Bei einem vertraulichen Treffen mit niedersächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Anfang der Woche habe der Finanzvorstand des Sportwagenbauers, Holger Härter, erstmals einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ins Spiel gebracht, berichtet das Blatt.
«Reiner Befehlsempfänger»
Dies würde VW zu einem reinen Befehlsempfänger machen – ausserdem müssten die Wolfsburger ihren gesamten Gewinn nach Stuttgart überweisen. Porsche werde dieses Ziel nicht einfach aufgeben, nur weil ein neues VW-Gesetz in der Vorbereitung sei, wird Härter laut Zeitung aus Teilnehmerkreisen zitiert. Ein Porsche-Sprecher erklärte dazu, Härter habe lediglich eine theoretische Möglichkeit angesprochen. Derzeit stehe ein Beherrschungsvertrag nicht zur Debatte und sei auch «völlig unrealistisch».
VW-Aktienpaket auf 35 Prozent aufgestockt
Tatsächlich kann Porsche im Moment gegen das Land Niedersachsen, das 20 Prozent der VW-Anteile hält, keine ausreichende Mehrheit für derartige Pläne bekommen. Die Stuttgarter haben ihr VW-Aktienpaket am Dienstag auf mehr als 35 Prozent aufgestockt und wollen im November auf mehr als 50 Prozent der Anteile kommen. Die Tatsache, dass sich die Stuttgarter so vehement gegen eine Novelle des VW-Gesetzes wehrten, hatte in VW-Kreisen nach Aussage der Zeitung schon lange den Verdacht genährt, sie wollten die mehr als 20-mal grössere Tochter an die kurze Leine nehmen. Das VW-Gesetz sichert dem Land de facto ein Vetorecht.
EU verlangt Sperrminorität von 25 Prozent
Nur wenn diese Sperrminorität, wie es auch die EU verlangt, auf 25 Prozent angehoben würde, hätte Porsche eine Chance, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag durchzusetzen. Dafür müsste der Sportwagenbauer nach Schätzungen von Aktienrechtlern allerdings gut 70 Prozent der VW-Papiere – und damit fast alles, was es am freien Markt gibt – zusammenkaufen.
VW fährt Stacheln gegen Grossaktionär Porsche aus
Derweil verhärten sich im Machtkampf die Fronten. Der VW-Vorstand habe ein Rechtsgutachten zum Umgang mit dem Grossaktionär erarbeiten lassen, berichtet das «Handelsblatt» (Donnerstagausgabe) unter Verweis auf Informationen aus Konzernkreisen. Das von Konzernjuristen erstellte Papier weise darauf hin, dass es auch nach einer Mehrheitsübernahme durch Porsche «keinerlei allgemeine Pflicht» zur Weitergabe vertraulicher Informationen gebe, bestätigte eine mit der Situation vertraute Person einen entsprechenden Bericht des Magazins «Capital».
«Schlichte Selbstverständlichkeit»
Ein Sprecher von VW bestätigte der Zeitung die rechtliche Prüfung. Er bestritt jedoch, dass es um einen verbindlichen Kodex für Manager handele. Ein Porsche-Sprecher betonte, alle Kooperationen würden im gegenseitigen Einvernehmen geschlossen. Der Kodex sei der Firma bekannt, deren Inhalt sei aber eine «schlichte Selbstverständlichkeit».
Piëch spannt Betriebsräte vor den Karren
Der seit längerem schwelende Konflikt zwischen den beiden Machtmenschen Ferdinand Piëch und dem Porsche-Chef Wendelin Wiedeking war wegen Audi am vergangenen Freitag bei der VW-Aufsichtsratssitzung offen zutage getreten. Piëch hatte als Vorsitzender des Kontrollgremiums einen Antrag der Arbeitnehmerseite passieren lassen, wonach Geschäfte zwischen Porsche und der Ingolstädter VW-Tochter nur mit Zustimmung des Wolfsburger Aufsichtsrates geschlossen werden dürfen. Piëch-Cousin und Porsche- Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche hatte geschockt auf die Reglementierung reagiert. (awp/mc/ps/20)