Er habe weder gegen aussen noch gegen innen den Eindruck erweckt, dass er passende Antworten habe. Mit seinem forschen Auftreten habe er nie zur Kultur der Post gepasst. Kritisiert wird von diesen beiden Zeitungen auch der zuständige Postminister. Leuenberger habe sich blenden lassen. Er habe frühe Warnungen aus der Post verpuffen lassen und habe letztlich nicht mehr anders gekonnt, als sich mal laut, mal lau hinter seinen Mann zu stellen.
Hat Leuenberger zu lange zu Béglé gehalten?
Béglé habe zwar die richtigen Fragen gestellt, aber klare, durchdachte Antworten darauf habe er keine gehabt, heisst es bei «Blick Online». Deshalb sei er als Post-Präsident eine Fehlbesetzung gewesen. Er sei nie in der Lage gewesen, seine Rolle und Aufgabe beim Staatsbetrieb richtig einzuschätzen, geschweige denn zu erfüllen. Die «Basler Zeitung» erachtet den Rücktritt als «überfällig und gut». Gleichzeitig pocht der Kommentator auf die Rolle von Leuenberger. Nun müsse sich Leuenberger die Frage gefallen lassen, ob er bei der Anstellung Béglés wirklich genügend Abklärungen getroffen habe und ob er seinem Post-Präsidenten nicht viel zu lange die Stange gehalten habe.
Fall Nef lässt grüssen
Der «Landbote» zeigt mit dem Finger einzig und allein auf Leuenberger. Dass dieser die Details von Béglés Nebentätigkeiten nicht kannte, entlaste ihn nur auf den ersten Blick. In Tat und Wahrheit erinnere das Ganze an den Fall Nef. Hier wie dort stelle sich die Frage, wie Personen mit inakzeptablen Schwächen in zentrale Führungspositionen gelangen konnten. Auch für die «Südostschweiz» ist Leuenberger angeschlagen, denn er stehe am Anfang der fatalen Ereigniskette. Er habe den falschen Mann an den falschen Ort gesetzt. Béglé möge ein weltgewandter, umtriebiger Manager sein. Er sei aber kein Mann der leisen Töne gewesen und dies komme in Bern, wo Bescheidenheit eine Zier seien, nicht gut an.
NZZ sieht Probleme nicht gelöst
Mehr oder weniger Rückendeckung bekommt Béglé einzig von der «Neuen Zürcher Zeitung». Die wirklichen Probleme der Post seien mit dem Abgang der umstrittenen Figur nicht gelöst. Durch die anhaltenden Querelen sei die Beantwortung essenzieller Fragen um gut ein Jahr verzögert worden, heisst es in der Online-Ausgabe der Zeitung. Die Westschweizer Zeitungen sehen Béglé auch als Opfer einer Kampagne der Deutschschweizer Medien und der alten Garde der Post, welche beide in der Sache zusammengespannt hätten. Für «24 heures» ist das Ganze eine Staatsaffäre, die tiefe Spuren hinterlasse.
Opfer seines eigenen Machthungers
Aber auch Béglé selber kommt nicht ungeschoren davon. Er habe es an Zurückhaltung vermissen lassen, schreibt «Le Temps». Sein Rücktritt sei vorhersehbar gewesen, nachdem er sich in den Vordergrund gedrängt habe, ohne dass er zuvor etwas bewiesen habe. «L’Express», «L’Impartial» und «Le Nouvelliste» meinen, Béglé sei Opfer seines Machthungers geworden. Dies habe dazu geführt, dass er die Regeln der Schweizer Konsenspolitik ignoriert habe.
Kandidatenkarussell dreht auf Hochtouren
Über die Nachfolge wird in den Medien bereits heftig spekuliert. Am häufigsten genannt werden Gerold Bührer, der Präsident von economiesuisse, Jens Alder, der frühere Chef der Swisscom, Peter Hasler, der frühere Direktor des Arbeitgeberverbandes, SBB-Verwaltungsratspräsident und Ex-Post-Chef Ulrich Gygi, Marc Furrer, Chef der Postregulationsbehörde Postreg sowie Benedikt Weibel, der ehemalige SBB-Chef. Wenn es nach dem «Tages-Anzeiger» und der «Basler Zeitung» geht, wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Claude Béglé bereits heute Mittwoch – nach der wöchentlichen Bundesratssitzung – präsentiert. Béglé selber stellt sich heute Vormittag der Presse. (awp/mc/ps/01)