von Patrick Gunti
Herr Vollmer, die Sommersaison ist bald zu Ende, welche Bilanz lässt sich über die vergangene Winter- und Sommersaison ziehen?
Der vergangene Winter war für die Bahnen eine sehr erfolgreiche Saison. Ausschlaggebend dafür waren nicht nur gute Schneeverhältnisse und viele Wochenenden mit schönem Wetter, sondern auch die attraktiven, teilweise neuen Angebote der Seilbahnunternehmen, sowohl bei den Transportanlagen wie auch im Pistenangebot.
Die Sommersaison, die bei vielen Seilbahnen noch bis Ende Oktober dauert, kann ebenfalls als erfolgreich bezeichnet werden. Einzig im Tessin hat das häufig regnerische Wetter die Bilanz getrübt. In den letzten Jahren haben zahlreiche Seilbahnunternehmen ihr Angebot im Sommer ausgebaut. Themenwege, Seilparks, Rodelbahnen, Downhillstrecken für Trottibikes und andere Funsportgeräte bieten heute Abwechslung für die ganze Familie.
Die Wintersaison 2008/09 steht bevor. Die Schweizer Seilbahnen haben 264 Mio. Franken in Seilbahn- und Beschneiungsanlagen investiert. Inwieweit sind diese Investitionen auch Grund für die durchschnittliche Preiserhöhung von 1,9% auf den Tageskarten?
Die Preisanpassungen von 1,9% für die kommende Saison sind äusserst moderat. Sie liegen unter der vom Bundesamt für Statistik für 2008 prognostizierten Teuerung. Neben den Investitionen in erhöhten Komfort, verbesserte Transportkapazitäten und Schneesicherheit tragen auch die massiv gestiegenen Treibstoffpreise zu dieser Erhöhung bei.
Es besteht ein hoher Investitionsbedarf. Eine halbe Million Franken in den letzten zwei Jahren, 264 Mio.Fr. im Hinblick auf die kommende Saison. Welche Investitionen kommen in den nächsten Jahren auf die Seilbahnunternehmen zu?
Für die Jahre 2009-2012 rechnen wir mit weiteren 950 Mio. Fr.. Diese Zahlen zeigen, dass die Seilbahnunternehmen wesentliche Faktoren in der Entwicklung der Randregionen, wo sich die meisten Seilbahnunternehmen befinden, darstellen.
«Die Preisanpassungen von 1,9% für die kommende Saison sind äusserst moderat. » (Peter Vollmer, Direktor Seilbahnen Schweiz)
Wo besteht der grösste Nachhol- und Erneuerungsbedarf?
In jenen Bereichen, in die bereits in den letzten zwei Jahren am meisten investiert worden ist: Erhöhung der Kapazitäten, beipielsweise der Ersatz von Skiliften durch Sesselbahnen, Erhöhung von Komfort, beispielsweise die Ausrüstung von Sesseln mit Hauben, sowie Investitionen in die Schneesicherheit.
Wie gross ist der Anteil der Investitionskosten im Sicherheitsbereich?
Die Sicherheit ist ein integraler und wichtiger Bestandteil von Konstruktion und Betrieb jeder Bahn. Diese erhöhten Anforderungen sind zweifellos ein wesentlicher Grund der gesamten Kostenentwicklung. Zur Sicherheit im Betrieb der Bahnen gehört neben der Technik auch die Markierung und Signalisierung der Pisten sowie der Pisten- und Rettungsdienst, den jedes Seilbahnunternehmen mit Winterbetrieb unterhält.
Wie werden diese Investitionen finanziert?
Die Aktiengesellschaften der Seilbahnen sind zu knapp zwei Dritteln durch Private finanziert. Zweitwichtigste Aktionäre sind die Einwohnergemeinden, deren Anteil heute bei 15% liegt. Hauptkapitalgeber sind Gross- und Kantonalbanken. Zusammen mit den Raiffeisenbanken stellen sie die Hälfte des Fremdkapitals der Schweizer Seilbahnbranche zur Verfügung. Wichtiger wird das Leasing, das im Geschäftsjahr 2006/2007 bereits einen Fünftel der Fremdfinanzierung ausmachte. Dazu kommen allenfalls Leistungen im Rahmen der regionalwirtschaftlichen Förderinstrumente.
In der Branche ist seit Jahren ein Strukturwandel im Gange. Wie hat sich die Branche seit Ihrem Amtsantritt im Jahr 2000 verändert?
Zahlreiche Kooperationen und Fusionen haben die Branche gestärkt. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Die Mehrheit der Unternehmen steht heute klar auf einer soliden Basis.
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Wie steht es heute mit der Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen?
Kleine Unternehmen, vor allem zentrumsnahe Schneesportgebiete in den Voralpen, haben durchaus gute Chancen. Sie besetzen eine wichtige Nische, denn sie bieten Kindern die Gelegenheit, erste Versuche auf Skiern zu machen. Als Jugendliche werden diese Schneesportler grössere Gebiete aufsuchen, doch später mit eigenen Kindern wieder in das kleine Schneesportgebiet zurückkehren. Diese Unternehmen stehen mit attraktiven Angeboten für Familien gut im Wettbewerb. Die grossen Unternehmen sind sich der Bedeutung dieser kleinen Unternehmen für den Schneesportnachwuchs bewusst, und es bestehen Kooperationen zwischen ihnen in den Bereichen Technik und Weiterbildung.
Welche Bedeutung kommt den Seilbahnen bei der Entwicklung in den Regionen und für den Tourismus in der Schweiz zu?
Während der Anteil der Bruttowertschöpfung des Tourismus gesamtschweizerisch bei 6% liegt, beträgt er in den Tourismuskantonen Graubünden und Wallis 25 bis 30%. In einzelnen Gemeinden kann er noch viel höher sein. Seilbahnen bilden in vielen Destinationen das Rückgrat des Tourismus. Ohne sie gibt es keine Hotellerie und Gastronomie, keine Ferienwohnungen und damit massiv weniger Arbeitsplätze im Gewerbe. Die Seilbahnunternehmen beschäftigen Einheimische, bieten Ausbildungsplätze an und verhindern damit die Abwanderung aus den Gebirgstälern.
«Seilbahnen bilden in vielen Destinationen das Rückgrat des Tourismus.» (Peter Vollmer)
Wie beurteilen Sie die Rahmenbedingungen für Ihre Branche?
Wir brauchen Behörden und Partner, die sich darüber Rechenschaft geben, welche Folgen ihr Handeln bei den Unternehmen haben kann: Beispielsweise kann die zeitliche Verzögerung eines Bewilligungsverfahrens um wenige Wochen in den alpinen Zonen, wo das Zeitfenster für Bauprojekte sehr kurz ist, ein Projekt um ein ganzes Jahr verzögern. Auch ärgern wir uns, wenn von Behördenschreibtischen aus Verordnungen konzipiert werden, die nur zusätzliche Aufträge für Gutachter zur Folge haben, ohne positive Auswirkungen beispielsweise auf die Umwelt zu erzeugen. Man muss aber auch sagen, dass die Zusammenarbeit mit vielen Behördenvertretern sehr konstruktiv verläuft.
Mit neuen Bauvorhaben, dem Energieverbrauch oder Beschneiungsanlagen ist Ihre Branche in Umweltfragen stark gefordert. Wo legen Sie bei diesen Fragen den Fokus?
Die Natur ist das Kapital des Schweizer Tourismus und deshalb von grösstem Stellenwert. Der schonende Umgang mit den Ressourcen Wasser und Energie geniesst bei den Seilbahnen hohe Priorität. Ein Beispiel ist das Restaurant im Minergie-P-Standard, das die Zermatt Bergbahnen auf dem Klein Matterhorn bauen. Viel Sorgfalt wird auch der Wiederherstellung von Vegetation nach Bauarbeiten gewidmet, ebenso ist der Wald- und Wildschutz ein Anliegen in der Branche.
Alle zwei Jahre verleiht die Seilbahnbranche den Swiss Mountain Award. Dieses Jahr ging der Innovationspreis an Téléverbier – für welches Projekt?
Das prämierte Projekt ist ein Beispiel für das Bemühen der Branche um den schonenden Umgang mit Energie und weiteren Ressourcen. Téléverbier hat gemeinsam mit der Firma Geosat AG ein Schneehöhenmessgerät für Pistenfahrzeuge entwickelt. Dieses Instrument, ein GPS kombiniert mit einem Sonargerät, misst die Dicke der Schneeschicht unter dem Pistenfahrzeug. So kann der Pistenfahrzeugfahrer feststellen, ob die Schneeschicht gleichmässig verteilt ist. Er kann dadurch Fahrten und damit Treibstoff sparen. Ausserdem werden Schneianlagen nur dort eingesetzt, wo die Schneeschicht zu dünn ist. Dieses Schneehöhenmessgerät hilft den Seilbahnunternehmen, bei der Pistenpräparierung Energie und Kosten zu sparen und ist in unseren Augen deshalb zukunftsweisend für die Branche.
Herr Vollmer, besten Dank für das Interview.
Zur Person
Dr.rer.pol. Peter Vollmer
-geb. 14.04.1946
-verheiratet. 3 Söhne
Direktor Verband öffentlicher Verkehr und Direktor Seilbahnen Schweiz
Nationalrat (1989-2007). Ehem. Präsident Kommission für Verkehr und Fernmeldefragen, Finanzkommission,
Vorstand:
-Vizepräsident Schweiz Tourismus (ST), Schweiz. Tourismus-Verband (STV),
-UITP (Union International des Transports Public), LITRA, SVWG (Schweiz. Verkehrswiss. Gesellschaft), FIANET (Internat. Seilbahnbetreiber), OITAF-Kommission Wirtschaft und Recht (Präsident)
-Stiftung zur Förderung der Forschung im Seilbahnwesen (Präsident)
-Alpenkonvention (Beobachter für FIANET im ständigen Ausschuss)
-Beirat FIF, Uni Bern
-Beirat Hochschule für Wirtschaft Luzern
-Beirat Swissrail-Industry Association
Zum Verband
Seilbahnen Schweiz ist der Verband der Schweizer Seilbahnbranche. In rechtlicher Sicht handelt es sich um einen Verein. Ihm gehören als Mitglieder 374 Seilbahnunternehmungen in allen Regionen des Landes an. Insgesamt gibt es in der Schweiz etwa 524 Seilbahnunternehmungen. Davon gehören die grossen und mittelgrossen Unternehmungen ausnahmslos dem Verband an. Seilbahnen Schweiz betrachtet sich daher als umfassende Branchenvertretung. Dies wird unterstrichen durch die Tatsache, dass dem Verband auch rund 87 Industrieunternehmen als befreundete Mitglieder angehören, die im Bereich Seilbahnbau tätig sind.
Zweck von Seilbahnen Schweiz ist es, die gemeinsamen Anliegen und Interessen der Mitglieder zu vertreten und ihre Zusammenarbeit zu fördern. Daraus ergibt sich ein breites Spektrum von Aktivitäten, das von der Vertretung gegenüber Behörden über die Mitgliederberatung bis zur Öffentlichkeitsarbeit reicht.
Seilbahnen Schweiz hat seinen Sitz in Bern. Der Verband betreibt gemeinsam mit dem Verband öffentlicher Verkehr ein Sekretariat mit rund 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Durch ihre enge Zusammenarbeit nutzen die beiden Organisationen vielfältige Synergien, die sich aus der Tätigkeit in verwandten Bereichen – öffentlicher Verkehr und touristischer Verkehr – ergeben.