René Kamm, CEO MCH Messe Schweiz AG

von Patrick Gunti


Herr Kamm, das Stimmvolk des Kantons Basel-Stadt hat sich für das Projekt «Messezentrum Basel 2012» ausgesprochen, resp. es hat den Bebauungsplan und die Finanzierungsbeihilfen der öffentlichen Hand gutgeheissen. Was bedeutet dieser Entscheid für Sie?


Die Stimmbevölkerung des Kantons Basel-Stadt hat mit ihrem überzeugenden Ja ein klares Bekenntnis für die Weiterentwicklung des internationalen Messestandortes Basel abgegeben. Das Ergebnis zeigt, dass sich die Öffentlichkeit der grossen wirtschaftlichen Bedeutung des Messe- und Kongresszentrums bewusst ist. Es zeigt auch, dass die Bevölkerung erkannt hat, dass das Projekt des Architekturbüros Herzog & de Meuron eine grosse Chance und Bereicherung für die Stadt und Region ist. Wir freuen uns, dieses Projekt realisieren zu können.


Nach dem Kanton Basel-Stadt muss nun auch der Kanton Basel-Land über das Projekt abstimmen. Haben Sie Befürchtungen, dass der Landkanton ein Veto einlegt?


Auch der Kanton Basel-Landschaft profitiert direkt und in grossem Masse von den wirtschaftlichen Effekten des Messe- und Kongressstandortes Basel. Wir sind überzeugt, dass die Baselbieter Bevölkerung dies nicht aufs Spiel setzen wird.


Welche hauptsächlichen Ziele verfolgt die Messe Schweiz mit dem Projekt?


Mit dem Projekt «Messezentrum Basel 2012» werden die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen, damit die grossen internationalen Messen – allen voran die BASELWORLD – auch in Zukunft in Basel durchgeführt werden können. Gleichzeitig erfährt das Messegelände mit der Überbrückung des Messeplatzes eine markante konzeptionelle Verbesserung, indem es viel kompakter wird.


«Das Ergebnis zeigt, dass sich die Öffentlichkeit der grossen wirtschaftlichen Bedeutung des Messe- und Kongresszentrums bewusst ist.» (René Kamm, CEO MCH Messe Schweiz AG)


Wie wichtig ist das Projekt für die Messe Schweiz einerseits, für den Wirtschaftsstandort Basel andererseits?


Es ist für die Messe Schweiz von sehr grosser Bedeutung. Ohne die notwendige Infrastruktur lässt sich eine Messe wie die BASELWORLD nicht erfolgreich durchführen und weiterentwickeln. Das heisst, ohne die Realisierung des Projekts müssten wir den künftigen Stellenwert des Standortes Basel als Durchführungsort unserer wichtigsten Messen ernsthaft hinterfragen.


Auch für den Wirtschaftsstandort Basel ist das Projekt natürlich äusserst wichtig. Wie stark sich die volkswirtschaftlichen Effekte reduzieren würden, wenn das Projekt nicht realisiert werden könnte oder sogar die BASELWORLD an einem anderen Standort durchgeführt werden müsste, ist schwierig zu sagen. Würden sich dadurch beispielsweise diese Effekte auf die Hälfte reduzieren, dann hiesse das alleine in der Region Nordwestschweiz den Verlust von über 5’000 Arbeitsplätzen und jährlichen Steuereinnahmen von 35 Millionen Franken.


Ein Ja des Landkantons vorausgesetzt – wie sieht der anschliessende Terminplan zur Realisierung des Projekts aus?


Bis Ende 2008 oder Anfang 2009 sollten das Baubewilligungsverfahren und das Submissionsverfahren für den Totalunternehmer abgeschlossen sein. Dann beginnen die Vorbereitungsarbeiten. Der eigentliche Neubau wird anschliessend in zwei Etappen realisiert, zwischen der BASELWORLD 2010 und 2011 sowie zwischen der BASELWORLD 2011 und der Swissbau 2012.


Werden die Ausstellungen von den Arbeiten betroffen sein?


Auch während der Bauzeit werden alle Messen durchgeführt. Natürlich wird man die Baustelle nicht «verstecken» können, aber Bauablauf und Baustelleninstallation werden so sein, dass unsere Veranstaltungen beziehungsweise unsere Kunden davon möglichst wenig tangiert werden.


Mit dem neuen Messezentrum kommen grosse Investitionen auf die Messe Schweiz zu. In welcher Höhe werden sich diese bewegen?


Mit allen rückzahlbaren Darlehen wird die Messe Schweiz letztlich 260 Millionen Franken der geschätzten Investitionen von 350 Millionen Franken selber tragen. Hinzu kommen alle über diese Schätzung hinausgehenden Kosten.

Wer trägt die übrigen Aufwände der Gesamtinvestitionen?


Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft leisten Investitionsbeiträge von 70 beziehungsweise 20 Millionen Franken. Sie unterstützen zudem die Messe Schweiz in der Fremdkapitalbeschaffung mit verschiedenen – zum Teil zinslosen, zum Teil normal verzinsbaren – Darlehen, welche die Messe Schweiz jedoch zurückzahlen wird. Zudem beteiligen sich auch der Kanton und die Stadt Zürich mit einem zinsvergünstigten, aber ebenfalls rückzahlbaren Darlehen am Projekt.


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Messe Schweiz kann die Investitionen auch dank eines ausgezeichneten Geschäftsjahres 2007 tätigen. Der Ertrag stieg von 218,1 auf 338,7 Mio. Franken, der Cash-flow von 48,3 auf 87,9 Mio. Franken und der Gruppengewinn von 13,8 auf 45,7 Mio. Franken. Welche Faktoren haben hauptsächlich zu dem ausgezeichneten Ergebnis beigetragen?


Wir hatten – unter anderem mit den nur alle zwei Jahre stattfindenen Swissbau und Igeho – turnusgemäss ein ausgesprochen starkes Eigenmessenprogramm, und fast alle unserer Eigenmessen schlossen in 2007 sehr erfolgreich ab. Zudem hatten wir erstmals den Akquisitionseffekt der Firma Expomobilia AG, welche 2007 in die Gruppe integriert worden ist.


Von welchen Ergebnissen gehen Sie im laufenden Jahr aus?


Auf Grund des gegenüber 2007 schwächeren Eigenmessenprogramms wird 2008 das Rekordergebnis vom Vorjahr nicht zu erreichen sein. Der Ertrag wird aber wiederum über 300 Millionen Franken liegen und wir erwarten das zweitbeste Resultat in der ewigen Bestenliste des Unternehmens.


Wie werten Sie die am 8. Juni zu Ende gegangene ART 39, einerseits vom Besucherinteresse her, andererseits betreffend den teilnehmenden Galerien?


Trotz Finanzkrise in den USA und unvermeidbarer Überschneidung mit dem Beginn der Euro 2008 ist die Art 39 Basel von den Galerien, Sammlern und Medien als sehr guter Jahrgang bezeichnet worden. Sie hat gezeigt, dass der internationale Kunstmarkt in einer starken Verfassung ist, und sie hat auch die unbestrittene Position der Art Basel als weltweit führende Kunstmesse erneut eindrücklich bestätigt.


Cay Sophie Rabinowitz trat Ende April als künstlerische Leiterin der Art Basel und Art Basel Miami Beach zurück, Annette Schönholzer, zuvor für Organisation und Finanzen zuständig, und Marc Spiegler (Strategie und Entwicklung) übernahmen als Co-Direktoren. Wird diese Lösung so weitergeführt?


Ja. Die beiden Co-Direktoren sind ein starkes Duo. Sie ergänzen sich ausgezeichnet und sind bereits ein eingespieltes Team. Marc Spiegler hat den Verantwortungsbereich von Cay Sophie Rabinowitz übernommen und erarbeitet, wie in der Vergangenheit bereits Sam Keller, zusammen mit dem Selection Committee und verschiedenen externen Kuratoren die künstlerischen Inhalte.


Art Basel Conversations, Art on Stage, Art Lobby, Art Unlimited etc. Im Umfeld der Art Basel werden immer mehr kleinere Veranstaltungen durchgeführt. Welchen Stellenwert messen Sie diesen zu?


Die Art Basel ist schon lange nicht mehr eine klassische Messe, die sich auf die Ausstellung und den Verkauf in den Hallen beschränkt. Sie ist sowohl in Basel wie in Miami ein riesiges Kunstevent, dass eine Woche dauert. Mit den vielen «Special- und Crossover Events» wollen wir unseren Kunden nachhaltige Mehrwerte bieten: Mit der Art Basel Conversations zum Beispiel erhalten sie Einblicke in Expertenmeinungen über Entwicklungen im Kunstmarkt. Art Unlimited ist eine Plattform, wo Werke gezeigt und verkauft werden können, welche den üblichen Rahmen von Ausstellungen sprengen. Und mit Initiativen wie «Art on Stage» werden auch interessante Verbindungen zu anderen künstlerischen Bereichen geschaffen.


Mit der Beteiligung an Design Miami und Design Miami Basel hat die Messe Schweiz ihr Engagement im Kunst- und Designmarkt ausgebaut. Sind weitere ähnliche Beteiligungen oder Kooperationen geplant?


Wir arbeiten natürlich laufend daran, unsere international führende Stellung in diesem Gebiet weiter auszubauen. Dazu gehört unter anderem auch die Prüfung möglicher weiterer Kooperationen oder Eigenentwicklungen.


Herr Kamm, herzlichen Dank für das Interview.





Zum Unternehmen:
Die Messe Schweiz ist eine führende internationale Live-Marketing-Gruppe. Sie ist 2001 durch den Zusammenschluss der früheren Messegesellschaften in Basel und Zürich gegründet worden. Zur Unternehmensgruppe gehören heute auch die Winkler Veranstaltungstechnik AG und die Standbaufirma Expomobilia AG. Sie ist überdies an weiteren Unternehmen beteiligt. Die MCH Messe Schweiz (Holding) AG ist eine Aktiengesellschaft mit Beteiligung von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Holdinggesellschaft ist am Nebensegment der SWX Swiss Exchange kotiert.


Das Portfolio der Eigenmessen und Joint Ventures der Messe Schweiz zählt über 30 Messen, die vornehmlich an den eigenen Standorten in Basel und Zürich stattfinden. Mit der Weltmesse für Uhren und Schmuck BASELWORLD und den internationalen Kunstmessen Art Basel und Art Basel Miami Beach ist die Messe Schweiz die Veranstalterin der weltweit wichtigsten Messen in diesen Branchen.


Die beiden eigenen Messegelände in Basel und Zürich umfassen eine Bruttoausstellungsfläche von insgesamt 195 000m2 (Basel 162 000, Zürich 33 000). Diese Messeinfrastruktur dient einerseits der Durchführung der Eigenmessen, wird aber auch an Gastveranstalter vermietet. In Basel betreibt die Messe Schweiz zudem das eigene Congress Center und ihr gehören ebenfalls das Musical Theater Basel sowie das Theater 11 in Zürich.


Mit den beiden Tochterunternehmen Winkler Veranstaltungstechnik AG und der Standbaufirma Expomobilia AG kann die Messe Schweiz den Kunden bei Eigen- und Gastmessen, an eigenen und anderen Standorten, alle für eine Messebeteiligung relevanten Dienstleistungen anbieten. Darüber hinaus ist sie mit diesen auch im übrigen internationalen Event-Markt aktiv.


Zur Person:
René Kamm – CEO der MCH Messe Schweiz (Holding) AG


Geboren in Basel am 10.2.1960, wohnhaft in Basel, verheiratet


Ausbildung:


– Schulabschluss:nbsp;Holbein Gymnasium Basel, Matura Typus D
– Universitätsabschluss: Uni Basel, Lic.rer.pol
– Sprachen:nbsp;Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch fliessend;
&Grundkenntnisse in Mandarin


Wichtigste berufliche Etappen:


– 4 Jahre Unilever Schweiz (Firma Sais mit Sitz in Zürich; Product-/Marketing Management «Catering» und später «Retail»)
– 4 Jahre Tag Heuer (Uhrenfirma mit Sitz in Marin/NE; Directeur de Marchés Mittel- und Nordeuropa, Südamerika, Duty Free international)
-3 Jahre Artime Spa. (Uhrenfirma; u.a. Marke Sector no Limits; Mitglied der internationalen  Geschäftsleitung mit Sitz in Mailand und Lugano und Geschäftsführer Deutschland, Düsseldorf)
– Seit 1. Juni 1999 bei der Messe Basel (seit 2001 Messe Schweiz); Mitglied der Gruppenleitung und Leiter des Geschäftsbereichs «Weltmessen»
– Seit 1. Januar 2003 CEO der MCH Messe Schweiz (Holding) AG

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