Pfizer schluckt Wyeth für 68 Milliarden Dollar
Im Zuge der Übernahme fallen rund zehn Prozent der Stellen weg, fünf Werke werden geschlossen. Die zwei Konzerne beschäftigten zuletzt weltweit insgesamt mehr als 130.000 Mitarbeiter. Viagra- Hersteller Pfizer zahlt den Preis für den Biotechnologie-Spezialisten Wyeth in einer Kombination aus Bargeld und Aktien, wie die Unternehmen am Montag in New York bekanntgaben. Gemeinsam kommen die zwei Konzerne nach neuesten Zahlen im Jahr 2008 auf einen Umsatz von 71 Milliarden Dollar bei fast 13 Milliarden Dollar Gewinn.
Gemeinsam Nummer eins bei Biopharmaka
Gemeinsam seien die beiden Konzerne nun auch Nummer eins bei Biopharmaka, sagte Pfizer-Chef Jeffrey Kindler. Der seit Sommer 2006 amtierende Kindler (52) soll auch künftig an der Spitze stehen. Für das Schlussquartal 2008 gaben beide Konzerne am Montag unter dem Strich sinkende Gewinne bekannt. Zur Finanzierung halbiert Pfizer seine Dividende. Etwa ein Drittel des Kaufpreises bezahlt Pfizer über neue Kredite einer Bankengruppe in Höhe von 22,5 Milliarden Dollar. Die Übernahme soll bis Jahresende abgeschlossen sein. Angestrebt werden Kosteneinsparungen von rund vier Milliarden Dollar pro Jahr.
Pfizer im Vorteil und Ausnahme
Für Wettbewerber könnten ähnliche Übernahmen wegen der Finanzkrise schwer werden. Der Kreditmarkt für solche Geschäfte ist weitgehend eingefroren. Branchenprimus Pfizer ist wegen seiner Grösse und Finanzkraft im Vorteil und eine Ausnahme. Zu Pfizers Produktpalette gehört der Blutfettsenker Lipitor. Das meistverkaufte Medikament der Welt mit Erlösen von rund 13 Milliarden Dollar pro Jahr steht für rund ein Viertel des Pfizer-Umsatzes. Wyeth vermarktet unter anderem das Anti-Depressivum Effexor und den Kinder- Impfstoff Prevenar etwa gegen Lungenentzündung.
Erhöhter Druck durch Generika-Hersteller
Forschende Pharmakonzerne wie Pfizer und Wyeths stehen unter Druck durch konkurrierende billigere Nachahmermedikamente (Generika). So verliert Pfizer Ende 2011 einen Patentschutz für den Kassenschlager Lipitor. Der Konzern will sich mit Wyeth Zugang zu neuen Medikamenten und Geschäftsfeldern verschaffen. Zur Risikostreuung soll ab 2012 kein Medikament mehr für mehr als zehn Prozent des Umsatzes stehen.
Pfizer-Aktie gibt vorbörslich nach
Pfizer zahlt je Wyeth-Aktie 50,19 Dollar. Dies ist ein Aufschlag von 29 Prozent auf den Schlusskurs vom Donnerstag, ehe erste Berichte über das Geschäft auftauchten. Der Kaufpreis beinhaltet 33 Dollar in bar und 0,985 Pfizer-Aktien je Wyeth-Papier. Die Wyeth-Aktionäre halten damit künftig etwa 16 Prozent am neuen Konzern. Die Pfizer-Aktie fiel im vorbörslichen US-Handel um mehr als vier Prozent auf rund 16,70 Dollar. Wyeth-Papiere stiegen um gut fünf Prozent auf 46 Dollar.
Pharmacia 2003 für 64 Milliarden Dollar übernommen
Im Jahr 2003 hatte Pfizer bereits den Rivalen Pharmacia für 64 Milliarden Dollar geschluckt. Seither gab es in der Branche keine noch grössere Übernahme. Viele heutige Pharmariesen entstanden durch Zusammenschlüsse – etwa auch AstraZeneca (Grossbritannien-Schweden), GlaxoSmithKline (Grossbritannien) und Sanofi-Aventis (Frankreich). Bei Pfizer brach der Gewinn im Schlussquartal 2008 wegen des laufenden Konzernumbaus und Rechtsstreitigkeiten um 90 Prozent auf 266 Millionen Dollar ein. Vor diesen Sonderposten stieg er dagegen stärker als von Experten erwartet. Der Umsatz fiel um vier Prozent auf 12,35 Milliarden Dollar.
Pfizer: Gewinn gehalten
Im Gesamtjahr 2008 verdiente Pfizer nach allen Sonderposten mit 8,1 Milliarden Dollar oder 1,19 Dollar je Aktie praktisch so viel wie im Vorjahr. Der Umsatz stagnierte ebenfalls bei 48,3 Milliarden Dollar. Für 2009 rechnet der Konzern mit einem Gewinn je Aktie von 1,34 bis 1,49 Dollar und einem Umsatz von bis zu 46 Milliarden Dollar. Wyeths Jahresüberschuss fiel 2008 wegen höherer Forschungskosten um vier Prozent auf 4,4 Milliarden Dollar. Der Umsatz stieg nach auch am Montag veröffentlichten Zahlen auf 22,8 (VJ: 22,4) Milliarden Dollar. (awp/mc/ps/01)