von Radovan Milanovic
Für das vergangene Jahr konnte der Kuoni Konzern ein Rekordergebnis vorlegen. Der Gewinn ? auch dank Akquisitionen ? stieg um 12,1% auf 152,1 Mio. CHF, also höher, als von den Analysten mit 146,2 Mio. CHF erwartet. Der Betriebsgewinn (EBIT) legte um 8,6% auf 151,5 Mio. CHF zu und der Umsatz währungsbereinigt um 3,3% auf 4,855 Mrd. CHF. Im laufenden Jahr dürfte das Wachstum schrumpfen. Welches sind Ihre Aussichten in Bezug auf Umsatz, Betriebs- und Gesamtergebnis?
Heute ist kaum ein Unternehmen in der Lage, eine verlässliche Prognose für ihr Geschäft zu machen. Die Krise erschwert die Planbarkeit. Im Zuge der Finanzkrise und den Rezessionsängsten muss mit sehr stark schwankenden Märkten gerechnet werden, die das Konsumverhalten und die Nachfrage kurzfristig verändern. Eine Prognose wäre unseriös. Zudem sehen wir, dass die Konsumenten später und somit kurzfristiger buchen. Sie verweigern sich grundsätzlich nicht den Ferien, sondern entscheiden einfach später und spontaner.
In Anbetracht des schlechten konjunkturellen Umfeldes berichten Sie nicht unerwartet, dass der Buchungsstand in CHF bis 15. März 2009 um 24% tiefer liegt als im Vorjahr. Handelt es sich dabei grösstenteils um das Geschäft der teueren Segmente mit hoher Wertschöpfung? In welchem Ausmasse dürfte dies das Jahresergebnis beeinflussen? Was unternehmen Sie, um diesem Trend entgegen zu wirken?nbsp;
Der Buchungsrückgang muss relativiert werden. Gerade für uns wichtige Märkte wie Grossbritannien oder auch Skandinavien leiden unter einem starken Wertverlust ihrer Lokalwährungen gegenüber dem Schweizer Franken. In Lokalwährung liegen die Buchungen per Mitte März 13 Prozent unter Vorjahr. Damit verzeichnen wir teilweise bessere Werte für 2009 als einige Mitbewerber. Der Premiumbereich ist stärker vom Wirtschaftsabschwung betroffen. Doch gerade in diesem Segment verfügen wir dank unserem flexiblen Geschäftsmodel über keine Risiken. Hier ist das richtige Kostenmanagement wichtig.
Da die Konsumenten auch höherwertige Reisen kurzfristiger buchen, haben wir in verschiedenen Märkten entsprechend neue Angebote auf den Markt gebracht. Wir handeln beispielsweise mit Hoteliers neue Preise aus, die wir den Kunden weitergeben können.
Kuoni hat ein Kostensparprogramm von 106 Mio. CHF bekannt gegeben. Wie sieht dieses Programm aus, neben den Einsparungen im Personalsektor aus?
Es handelt sich dabei in erster Linie um ein Investitionsprogramm. Wir geben in den nächsten drei Jahren CHF 106 Mio. aus, um das Unternehmen für die Zukunft weiter zu stärken. Es sind neue strategische Schlüsselinitiativen geplant. Diese liegen in den Bereichen Produktdifferenzierung, Vertriebsoptimierung und Kostenreduktion. Auch betreffend erwartetem Buchungsrückgang im Jahr 2009 handelt Kuoni damit antizyklisch und proaktiv.
«Der Premiumbereich ist stärker vom Wirtschaftsabschwung betroffen. Doch gerade in diesem Segment verfügen wir dank unserem flexiblen Geschäftsmodel über keine Risiken.»
Der Free Cash Flow ist im Jahresvergleich von 208,4 Mio. CHF auf 55,5 Mio. CHF vor allem aufgrund tieferer Kundenvorauszahlungen um 73,4% gefallen. Was ist der Grund dafür? Haben Sie aus konjunkturellen Gründen die Vorauszahlungsquote bei Ihren Kunden reduziert? Führt dies nicht zu höheren Debitorenrisiken und fehlt Ihnen dieses Geld nicht bei der Bedienung Ihrer Vertragsparteien?
Der Cashflow 2007 war ausserordentlich gut. Dies war auch auf die sehr gute Buchungssituation Ende 2007 in Skandinavien zurückzuführen. Zusätzlich beinhalteten die Zahlen im letzen Jahr bedeutende Vorauszahlungen aus der Organisation der Unterkünfte für die EURO 2008. Der jetzige Rückgang ist im Wesentlichen, wie erwähnt, auf geringere Kundenvorauszahlungen zurückzuführen. Nachdem diese per Ende 2007 zugenommen hatten, lagen die Vorauszahlungen aufgrund des zögerlichen Buchungsverhaltens per 31. Dezember 2008 somit wieder auf der Höhe von Ende 2006. Kuoni ist ein gesundes Unternehmen und solide finanziert.
Vor allem der englische Markt zeigte 2008 erhebliche Bremsspuren mit einem Umsatzrückgang von 770 auf 661 Mio. CHF. Während der russische Markt ebenfalls Federn lassen musste, weist der skandinavische Markt mit einem Umsatz von 1.179 Mrd. CHF, also auf hohem Niveau, ein Wachstum von 18,9% auf. Wieso konnte Kuoni in Skandinavien so stark wachsen?
Besonders gut lief es in Skandinavien, weil wir in Dänemark unsere Marktposition durch die Akquisition von Falk Lauritsen sehr verbessern konnten. Wir sind zur Nr. 2 im Markt aufgestiegen. In Norwegen haben wir zudem unsere Position weiter gestärkt und sind ebenfalls Nr. 2 im Markt. In Schweden sind wir nach wie vor unter den Top 3 Anbietern.
Im April 2008 haben Sie die schwedische Golf Plaisir Resebyra AB gekauft, welche 2007 einen eher geringen Umsatz von rund 17 Mio. CHF erwirtschaftete. Im Mai erwarben Sie 60% von «Direkt Reisen» mit einem Umsatz von 53 Millionen Franken und im Juli 80% von Desert Adventures Tourism aus Dubai, um nur einige Investitionen zu nennen. Investitionen in Gesellschaften, welche völlig verschiedene Produkte anbieten. Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Töchter, bzw. Investitionen aus?
Kuoni ist international und breit abgestützt. 50% des Umsatzes trägt die Division Style mit den Premium- und Spezialistenmärkten bei. Die Division Smart mit mehrheitlich Pauschalreisen in einem Massenmarkt hat einen Anteil von 25%. Und die Division Destinations mit den eigenen Aktivitäten an den Destinationen auf allen fünf Kontinenten verfügt ebenfalls über einen Anteil von 25%. Dementsprechend bauen wir die einzelnen Divisionen mit den strategisch richtigen Akquisitionen aus.
2008 hat Kuoni sieben Zukäufe getätigt, welche insgesamt rund 308 Mio. CHF am Umsatz beisteuerten oder 5,9%, verglichen dem organischen Wachstum von 4,4%, welches über dem Durchschnitt der Branche liegt. Haben Sie vor, weiter über Firmenzukäufe zu expandieren? Falls ja, in welcher Region?
Wir sind weiterhin offen für Akquisitionen, die in unsere Strategie passen. Wir werden auch 2009 Firmen übernehmen. Welche und wo, werden wir zu gegebener Zeit bekannt geben.
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Der asiatische Markt wird für die Kuoni Gruppe immer wichtiger. Dieser trug mit 1.373 Mio. CHF bereits 28,3% zu Kuonis Gesamtumsatz bei. Da in der Zwischenzeit auch der Touristenstrom aus Asien zurückgegangen ist, hat «Schweiz Tourismus» im Februar 2009 ein Tourismus-Förderungsprogramm mit einem Budget von 15 Mio. CHF beschlossen, welches im Sommer 2009 und im Winter 2009/2010 die touristische Nachfrage für die Schweiz mit gezielten Zusatzmassnahmen stimulieren soll. Sehen Sie bereits Auswirkungen dieses Programms?
Die CHF 1.3 Mia. Umsatz stammen aus der Geschäftseinheit Asien & Destination Management. Darin enthalten sind jedoch auch die Nettoerlöse des Destination Management in Afrika, Europa und den USA. Trotzdem zählt Asien zu einem wichtigen Wachstumsmarkt, wo wir bereits gut positioniert sind und wir weiter wachsen möchten. Förderungsprogramme sind nicht unmittelbar zu spüren. Vor allem in der jetzigen schwierigen wirtschaftlichen Situation braucht es Geduld.
Was ist die langfristige Strategie der Kuoni Gruppe?
Nicht die Langfristigkeit einer Strategie ist entscheidend, sondern deren konsequente Umsetzung verbunden mit einer mittelfristig richtigen Markteinschätzung. Kaum ein Experte hätte noch vor ein, zwei Jahren die Finanzkrise in diesem Ausmass vorhergesagt. Bei Kuoni sind die Konzernleitung und der Verwaltungsrat für die Festlegung und Umsetzung der Strategie verantwortlich. Diese Zusammenarbeit funktioniert und die Jahreszahlen haben gezeigt, dass wir heute mit der richtigen Strategie unterwegs sind.
«Nicht die Langfristigkeit einer Strategie ist entscheidend, sondern deren konsequente Umsetzung verbunden mit einer mittelfristig richtigen Markteinschätzung.»
Welche Impulse erwarten Sie von der engeren Zusammenarbeit mit dem Direktverkauf Ihrer über 15.000 Hotelangebote auf der Homepage von Swiss.com? Betrachten Sie diese gemeinsame Internetplattform mit der Swiss als Möglichkeit sich zu Lasten der teueren Filialen sich vermehrt dem Internetgeschäft zuzuwenden? Wie entwickelt sich der Anteil des Verkaufs Ihrer Produkte über das Internet im Verhältnis zu den Gesamtverkäufen?
Innerhalb der Kuoni-Gruppe beträgt der Anteil verkaufter Reisen über eigene Reisebüros 18%. Unser Ziel ist es, diesen Anteil weiter zu steigern. Für viele unserer Angebote, gerade im Premium- und Spezialisten, verlangen die Kunden eine persönliche Beratung, da diese Art von Reisen im Internet in ihrer Individualität und massgeschneidert nicht erhältlich ist. Die strategische Partnerschaft richtet sich an Konsumenten weltweit, die Flüge bei Swiss buchen und gleichzeitig Hotelübernachtungen benötigen. Für so einfache Reisebuchungen eignet sich das Internet. Zudem erreichen wir mit dem Angebot auf der Swiss-Webseite neue Kunden in neuen Märkten.
Werden Sie im rezessiven Umfeld die Preise Ihrer Produkte senken um Marktanteile zu halten oder gar zu erhöhen?
In der Reisebranche ist es einfach, Marktanteile zu gewinnen. Verkaufen Sie alle ihre Ferienangebote für 100 Franken, wären sie bald Marktführer. Ich glaube aber kaum, dass Sie profitabel sein werden und ihr Unternehmen überlebensfähig bleibt. Für uns kommt Profitabilität vor Marktanteilgewinnen. Das erwarten auch unsere Aktionäre von uns. Wir beteiligen uns somit nicht an ruinösen Preiskämpfen. Vielmehr handeln wir im jetzigen Umfeld für unsere Kunden tiefere Preise aus und geben diese an die Konsumenten weiter.
Die globale wirtschaftliche Situation dürfte im Reisegeschäft wegen Überkapazitäten zu einer Konzentration auf einige wenige global Players führen. Wie behaupten sich Ihre globalen Konkurrenten ? welche? ? den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen?
Ich konzentriere mich darauf, wie sich Kuoni im Markt behauptet. Mit unserem flexiblen Geschäftsmodell, weitgehend ohne eigene Airlines und Hotels, die unbedingt gefüllt werden müssen, sind wir erfahrungsgemäss krisenresistenter.
Der Gesprächspartner:
Nach dem Sprachstudium an der Universität von Oxford (UK) war Herr Peter Rothwell ab 1982 als Marketing-, Product-, Purchase- und Sales Manager bei verschiedenen britischen Reiseunternehmen tätig. 1995 übernahm er die Leitung der Airtours Holidays als Managing Director. 1998 stieg er zum CEO der Airtours UK Leisure Group auf. Danach war Peter Rothwell als COO Thomson Travel Group sowie als CEO von TUI Nordeuropa verantwortlich. 2004 übernahm er zusätzlich die Verantwortung als Managing Director von TUI UK. 2006 wurde er zum COO der TUI AG Tourism ernannt und Mitglied der Konzernleitung, bevor er 2007 die Rolle als Deputy Chief Executive der TUI Travel PLC in London nach der Fusion mit First Choice übernahm.
Das Unternehmen:
Die Kuoni Reisen Holding AG gehört mit einem Nettoerlös von CHF 4855 Mio. im Jahr 2008 zu den führenden Touristikunternehmen in Europa und beschäftigte im Berichtsjahr weltweit 8 826 Mitarbeitende (Vollzeitstellen). Kuoni ist auf die Kerngeschäfte Ferienreisen und Destination Management fokussiert. Der Hauptsitz der Kuoni Reisen Holding AG ist in Zürich, wo Alfred Kuoni das Unternehmen 1906 gründete. Die Kuoni-Gruppe hat ihre Position auf dem Weltmarkt stetig und systematisch ausgebaut und besitzt heute Niederlassungen in über 30 Ländern in Europa, Asien, Afrika und Nordamerika, sowie seit neustem auch in Australien. Ziel von Kuoni ist es, der international am besten abgestützte und erfolgreichste Premium- und Spezialistenveranstalter zu sein.