter Punkt: In der Diskussion über unser Gesundheitswesen wird leider praktisch ausschliesslich über dessen Kosten gesprochen. Nicht oder kaum beachtet werden dabei die volkswirtschaftliche Bedeutung des Wirtschaftszweiges «Gesundheitswesen», der grösser ist als der Finanzsektor, und die qualitativ hochklassige medizinische Versorgung in der Schweiz.


Herr Fischer, wir bedanken uns für das Interview.

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Zur Person:
Peter Fischer wurde vom Verwaltungsrat im April 2005 zum neuen Vorsitzenden der Visana-Direktion gewählt. Zuvor war Peter Fischer, lic. iur, stellvertretender Direktionsvorsitzender bei der Helsana. Fischer verfügt über umfassende Managementerfahrung von grossen Krankenversicherungen. Seine Karriere begann Fischer im Krankenversicherungsbereich in der Geschäftsleitung der KPT in Bern. Über weitere Führungsfunktionen bei der Concordia Krankenkasse in Luzern und der Artisana in Bern, die er zuletzt als Gesamtleiter mit der damaligen Helvetia zur Helsana zusammenzuführen half, wurde er 1997 zum stv. Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Helsana Versicherungen AG ernannt. Der 48-Jährige ist verheiratet und lebt in Burgdorf/BE.


Zum Unternehmen:
Die Visana ist eine der grössten Krankenversicherungen der Schweiz. An ihrem Hauptsitz in Bern, in ihren 21 hauptamtlichen und 234 nebenamtlichen Geschäftsstellen und den 10 Leistungszentren beschäftigt sie 1438 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Visana setzt auf eine transparente Geschäfts- und Prämienpolitik und legt Wert auf finanzielle Solidität im langfristigen Interesse aller Beteiligten. 

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