Die Vermieterverbände sind dafür, die Vertreter der Mieter dagegen. Die Rede ist vom neuen Mietgesetz, über das am 8. Februar an der Urne befunden wird. Wird es angenommen, müssen einige Mieter in Zukunft mit höheren Mietpreisen rechnen.
Von Martin Skalsky
Bald entscheidet sich, wer mehr für seine Mietwohnung ausgeben muss. (firmenwohnung.de)
Die meisten Schweizer wissen gar nicht, was sie sich mit einem «Ja» oder einem «Nein» an der Urne einhandeln. Der zentrale Punkt in der Vorlage bildet die so genannte Vergleichsmiete. Wird die Vorlage angenommen, hängt die Höhe der Mietzinsen von der amtlichen Vergleichsmiete ab. Zum heutigen Zeitpunkt hat der Mieter aber keine Möglichkeit herauszufinden, ob diese über oder unter seinem aktuell bezahlten Wohngeld liegt. Die Annahme der Vorlage bedeutet also für den einen eine Mietzinserhöhung, während der andere mit der Aussicht auf eine Reduktion seiner monatlichen Abgaben eher «Ja» stimmen könnte.
Die Mietrechtsvorlage wirkt sich massgeblich auf den Geldbeutel der Mieterinnen und Mieter aus. Darum wohl auch die Geheimniskrämerei um die Vergleichsmiete seitens des Staates. Das Internetportal eStarter.ch zitiert die Begründung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements: «Wäre die Vergleichsmiete öffentlich bekannt, bestünde die Gefahr, dass sich Vermieter bei Neuvermietungen und Handänderungen über die Vergleichsmiete informieren und an die obere Grenze des Toleranzbandes gehen.» Anders ausgedrückt: Die Kenntnis der Vergleichsmiete ist auf dem umsatzstarken Immobilienmarkt Millionen wert.
Vermieter am längeren Hebel
Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Vermieter die Vergleichsmiete über ihre Verbandsorganisationen eher auskundschaften können als der kleine Mieter von nebenan. Jedes Mal wenn ein Vermieter vor die Schlichtungsbehörde zitiert wird dies geschieht rund 30’000 Mal im Jahr erfährt er fallweise eine Vergleichsmiete. Werden diese Informationen systematisch gesammelt, entsteht schnell eine repräsentative Datenbank. Die Vermieter können ihren Handlungsspielraum einseitig ausreizen und die Mietzinsen erhöhen.Die stabile Entwicklung der Mietpreise in den letzten zwanzig Jahren, Gegenstand einer neuen Studie von Wüest&Partner, scheint in Gefahr zu geraten. Gemäss der Studie haben sich die Vermieter in der Vergangenheit eher zurückhaltend bei der Weitergabe von Kostenveränderungen verhalten und den gesetzlichen Spielraum weder nach oben noch nach unten voll ausgeschöpft. Diese Entwicklung könnte mit dem neuen Mietgesetz auf der Kippe stehen. Zur Abstimmung gelangt das Geschäft nur, weil der Schweizerische Mieterverband gegen die Mietrechtsrevision das Referendum ergriffen hat. Bezeichnenderweise unterstützen die Vermieterorganisation VZI und SVIT Zürich das neue Gesetz.Stabile Verhältnisse in Gefahr
Laut den Untersuchungen von Wüest&Partner wurden im Jahr 2003 bei rund der Hälfte aller bestehenden Mietverhältnisse die Mieten gesenkt. «Mietpreissenkungen erfolgen in der Regel aber weniger schnell als entsprechende Aufschläge. Auf der anderen Seite sind die Vermieter bei der Anpassung der Mieten bei einem Mieterwechsel sehr zurückhaltend. Was daraus resultiert, ist eine relativ stabile Entwicklung der Mietpreise ohne grosses Auf und Ab», erläutert Dieter Marmet, Projektleiter bei Wüest&Partner.Damit dürfte es bald vorbei sein, glaubt man der Argumentation des Schweizerischen Mieterverbandes: «Das neue Mietrecht treibt die Mietzinse spiralförmig nach oben», wettert ein vom Mieterverband angeführtes Komitee gegen das neue Gesetz. Künftig werde es möglich sein, die Mieter vierfach zur Kasse zu bitten, sagt der Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbandes (MV), der Berner SP-Nationalrat Rudolf Strahm. Das neue Mietrecht sei eine klare Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Mieterschutz. Das neue Mietrecht erlaube dem Vermieter, die Mieten zu 100 Prozent der Teuerung anzupassen. Zusätzlich können die Mieten bei jedem Mieterwechsel, bei jedem Eigentümerwechsel und nach Renovationen von Liegenschaften erhöht werden.Comparis schafft Transparenz
Der Internet-Vergleichsdienst comparis setzt sich in der Diskussion um das neue Gesetz für Transparenz ein. Vor allem die geheim gehaltenen Vergleichsmieten sind Comparis-Chef Richard Eisler ein Dorn im Auge. Comparis bietet deshalb kostenlos ein Instrument im Internet an, mit dem Mieter ihre individuelle Vergleichsmiete berechnen können. Comparis hofft, dass bis zum 20. Januar 15000 Objekte erfasst sind. Comparis-Benutzer, die ihre Daten bis zu diesem Tag eingeben, erfahren bis am 3. Februar ihre präzise Vergleichsmiete und haben so eine wichtige Entscheidungsgrundlage mehr für den Urnengang am 8. Februar.Martin Skalsky (Swisscontent)