Philippe Frutiger, Hotel Giardino Ascona: «Ein Hotel muss immer noch rentabel zu führen sein, ich möchte Unternehmer sein und nicht Verwalter einer überteuert gebauten Hotel Infrastruktur»

Philippe Frutiger, Hotel Giardino Ascona: «Ein Hotel muss immer noch rentabel zu führen sein, ich möchte Unternehmer sein und nicht Verwalter einer überteuert gebauten Hotel Infrastruktur»

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Frutiger, im Lenkerhof haben Sie  und Ihre Frau  für Furore gesorgt mit Ihrem Konzept des «jugendlichsten 5-Sterne Hotels der Schweiz» und zahlreiche Auszeichnungen bekommen wie Gala Spa Award bestes Spa Resort Europas oder GaultMillaus Hotel des Jahres 2005). Was hat Sie nun nach Ascona an den Ort Ihres Karrierebeginns zurück gebracht?


Philippe Frutiger: Nun nebst einem sehr interessanten Unternehmen auch einen Ort in welchem sich meine Familie und sicherlich auch ich sehr wohl fühlen. DieHerausforderung hier ist nicht zu unterschätzen. Wir haben an der Lenk bewiesen, dass wir in einem schwierigen Ort aus einem alten Kurhaus ein trendiges Inplace machen konnten mit jährlichen Zuwachsraten um 30%, hier möchten wir aus einem ehemaligen Inplace, welches schwierige Jahre hinter sich hat wieder eine erstklssige Adresse machen, zudem müssen wir das Unternehmen wieder in die Gewinnzone bringen. Welche der zwei Herausforderungen grösser ist, weiss ich momentan noch nicht.



«Ehrlich gesagt, geht mir dieses Gerede über Millionen Investitionen langsam auf den Geist, denn am Schluss ist die Positionierung auf dem Markt und die Qualität der Dienstleistung für die heutigen Gäste entscheidender als die Infrastruktur Superlative.» Philippe Frutiger, Hotel Gieardino, Ascona


Die Spitzenhotellerie in Ascona ist momentan geprägt von zweistelligen Investitionen (zum Beispiel im Eden Roc und Castello del Sole). Welche Investitionen in welchen Bereichen sind im Giardino geplant für die kommenden Jahre?

Das Hotel Giardino hat in den letzten Jahren viel Investiert, auch in  diesem Jahr wurde viel erneuert und wir werden sicherlich noch die eine oder andere Investition vornehmen. Doch ehrlich gesagt, geht mir dieses Gerede über Millionen Investitionen langsam auf den Geist, denn am Schluss ist die Positionierung auf dem Markt und die Qualität der Dienstleistung für die heutigen Gäste entscheidender als die Infrastruktur Superlative. Servicedesign contra Infrastruktur. Zudem muss ein Hotel immer noch rentabel zu führen sein, ich möchte Unternehmer sein und nicht Verwalter einer überteuert gebauten Hotel Infrastruktur.

Das Giardino mit seiner barocken, fast kitschigen Interpretation von Südländlichkeit, hat eine grosse Anhängerschaft. Auf welche Änderungen müssen sich die Stammgäste einstellen und welche Reaktionen haben Sie bis anhin auf die ersten Veränderungen erfahren?


Diese eher farbige Architektur hat das Giardino ja nur die letzten Jahre geprägt und diese waren bekanntlich nicht die erfolgreichsten. Die heutige Architektur ist viel klarer, heller und moderner. Die Architektur war eine Folge der Neupositionierung, sowie auch das neue CD/CI, die Kommunikation und die neuen Konzepte. Diese knüpfen an alte Giardino Traditionen als progressives und innovatives Hotel an.

Mit Lian Maria Bauer, die zum Beispiel die Seerose in Meisterschwanden gestaltete,  haben Sie eine Innenarchitektin für die Neugestaltung beigezogen, die einen neuen Ton ins Haus bringt. Wäre Carlo Rampazzi, der Gestalter der ursprünglichen  nicht die näher liegende Wahl gewesen?


Näher schon, jedoch für die neue Positionierung eben nicht passend.

Frau Thalheimer-Frutiger, mit Ihrer Kosmetiklinie «dipiù» erweitern Sie das traditionelle Angebot eines Hotels. Welche Erwartungen verknüpfen Sie mit Ihren Produkten und was unterscheidet Ihre Kosmetiklinie von anderen Luxusprodukten zum Beispiel von St. Barth?

Daniela Thalheimer-Frutiger: Der Unterschied zu anderen Produkten ist der, dass ich genau weiss, was meine Produkte enthalten und dass ich selbst bestimmen kann, was hineinkommt. Der andere grosse Unterschied ist, dass es keine Zwischenhändler gibt und ich faire Preise für den Endverbraucher anbieten kann. Zusätzlich beziehen wir die Region Tessin in unseren Produktinhalten sowie in unserem eigenen Behandlungskonzept mit ein und können somit authentisch damit auftreten. Meine Erwartungen sind dieses Angebot zu erweitern und ständig auf den neuesten Stand der Kosmetikbranche mitzuhalten.


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Das Giardino ist bezüglich seiner Lage aus baulicher Sicht wohl nicht mehr gross erweiterbar. Während das Eden Roc eine Wellnessoase mit dem Stararchitekten Mario Botta erstellt, hat das Giardino bis anhin sein sehr ansprechendes Wellnessangebot eher stiefmütterlich behandelt. Welche Richtung wollen Sei hier einschlagen und wie werden Sie das Giardino gegen die zunehmende Konkurrenz positionieren?

Das ist nicht gesagt, dass das Giardino nicht baulich erweiterbar ist. Aber zum momentanen Zeitpunkt möchten wir uns auf das Bestehende konzentrieren, gute Qualität, freundliche und kompetente Beratung, einmalige sowie spezielle Angebote anbieten und umzusetzen.  Es gibt genügend Top Spa Infrastrukturen mit mittelmässigen Konzepten und ebensolchen Behandlungen.


Herr Frutiger, Mit dem 26-jährigen Rolf Fliegauf betreuen Sie einen Jungstar mit dem neuen Restaurant ECCO. Dazu setzen Sie auf den Trend «Molekularküche».  Wie viel Risiko gehen Sie mit diesem für die Schweizer Hotellerie neuen Weg ein?


hilippe Frutiger: Ohne Risiko kann man keine neue Wege beschreiten und einer muss immer der Ersten sein. Uns gefällt es eben neues auszuprobieren und jeder  der diese neue Küche getestet hat weiss, das dass Risiko eher klein ist….



«Wir wollen zufriedene Gäste! Alles andere kommt von selbst.»


Einige Ihrer Mitarbeiter aus dem Lenkerhof haben Sie ins Tessin begleitet. Unter Ihnen auch Ihr 16-Punkte-Koch Urs Gschwend. Welche Richtung wird er im Giardino einschlagen und wie schnell wollen Sie die 17 Punkte, die Ulf Braunert im Aphrodite erkochte, erreichen?


Er kocht modern Mediterran, er hat in den ersten Monaten bereits eine erstaunliche Performance entwickelt, das Gäste Feedback ist hervorragend. Zudem kocht er ein täglich wechselndes Menu nach den Erkenntnissen von Michel Montignac, dies ist in der Schweiz einzigartig und wird von Gästen welche sich bewusst ernähren wollen sehr gut aufgenommen. Wir wollen zufriedene Gäste! Alles andere kommt von selbst. Urs Braunert wurde von GaultMillau auf 16 Punkte zurück gestuft, 16 Punkte finde ich für die Restaurant Grösse realistisch.



«Die Gewinnzone möchten wir eigentlich bereits in diesem Jahr erreichen.»


Das Giardino hat, trotz hervorragendem Ruf, in den letzten fünf Jahren keinen Gewinn mehr erwirtschaftet. Welche Massnahmen werden Sie ergreifen, um in die Gewinnzone zu kommen und wann werden Sie diese erreichen?


Der Ruf hat aus verschiedensten Gründen in den letzten Jahren ein wenig gelitten. Nach einigen Jahren mit eher tiefer Belegung konnte im letzten Jahr knapp die Steigerung, welche im gesamtschweizerischen Schnitt erreicht wurde, verzeichnet werden. Die Gewinnzone möchten wir eigentlich bereits in diesem Jahr erreichen. Wie? Durch die neue Positionierung erreichen wir schon heute neue Gästesegmente, zudem gefällt es den langjährigen Stammgästen ebenso. Das ganze Finanzmanagement haben wir von einer externen Treuhandgesellschaft ins Hotel genommen, durch monatliche Reportings können wir auch kurzfristig auf der Kostenseite reagieren.

Einige der Hotels in Ascona haben den Versuch gestartet, die Saison zu verlängern und im Winter mehr Gäste ins Tessin zu locken. Wie werden Sie die Saisons planen und welche neuen Segmente glauben Sie für das Giardino gewinnen zu können?


Für uns ist die Saisonverlängerung ebenso ein Thema, jedoch sicherlich nicht strategielos, denn wir können es uns nicht leisten, den Cashflow in den späten Herbstmonaten aus Prestigegründen zu verlieren. Die Hotels in Ascona, die es bisher versuchten, waren sicherlich nie über dem Break-Even Point. Da haben wir noch einige Aufgaben zu lösen.

Zum Schluss des Interviews haben Sie je einen Wunsch frei. Wie sieht dieser aus?


Philipp Frutiger  & Daniela Thalheimer-Frutiger: Glückliche und zufriedene Gäste und Mitarbeiter, alles andere kommt von selbst, auch die Gewinnzone!





Der Gesprächspartner
Geboren 16. Januar 1969

Schul- und Weiterbildung:
1976-1984 Rudolf Steiner Schule Ittigen
1984-1985 Alpines Institut Lenk
1985-1986 École de Commerce Neuchâtel
1993-1996 Hotelfachschule HGF in Thun

2000-2001 Unternehmerseminar SHV/VDH

Berufliche Stationen:
1986-1989 Kochlehre im Grand Hotel Victoria Jungfrau Interlaken
1989-1993 Verschiedene Stellen als Koch im In- und Ausland

1994 Service Praktikum Albergo Giardino Ascona
1995 Rezeptions Praktikum Solbad Hotel Beatus Merligen
1996-1997 Assistent F&B Manager Albergo Giardino Ascona
1998-2000 F&B Manager Albergo Giardino Ascona
2000-2001 Vize Direktor Albergo Giardino Ascona
2002 Direktor Lenkerhof alpine resort
2007 Direktor Hotel Giardino Ascona

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