Philippe Frutiger, Lenkerhof, Lenk: «Ich bin nicht unbedingt der grosse Stratege, wir müssen einfach schneller die besseren Ideen haben als unsere Mitbewerber»

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Frutiger, nach einem aufregenden Jahr mit vielen Auszeichnungen für den Wellnessbereich, die Küche und das gesamte Hotel und Ihrer Nomination für den Swiss Economic Award, was bleibt als Besonders in Erinnerung?

Philippe Frutiger:
Das Besondere waren eigentlich nicht die Auszeichnungen sondern die vielen zufriedenen Gäste und Mitarbeiter, dies mag eine typische Standard Antwort eines Hoteliers sein. Die Auszeichnungen sind natürlich eine tolle Bestätigung für das Geleistete, aber ohne zufriedene Gäste und Mitarbeiter wertlos….

«Hierher kommen viele junge Menschen mit Ideen und Kreativität, diese junge Menschen haben in den letzten zwei Jahren viel mehr gesehen als wir, viele Ideen stammen von Ihnen es gilt diese Ideen nur anzuzapfen.»
Philippe Frutiger, Hoteldirektor Lenkerhof, Lenk

Für das Thema «Better Aging» arbeiten Sie mit Frau Dr. Gabriele Fetzer zusammen und offerieren Ihren Gästen moderne ganzheitliche Medizin zur Steigerung des Wohlbefindens. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen und welche Ziele haben Sie damit?

Nun, Dr. med. Gabriele Fetzer kann als absoluter Glücksfall bezeichnet werden. Sie führte eine sehr erfolgreiche Praxis in Berlin. Sie suchte um die Leute nachhaltiger Betreuen zu können eine Praxis in den Alpen, in der Nähe eines tollen Hotels. Zum Glück führte sie die Suche in die Lenk, wo sie fündig wurde. Die Gästebedürfnisse in den Wellnesshotels gehen immer mehr in Richtung nachhaltige Steigerung der eigenen Lebensqualität, die Hoteliers haben diese Kompetenzen jedoch nicht, somit sind wir auf kompetente Beratung angewiesen.

Ziel ist natürlich neue Gäste mit diesem Angebot anzusprechen und damit natürlich auch die Aufenthaltsdauer zu verlängern, sollte man doch bei diesem Angebot zwei Wochen bleiben.

Urs Gschwend, Ihr Küchenchef, hat sich in New York inspirieren lassen. Welche Spuren wird das auf der Karte in den Restaurants des Hauses (Spetttacolo, 16 Punkte GaultMillau, Oh de Vie) hinterlassen?

New York hat sich als absoluter Trendsetter in Sachen Kulinarik gemausert. Findet man doch auf kleinsten Raum alle weltweiten Spezialitäten in den verrücktesten Kombinationen und Ausführungen. Urs Gschwend war bei vier dieser Herdvirtuosen. Die erste Erkenntnis war, dass diese auch nur mit Wasser kochen…. Er hat jedoch sehr viele neuartigen Gewürze und Kräutern gefunden, welche sicherlich auch bei uns Verwendung finden werden. Der grösste Trend in New York ist jedoch die Kombination der Mediterranen und Japanischen Küche, welcher der Weltstar NOBU unter Vertrag von Robert de Niro zelebriert. Der Lenkerhof nimmt diesen Trend in diesem Sommer auf und bietet jeden Donnerstag mit dem Japanischen Meisterkoch Shinji Tanaka ein spezielles Menu im Oh de Vie an.

Zuhinterst ins Simmental verirrt man sich nicht ohne Ziel. Was suchen Ihre Gäste im Lenkerhof, woher kommen Sie und wie lange bleiben Sie im Durchschnitt?

Die Gäste welche zu uns kommen suchen das Aussergewöhnliche, wollen etwas für Körper und Geist tun, stammen hauptsächlich aus der Schweiz, wobei die Romands erstaunlich gut vertreten sind. Durchschnittlich verbringen die Gäste drei Nächte im Lenkerhof.

Sie haben eine Auslastung übers Jahr von 65 Prozent. Von Mitte Dezember bis Ende März ist der Lenkerhof praktisch ausgebucht. Wie können Sie die Auslastung in der übrigen Zeit steigern und ab welcher Auslastung kommen Sie in die Gewinnzone?

Der Break-Even Point liegt bei tiefen 45 Prozent. Wir könnten natürlich die Preise senken und hätten sicherlich sofort mehr Gäste. Dies widerspricht aber meiner Philosophie. Wir hatten im letzten Sommer eine Umsatzsteigerung zum Vorjahr von 35 Prozent. Falls die Steigerung in diesem Sommer ähnlich gut ist, wären wir mehr als zufrieden.

Um an der Spitze zu bleiben, müssen Sie Ihre Gäste immer wieder überraschen. Was erwartet die Gäste in der kommenden Saison an Neuheiten?

Neue kreative Kunst, viele neue Standards und Angebote hauptsächlich im «7 sources beauty & spa» und natürlich die Zusammenarbeit mit Shinji Tanaka und Dr. med. Fetzer

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In der Zwischensaison von Mitte April bis Mitte Juni wird der Lenkerhof jeweils wieder auf Hochglanz gebracht. Wie viel haben Sie dieses Jahr investiert und wie finanzieren Sie in Zukunft grössere Projekte?

Unser Bestreben ist es die Infrastruktur jedes Jahr wieder in den Zustand von Dezember 2002 zu versetzen. Alle Schäden müssen ob in den Zimmern, Restaurants oder Spa, behoben werden. Wir müssen in Zukunft alle Investitionen aus dem Cash Flow finanzieren, was bei diesem tiefen Break-Even point eigentlich gelingen müsste.

Wachstum heisst auch, dass man neue Gäste ins Simmental holen muss. Welche neuen Kundensegmente und Märkte möchten Sie sich erschliessen und wie gehen Sie dabei vor?

Unsere neuen Märkte welche wir mit unserem bescheidenen Budget punktuell bearbeiten möchten sind Holland und Grossbritannien. Wir veranstalten Presse Diners in angesagten Hotels von Amsterdam und London, dabei geht es primär die Journalisten kennen zu lernen und sie zu einem Aufenthalt in den Lenkerhof zu bewegen. Waren sie mal hier, können sie gar nicht anders, als über uns zu schreiben. Dieses Konzept hat in Deutschland bestens geklappt. Dabei werde ich von Lore Giegerich, einer Marketing Fachfrau mit einem enormen Beziehungsnetz, unterstützt.

Der Hotelier wird immer mehr zum Unternehmer, der die strategische Dimension seines Geschäftes ebenso beherrschen muss wie die operative Umsetzung. Wo legen Sie den Schwerpunkt für die nächsten drei Jahre, welches sind die wichtigsten Ideen, die Sie umsetzen möchten?

Ich bin nicht unbedingt der grosse Stratege, wir müssen einfach schneller die besseren Ideen haben als unsere Mitbewerber. Die Hotels mit den besten Standards, der besten Qualität zum besten Preis und mit der besten emotionalen Inszenierung sind die erfolgreichen und nicht die mit den Strategien. Und ehrlich gesagt, hätte ich tolle Strategien würde ich sie nicht verraten…..

Zusammen mit Ihrer Frau legen Sie im Lenkerhof seit dem Start ein fulminantes Tempo vor. Der Lenkerhof entwickelt sich nach Ihrem gemeinsamen Konzept als Erfolgsgeschichte. Woher holen Sie sich die Inspiration, so weit weg von den Zentren des Weltgeschehens?

Wir befinden uns in einer Mikro Welt. Im Lenkerhof arbeiten über neun Nationen, hierher kommen viele junge Menschen mit Ideen und Kreativität, diese junge Menschen haben in den letzten zwei Jahren viel mehr gesehen als wir, viele Ideen stammen von Ihnen es gilt diese Ideen nur anzuzapfen. Zudem Reisen wir natürlich viel und meine Frau sprudelt nur so von Ideen.

Sie haben zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
Das Geschäft und die Familie weiterhin erfolgreich unter einen Hut bringen, dies waren doch schon zwei Wünsche, oder?








Lesen Sie die ausführliche Reportage aus dem Jahr 2004:

Lenkerhof Lenk: Das jugendlichste 5-Sterne Hotel? Aber easy, findet Fintan
Jugendlichkeit als Kompetenz eines 5-Sterne Hotels? Mein 12-jähriger Sohn Fintan hat diesen Anspruch einer Prüfung unterzogen. Kurzfassung: Coolstes Hotel. Die Begeisterung macht aber auch vor dem Alter nicht Halt. Ein Juwel zuhinterst im Simmental. weiter…

Interview mit Philippe Frutiger 2004: weiter…




Philippe Frutiger
Geboren 16. Januar 1969

Schul- und Weiterbildung:
1976-1984 Rudolf Steiner Schule Ittigen
1984-1985 Alpines Institut Lenk
1985-1986 École de Commerce Neuchâtel
1993-1996 Hotelfachschule HGF in Thun

2000-2001 Unternehmerseminar SHV/VDH

Berufliche Stationen:
1986-1989 Kochlehre im Grand Hotel Victoria Jungfrau Interlaken
1989-1993 Verschiedene Stellen als Koch im In- und Ausland

1994 Service Praktikum Albergo Giardino Ascona
1995 Rezeptions Praktikum Solbad Hotel Beatus Merligen
1996-1997 Assistent F&B Manager Albergo Giardino Ascona
1998-2000 F&B Manager Albergo Giardino Ascona
2000-2001 Vize Direktor Albergo Giardino Ascona
2002 Direktor Lenkerhof alpine resort

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