Philip Mosimann, CEO Bucher Industries
von Christa Spoerle
Herr Mosimann, sind Sie gedanklich noch in der Krise, oder stellen Sie sich schon auf eine Erholung oder eine Stagnation ein?
Nach dem Ausbruch der Krise haben wir von der ersten Stunde an nicht nur an Abbau sondern auch an die Zeit danach gedacht. Deshalb gingen wir in Bezug auf Know-how Erhalt auch mit Augenmass vor. Wir bereiten uns auf ein schwieriges 2010 vor, sind aber bereit für Erholungen.
Bucher wurde spät von der Krise betroffen, wird denn die Erholung auch länger dauern?
Ihre Aussage trifft für die Bereiche Land- und Glasmaschinen zu. Das Hydraulik Geschäft litt stark und dies von der ersten Stunde an. Die Bedürfnisse der Menschen in Bezug auf Nahrung, Getränke, Sauberkeit und Sicherheit haben sich nicht geändert. Deshalb wird die Erholung auch einsetzen, sobald die Weltwirtschaft wieder Tritt fasst.
Konnten Sie denn von den staatlichen Konjunkturstützungsprogrammen profitieren?
Bis jetzt nicht. Zwar haben die Kommunen ihre Projekte umgesetzt und nicht verschoben, aber die privaten Anbieter traten massiv auf die Bremse. Positiv werden sich die Subventionen für die Weinproduktion auswirken.
«Wir hatten in den Jahren 2007 und 2008 ausserordentlich hohe Investitionen getätigt. Dies erlaubt es uns in der Krise nur das Nötige zum Erhalt der Produktionseffizienz zu investieren. Alles andere muss und kann nun auch warten.»
Welcher Ihrer 5 Betriebsbereiche zeigt sich am konjunkturresistentesten, welcher lässt auf die schnellste Erholung hoffen?
Die Umsätze sind in den ersten neun Monaten je nach Bereich um knapp 10% bis leicht über 40% eingebrochen. Bei den Auftragseingängen liegt der Einbruch zwischen 27% bis 48%. Diese Krise kann nicht mit einem normalen Konjunkturwechsel verglichen werden.
Wird denn ein Bereich 2009 rote Zahlen schreiben? Kommen für Sie Quersubventionen in Frage?
Wir rechnen damit, dass trotz dem massiven Umsatzeinbruch alle Divisionen operativ schwarze Zahlen haben werden. Kurzfristig kann im Konzern ein stark betroffener Bereich, selbst wenn dieser in die Verlustzone geraten würde, mitgetragen werden. Langfristig geht dies aber nicht.
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In Osteuropa und China mussten Landmaschinen und Glasmaschinengeschäft im ersten Halbjahr böse Rückschläge hinnehmen, wie sieht die Entwicklung inzwischen dort aus?
Leider hat sich dies bis heute nicht gebessert. Osteuropa, ausser Polen, bleibt sehr schwach und in Asien kaufen die Kunden billige und einfache Glasmaschinen.
Wie weit ist die Entwicklung von Hartglasflaschen gediehen, wann werden Sie diese lancieren?
Wir testen in unserem Entwicklungszentrum in den USA die Herstellung von Hartglasflaschen im 24 Stundenbetrieb auf die Industrietauglichkeit. Die Resultate sind erfreulich, aber es braucht auf diesem Weg Geduld und Ausdauer, weil eine zu frühe Einführung mit Kinderkrankheiten kontraproduktiv wäre. 2011 dürften wir soweit sein.
Sie haben ihre Investitionen deutlich zurückgefahren, wo wird gespart, wo wird nicht gekürzt?
Wir hatten in den Jahren 2007 und 2008 ausserordentlich hohe Investitionen getätigt. Dies erlaubt es uns in der Krise nur das Nötige zum Erhalt der Produktionseffizienz zu investieren. Alles andere muss und kann nun auch warten.
Ende 2008 haben Sie verschiedene Übernahmen in den Niederlanden, Frankreich und den USA getätigt, in wieweit ist die Integration da fortgeschritten?
Wir sind sehr zufrieden mit der bereits erreichten Integration. Die neuen Bereiche stärken unsere Geschäfte langfristig und wir sind von diesen Schritten überzeugt.
Könnten Sie sich denn auch die Devestition eines Bereiches vorstellen, unter welchen Bedingungen?
Ja, das haben wir in den vergangenen Jahren auch bewiesen. Die wichtigsten Bedingungen hängen jedoch nicht von der kurzfristigen Gewinn- oder Verlustsituation ab. Vielmehr geht es um den langfristig erzielbaren Mehrwert für den Konzern, die Fähigkeiten des Managements das Geschäft weiter zu entwickeln und die Wachstumsaussichten im Markt.
Bucher hat in den letzten 20 Jahren den Umsatz nahezu verfünffacht, die Produktion beinahe globalisiert, welche Bedeutung hat der Standort Niederweningen für Sie?
Niederweningen ist nach wie vor in den Top Ten der rund 80 Standorte des Konzerns. Wichtige Bereiche sind dort angesiedelt: Das Geschäft mit Fruchtsaftanlagen, die Entwässerung von Klärschlamm, die Kompakt- und Grosskehrfahrzeuge der Marke Bucher Schörling, die Divisionsleitung von Bucher Municipal und das Handelsgeschäft mit Landmaschinen für die Schweiz. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.
Kann Bucher weiterhin auf den Rückhalt des Aktionärspools um die Familie Hauser, die etwa 34% des Aktienkapitals besitzt, zählen?
Sicher, das ist für die Firma ein unschätzbarer Vorteil. Wir wissen uns in der langfristigen industriellen Ausrichtung voll unterstützt und können uns voll auf die Weiterentwicklung der Firma konzentrieren. Auch werden wir nicht wegen kurzfristigen Stimmungen der Finanzmärkte von unserem Weg abgelenkt.
Zur Person:
Philip Mosimann schloss sein Studium an der ETH Zürich als dipl. Ing. ab. Seit 2002 ist er Vorsitzender der Konzernleitung der Bucher Industries AG, zu der er 2001 stiess. Zuvor war er in verschiedenen Funktionen im Sulzer Konzern tätig, zuletzt als Divisionsleiter Sulzer Textil. Mosimann sitzt zudem im Aufsichtsrat der Conzzeta Holding AG, Zürich.
Zum Unternehmen:
Die Bucher-Gruppe ist ein weltweit tätiger Technologiekonzern des Maschinen- und Fahrzeugbaus mit Produktionsstätten auf der ganzen Welt. Der Hauptsitz befindet sich in der Schweiz und der Konzern ist an der Schweizer Börse kotiert. Der Konzern umfasst 5 industriell verwandten Kernbereichen Kuhn Group (Spezialisierte Landmaschinen), Bucher Municipal (Kommunalfahrzeuge), Bucher Process (Produktionsanlagen für Wein und Fruchtsaft), Bucher Hydraulics (Hydraulik-Komponenten) und Emhart Glass (Produktionsanlagen für Behälterglasindustrie). Bucher erzielte im Jahr 2008 mit rund 8 400 Mitarbeitenden einen Umsatz von 2.8 Mrd CHF.