Riz Khan, Al Jazeera International: «Die Schweiz ist ein Vorbild in punkto Präzision»

Von Gérard Al-Fil, Dubai


Moneycab: Herr Khan, vor welchen Herausforderungen steht Al Jazeera International Ihrer Meinung nach?


Riz Khan: Al Jazeera International ist wirklich auf das globale Publikum zugeschnitten und nicht etwa eine Übersetzung des arabischen Muttersenders. Al Jazeera (dt. «Die Insel) war der bislang grösste Schritt in Richtung Demokratie für den Mittleren Osten. Diese Tradition greifen wir im internationalen Format auf und darin sehe ich auch meine persönliche Herausforderung. Wir wollen dem Zuschauer nicht nur eine, sondern mehrere Perspektiven bieten, «a fresh perspective of world news», so lautet das Motto. Wir wollen in Nischen vorstossen, die von den westlichen Mitbewerber vernachlässigt wurden. Das bedeutet: Wir werfen einen genaueren Blick auf den Mittleren Osten, auf Ostasien und die sogenannten Entwicklungsländer, wobei wir stets den Menschen aus diesen Regionen Gelegenheit geben, dem TV-Publikum ihre Sicht der Verhältnisse mitzuteilen.



«Al Jazeera (dt. «Die Insel) war der bislang grösste Schritt in Richtung Demokratie für den Mittleren Osten.» Riz Khan


Unser Ziel ist es, Marktanteile zu gewinnen und die Herzen der Zuschauer zu erobern, in dem sie nach einer Weile sagen: Wir kennen die Leute von Al Jazeera International, wir vertrauen ihnen und deshalb halten wir dem Sender auch die Treue.


Was können westliche Medien vom Aufstieg Al Jazeeras zu einem Nachrichtensender von Weltgeltung lernen?


Ein interessante Frage, wo man doch sonst immer die westlichen Medien als Massstab für den Rest der Welt heranzieht. Ich glaube die arabischen Medien entwickeln sich derzeit viel schneller als ihre westlichen counterparts. Al Jazeera sendete 1996 wie aus dem Nichts und wirbelte zuerst die regionale und dann die globale Medienlandschaft ordentlich durcheinander. Der Sender war lange Zeit Liebling der amerikanischen Regierung. «Bravo,», applaudierte man in Washington, «dieser Fernehkanal aus Doha bringt der arabischen Welt endlich Demokratie bei.» Nach 9/11 und dem Afghanistankrieg wendete sich das Blatt, da wurde es den Amerikanern zu viel des Guten mit der exklusiven Berichterstattung von der Front.



«In arabischen Ländern herrscht ein recht negatives Bild über die USA, kritische Stimmen zum Mainstream werden kaum wahrgenommen. In Amerika gibt es andererseits diesen Reflex, die arabische Welt mit Terrorismus zu assoziieren.» Riz Khan


Ich glaube, der Erfahrungsaustausch zwischen westlichen und arabischen Medienfachleuten ist wichtig. Keiner sollte dem anderen seinen dogmatischen Stempel aufdrücken. Der Orient und der Okzident kennen sich leider noch viel zu wenig. Man fokussiert sich zu stark auf die Unterschiede. Aber es gibt auch einen gemeinsamen Nenner und auf ihn sollte man neue Beziehungen aufbauen. Was mich wirklich traurig stimmt, sind die Stereotypen, die auf beiden Seiten hochgehalten werden. In arabischen Ländern herrscht ein recht negatives Bild über die USA, kritische Stimmen zum Mainstream werden kaum wahrgenommen. In Amerika gibt es andererseits diesen Reflex, die arabische Welt mit Terrorismus zu assoziieren, ohne das man viel über die Region und deren Menschen weiss. Wir müssen eine gemeinsame Sprache finden. Al Jazeera International kann dabei helfen.


Sie wollen also auch als Brückenbauer zwischen den Kulturen fungieren?


Richtig, ganau das ist die Idee.


Dann möchten wir Ihnen abschliessend noch Gelegenheit geben, sich direkt an die Leser von moneycab zu wenden.


In diesem Fall heisse ich alle Schweizer Zuschauer bei Al Jazeera International herzlich willkommen. Die Schweiz geniesst ja den Ruf, die Dinge beherzt anzupacken und präzise zu vollenden. Ich denke in diesem Punkt sollte unser Sender Ihr Land zum Vorbild nehmen.




Der Gesprächspartner
Für CNN interviewte Riz Khan (44) von 1996 bis 2001 Politiker, Wirtschaftsführer und VIPs jeder Couleur. Nach einem Intermezzo als freier Journalist und Buchautor (Khan verfasste u. a. eine Biographie über den saudi-arabischen Milliardär Prinz Al Waleed) stiess der Anchorman im April 2005 zu dem damals noch im Aufbau befindlichen News Channel Al Jazeera International, der englischprachigen Version des arabischen Muttersenders.  Al Jazeera International sendet nach einer sechswöchigen Testphase seit dem 1. Januar 2007 rund um die Uhr für ein globales TV-Publikum. Dort moderiert Riz Khan von Montags bis Donnerstags um 19 Uhr MEZ das nach ihm benannte Interview-Format. Er lebt in Washington D. C.


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