Von Helmuth Fuchs
Herr Strub, zusammen mit Ihren Kollegen Geri Aebi, Urs Binggeli und Michel Juhasz haben Sie im Juli 2005 die Mehrheit der Wirz Gruppe in einem Management Buy Out übernommen. Wie konnten Sie die Transaktion finanzieren und welches finanzielle Risiko gehen Sie mit der Übernahme ein?
Peter Strub: Wir konnten die Transaktion ohne Fremdfinanzierung durchführen. Das Risiko, das wir dabei eingehen, ist das Risiko, das jeder Unternehmer eingeht: Wir könnten theoretisch das gesamte eingesetzte Kapital verlieren. Es ist aber gering, weil wir selbst ja auch das Management sind: Vier Partner, die alle aus verschiedenen Disziplinen kommen und je eine spezialisierte Wirz-Gruppenfirma als CEO leiten. Alle anstehenden Entscheide in der Gruppenleitung werden so letztlich immer auch aus vier verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und begutachtet. Zusätzlich leben wir eine Corporate Governance, die vorschreibt, dass der Verwaltungsrat der Wirz Partner Holding AG nur aus nicht operativen Mitgliedern bestehen kann. So haben wir ein echtes und unabhängiges Kontrollorgan, das über uns wacht.
«Bei der Verteilung der Marketingbugets werden heute in der Schweiz weniger als ein Prozent in Onlinewerbung investiert, die Nutzung der Online-Medien macht aber inzwischen 10 Prozent des Medienkonsums von Herr und Frau Schweizer aus». Peter Strub, CEO Wirz Gruppe
Mit der Übernahme sind Sie vom Angestellten zum Unternehmer geworden. Wie hat sich der Blickwinkel dabei verändert und wie beeinflusst die neue Rolle die tägliche Arbeit?
Weder das eine noch das andere hat sich geändert. Nach wie vor ist es mein Bestreben, die gute Position der Wirz Gruppe weiter zu verbessern und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Meine Position als CEO der Gruppe ist dieselbe geblieben, lediglich mein Commitment und mein persönliches, finanzielles Risiko sind grösser geworden.
Sie kamen im Juli 2002 als Turnaround Manager zu Wirz. Innerhalb von zwei Jahren konnten Sie die finanzielle Situation stabilisieren. Wo steht Wirz heute und was waren für Sie die wichtigsten Massnahmen in der Phase des Umbaus?
Wirz ist heute eine Gruppe mit einer gesunden Struktur und einem erfahrenen, hungrigen Managementteam. Mit unserer starken Aufstellung in den Kernkompetenzen Marketing Kommunikation, Corporate Communication und Online&Dialog Kommunikation sind wir für die Zukunft bestens gerüstet. Der Umbau der Gruppe zielte hauptsächlich auf die Führbarkeit und die Fokussierung auf unsere Core Business ab.
Die Anzahl der Mitarbeiter hat sich von einem Höchststand von 250 auf heute etwa 150 reduziert, wobei vor allem die Führungsmannschaft relativ stabil blieb. Nach welchen Kriterien haben Sie den Abbau vorgenommen und wie konnten Sie die für Sie wichtigsten Leute behalten?
Wechsel gab es auch in der obersten Führungsmannschaft: Neben mir kam 2002 Geri Aebi als neuer Chef der Wirz Werbung dazu. Urs Binggeli übernahm 2003 die Führung von Wirz Corporate. Und Michel Juhasz von Assai Interactive ist seit 2005 Mitglied unserer Gruppenleitung. So gesehen sind die Kriterien beim Personalabbau auch richtig angewendet worden. Der saloppe Ausspruch «der Fisch stinkt vom Kopf» trifft bei Unternehmensproblemen den Nagel ja häufig auf den Kopf. Viele Key People in den einzelnen Geschäftsfeldern sind genau deshalb geblieben, weil sie erkannt haben, dass diese Politik konsequent umgesetzt wurde.
Der Schweizer Werbemarkt ist in der allgemein zurückhaltenden Investitionsstimmung wahrscheinlich auch nicht gerade spendierfreudig und innovativ gestimmt. Wie wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus und wie wollen Sie in diesem Marktumfeld Wachstum generieren?
Quantitatives Wachstum ist nicht unser primäres Ziel. Wachstum ist aber in den Feldern Corporate sowie Online und Dialog Communication sicher möglich. Dies wollen wir vor allem durch eins erreichen: Durch adäquate Arbeit für unsere Kunden.
Den Bruttobetriebsertrag pro Mitarbeiter konnten Sie im letzten Jahr um 10.4% auf 219’000 Franken steigern (Umsatz etwas über 30 Millionen Franken). Das dürfte im Branchendurchschnitt liegen. Welche Ziele haben Sie für dieses Jahr und wie wollen Sie diese erreichen?
Wir wollen unsere Performance und Effizienz zugunsten unserer Kunden weiter steigern. Und die volle Integration der Assai Interactive in die Wirz Gruppe leben und sie zum Mehrnutzen für unsere Kunden einsetzen.
In einigen Branchen wie der Telekomm- und Uhrenindustrie, sowie bei der Administration des Bundes sind Sie noch sehr spärlich vertreten. Sind diese Segmente uninteressant oder zu fest in der Hand der Konkurrenz?
Wir haben ein sehr langjähriges und fundiertes Wissen über die Telko- und Uhrenindustrie. In beiden Branchen konnten wir über lange Zeit grosse Kunden betreuen. Wie Sie wissen ist es jedoch in der Kommunikationsbranche nicht möglich, mehr als einen Kunden aus derselben Branche zu beraten. Nach der sehr erfolgreichen, langjährigen Zusammenarbeit mit IWC sind wir zum Beispiel jetzt wieder daran, einen Uhrenkunden zu akquirieren. Die Administration in Bern ist in der Vergangenheit tatsächlich etwas vernachlässigt worden. Als bald 70-jährige Kommunikationsgruppe, die vollständig in Schweizer Händen ist, sollten wir in Bern mehr Chancen haben. Daran arbeiten wir konsequent.
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Auf der einen Seite begeistert sich die Branche an innovativer Werbung an Events wie demjenigen in Cannes, auf der anderen Seite lähmen langweilige Waschmittelwerbungen das Interesse der Fernsehzuschauer und motivieren zum schnellen Zappen. Was ist eigentlich gute Werbung und wieso gibt es nicht mehr davon?
Gute Werbung ist strategisch fundiert und kreativ inspiriert. Weil sie einen relevanten Verbrauchernutzen auf überraschende Weise dramatisiert. Entsprechend frische Ideen und originelle Umsetzungen sind damit auch das beste Rezept gegen den zappenden oder umblätternden Daumen.
Wenn Sie aus den vielen Kampagnen, die Wirz schon gemacht hat, eine auswählen müssten, die den Stil der Agentur am besten repräsentiert, welche Kampagne wäre das und aus welchen Gründen?
Eine sehr schwierige Frage, weil es viele Wirz-Kampagnen gab und gibt, die es verdient hätten, lobend erwähnt zu werden. Vorgestern wären es die NZZ-Kampagnen gewesen, die über 20 Jahre lang aus dem Hause Wirz kamen. Gestern die IWC-Kampagne «Seit 1868. Und solange es noch Männer gibt.», die die Marke äusserst erfolgreich geprägt hat. Heute sind es vielleicht die ganz verschiedenen Sachen, die wir für die Mobiliar machen dürfen: Von der Genossenschafts-Werbung über die Schadenskizzen-Kampagne bis zum shit happens-Jugendkonzept.
Die erfolgreiche Kampagne von Wirz für IWC
Ein Stück weit sollte eine Agentur auch hinter den beworbenen Produkten stehen können. Gibt es Produkte, für die Sie keine Werbung machen?
Grundsätzlich identifizieren wir uns immer voll und ganz mit unseren Auftraggebern und den beworbenen Produkten und Dienstleitungen. Das wäre bei gewissen politisch oder sozial heiklen Themen nicht der Fall, von denen wir deswegen lieber die Finger lassen.
Die Online-Werbung fristet trotz aller Internetbegeisterung im Werbemix noch eine sehr untergeordnete Rolle. Woran liegt das und wie sehen Sie hier die Entwicklung in den kommenden zwei Jahren?
Die Mediavermarkter in der Schweiz haben – bis auf einige löbliche Ausnahmen abgesehen – die Onlinewerbung noch nicht in ihr Dienstleistungsangebot aufgenommen. Zudem bilden sich bei den Vermarktungsmöglichkeiten und Formaten erst langsam Produkte und Formate, die kommerziell sinnvoll verkauft werden können.
Die Ausgaben für Onlinewerbung werden sich in den nächsten Jahren dem Mediennutzungsverhalten der Konsumenten anpassen. Bei der Verteilung der Marketingbugets werden heute in der Schweiz weniger als ein Prozent in Onlinewerbung investiert, die Nutzung der Online-Medien macht aber inzwischen 10 Prozent des Medienkonsums von Herr und Frau Schweizer aus. Das Potential ist unabhängig von neuen spannenden Onlinewerbeformen für interaktives Fernsehen oder digitale Posterstellen enorm.
Nachdem Sie mit der Wirz Gruppe den Turnaround geschafft haben und neu auch als Unternehmer die Verantwortung tragen , welches sind die wichtigsten Ziele für das kommende Jahr?
Wir werden im nächsten Jahr die Bereiche Online&Dialog sowie Corporate weiter ausbauen und nach neuen lukrativen Feldern Ausschau halten.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
1. Für Wirz wünsche ich mir, dass sich unsere Formel «Idee x Integration = Effizienz» weiter erfolgreich umsetzen lässt.
2. Persönlich wünsche ich mir, dass der Gesetzgeber die Leistungen der AHV, die sukzessive durch die Mehrleistungen des BVG kompensiert werden, laufend reduziert, so dass unsere jungen Berufstätigen sich Arbeit in der Zukunft überhaupt noch leisen können.
Peter Strub
1953 in Basel geboren, in fester Partnerschaft, keine Kinder
Seit 2002nbsp;CEO Wirz Gruppe und Wirz Management AG, Zürich
2001 – 02nbsp;Sabbatical in Nepal, Hong Kong, Kambotscha, Bali, Australien, Neuseeland, Tahiti, Chile und Argentinien
1988 – 01nbsp;COO und CFO, EURO RSCG Switzerland, Zürich
1986 – 88nbsp;Bereichsleiter Administration, Metromec AG, Chur
1981 – 83nbsp;Touring Club der Schweiz, Zentralsitz Genf
1979 – 81nbsp;Grossenbacher Basel AG, Basel
1978 – 79nbsp;selbständig, Inpes Hölstein
1975 – 78nbsp;Atelier Bizzini, Basel
Wirz Gruppe
Aus einem 1936 gegründeten Ein-Mann-Reklamebüro sind über die Jahre verschiedenste Firmen entstanden, welche alle dem gesteigerten Bedürfnis nach professioneller Kommunikationsberatung entgegen kommen. Die einzelnen Wirz-Gesellschaften sind unter dem Dach der Wirz Partner Holding zusammengefasst, an der über 20 leitende Mitarbeiter beteiligt sind. Die Unternehmen sind vor allem im deutschsprachigen Raum tätig. Der Partner in der Westschweiz ist Label Communication in Genf. Auf internationaler Ebene arbeitet Wirz mit BBDO Worldwide zusammen, unter anderem auch mit deren Dialog- und PR-Netzen Proximity und ECC Kohtes Klewes.