Die Schweizer Presse hält den Kahlschlag bei der Swiss zwar für unabdingbar, zweifelt aber weiter an den Zukunftschancen des Unternehmens. Ins Kreuzfeuer der Kritik gerät jetzt das Management.
Jetzt wird Kritik an André Dosé laut. (keystone)
Der «Blick» vom Mittwoch sieht die Schweizer Luftfahrtgesellschaft auf dem «totalen Irrflug». Die Führung der Swiss sei völlig überfordert. Seit dem Start mit üppiger Kapitalausstattung habe man kein einziges Ziel erreicht.
Unklare Strategie
Der «Tages-Anzeiger» wirft André Dosé und seiner Crew vor, sie habe «eine unklare, falsche oder gar keine Strategie vefolgt». Der Rettungsversuch sei trostlos. Die Westschweizer Zeitung «Le Temps» ergänzt, in der Welt des Sports wären solch erfolglose «Trainer» längst ausgewechselt worden.
«Karren bereits zu weit im Dreck»
Auch die «Neue Luzerner Zeitung» fragt sich, inwieweit die Swiss-Führung die Mitverantwortung für die heutige tiefe Krise trage. Die «Südostschweiz» glaubt allerdings, dass der Karren bereits so tief im Dreck stecke, dass selbst ein Wechsel an der Konzernspitze zu spät käme.
Auf Goodwill angewiesen
Nach Ansicht der «Neuen Zürcher Zeitung» ist die Radikalkur vom Markt diktiert worden. Die Swiss dürfe sich bei der Umsetzung des neuen Geschäftsplans nun keine grossen Fehler erlauben und sei auf den Goodwill von Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden angewiesen.
Noch immer keine konkreten Angaben
Viele Fragen seien auch nach der Medienkonferenz vom Dienstag offen, schreibt die «Aargauer Zeitung»: «Es bleibt ein flaues Gefühl im Magen.» Ohne konkretere Angaben zum Businessplan werde die Geschäftsleitung das Misstrauen kaum abbauen können, mahnt das «St. Galler Tagblatt».
Grosse Fragezeichen
Auch die «Basler Zeitung» sieht «grosse Fragezeichen». So gebe es beim Pilotenstreit ein grosses Konfliktpotenzial. Als sehr ambitiös erscheine zudem das Ziel, in der Verwaltung 50 Prozent der Kosten abzubauen.
Bereits zu spät für Allianzbeitritt?
Der «Bund» fragt sich, ob der Spagat zwischen hohem Qualitätsanspruch auf der Langstrecke und Billigflieger im Europa- Geschäft gelingt. Unklar sei zudem die Lage bezüglich des Allianzbeitritts. Nach Ansicht der «Tribune de Genève» könnte es dafür schon zu spät sein.
Weiterhin harte Konkurrenz durch EasyJet und Co.
Skeptisch ist auch die Westschweizer Wirtschaftszeitung «L’Agefi». Billig-Flieger wie Ryanair und EasyJet dürften der Swiss weiterhin hart zusetzen. «24 heures» sieht dagegen Chancen für die neue Swiss, wenngleich das mögliche Überleben mit Massenentlassungen gezahlt werden müsse.
Kein weiteres Bundesgeld
Die Versuchung sei gross, nochmals den Bund um Hilfe anzugehen, findet die «Berner Zeitung». Doch Bern müsse Wort halten und dürfe kein weiteres Geld sprechen, auch nicht auf indirektem Weg zum Beispiel über die Exportrisikogarantie.
Industriesterben im Randgebiet
Verbittert kommentieren die Neuenburger Blätter «Express» und «Impartial» die Pläne des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco), sozialen Härtefällen bei der Swiss vorzubeugen. Da werde mit zwei Ellen gemessen, heisst es: 3000 Entlassungen in Zürich, Basel oder Genf hätten offensichtlich mehr Gewicht als das langsame Sterben der Industrie in einem Randgebiet.
Keine Identifikation mit der Romandie
Sollte die Swiss dereinst verschwinden, wäre dies für «Le Matin» kein Unglück: Die Romandie jedenfalls werde keine grossen Tränen vergiessen, wenn eine Gesellschaft verschwinde, die immer weniger mit der Westschweiz zu tun habe. Die «Thurgauer Zeitung» ergänzt: «Die Schweiz braucht keine nationale Airline, sondern möglichst direkte Flugverbindungen aus der Schweiz.» (awp/mc/mad)